Das Bergdorf Dhudhan in der nordjemenitischen Provinz Amran. Foto: dpa

Saudiarabische Sicherheitskräfte haben im Jemen zwei entführte deutsche Mädchen befreit.

Riad/Dresden - Dramatische Wende nach elf Monaten Geiselhaft: Saudiarabische Sicherheitskräfte haben im Jemen zwei entführte deutsche Mädchen befreit. Angehörige der Familie aus Sachsen befürchten allerdings, dass ihr ebenfalls entführter zweijähriger Bruder tot ist. Angeblich soll bereits seine Leiche gefunden worden sein. Auch das Schicksal der Eltern ist unklar.

Das Ehepaar hatte in einem jemenitischen Krankenhaus gearbeitet und war zusammen mit ihren Kindern sowie einem Briten, zwei Bibelschülerinnen aus Niedersachsen und einer Südkoreanerin im Juni 2009 entführt worden. Sie wurden seinerzeit nach einem Ausflug in ein Wadi bei Saada verschleppt. Die beiden Bibelschülerinnen und die Südkoreanerin wurden ermordet, der Brite und die Familie aus Sachsen weiter vermisst. Das Ehepaar hatte seit 2003 in einem staatlichen Krankenhaus in Saada nahe der Grenze zu Saudi-Arabien gearbeitet.

Schicksal der Eltern und des Bruders ungewiss

Wie der Sprecher des saudiarabischen Innenministeriums, Mansur al Turki, am Dienstag erklärte, wurden die beiden vier und fünf Jahre alten Mädchen von Geheimdienstmitarbeitern an der Grenze zum Jemen in Absprache mit der Regierung des Landes befreit. Dabei sei es nicht zu Kämpfen gekommen. Zum Schicksal der übrigen Familienmitglieder machte er keine Angaben. Bundesaußenminister Guido Westerwelle, der Saudi-Arabien für seine Hilfe dankte, äußerte „große Sorge“ über das Schicksal der noch entführten Familienmitglieder.

Der Schwager des entführten Familienvaters Johannes Hentschel, Pfarrer Reinhard Pötschke, sprach aber vom Tod des Jungen. „Wir sind froh und erleichtert, dass die beiden Töchter frei sind“, sagte der Sprecher der Familie. „Wir müssen aber auch davon ausgehen, dass der Sohn wahrscheinlich nicht mehr am Leben ist“, fügte Pötschke hinzu. Es bleibe zudem die Sorge um das Schicksal der Eltern.

Außenminister Westwelle erleichtert

Das Auswärtige Amt wollte sich auf Anfrage nicht zum Schicksal des Jungen und seiner Eltern äußern und verwies nur auf die Äußerungen Westerwelles. Der Bundesaußenminister erklärte in Berlin: „Wir bleiben unverändert bemüht, endlich Klarheit auch in den Verbleib der übrigen Geiseln zu bringen.“ Ihr Schicksal erfülle die Bundesregierung weiterhin mit großer Sorge. „Wir hoffen auf einen glücklichen Ausgang auch für sie und werden uns weiter mit aller Kraft dafür einsetzen“, fügte der Minister hinzu. Westerwelle zeigte sich „erleichtert, dass es den saudiarabischen Sicherheitskräften gelungen ist, zwei unserer fünf im Jemen verschleppten Landsleute zu befreien“.

Die beiden Mädchen befänden sich in sicherer Obhut der saudischen Behörden. Ihnen gehe es den schwierigen Umständen entsprechend gut. Sie sollten am Mittwoch nach Deutschland zurückkehren. Westerwelle dankte dem gesamten Krisenstab und allen beteiligten Behörden für ihren „unermüdlichen Einsatz in diesem Fall“.

Familie bittet Medien um Zurückhaltung

Für die Familie der Entführten sagte Pfarrer Pötschke, die beiden Mädchen würden nach ihrer Rückkehr im Kreis der Familie aufgenommen. Den genauen Aufenthalt wolle man ganz bewusst nicht mitteilen. „Die Kinder brauchen jetzt Ruhe und nicht Blitzlichtgewitter, um das Geschehen zu verarbeiten“, sagte er. „Es wird so schon schwer genug für sie.“ Er rief zugleich die Medien auf, in dem Fall Zurückhaltung zu üben. „Wir haben viel zu verarbeiten als Familie.“

Wie er weiter sagte, wurden die Angehörigen bereits am Montagabend über die neue Entwicklung informiert. „Bei ihnen und uns allen liegen Freude und Trauer ganz dicht nebeneinander“, sagte Pötschke.