Der Spitzenkandidat und der Gründer der Fünf Sterne: Luigi Di Maio (li.) und Beppe Grillo Foto: ANSA

Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung konnte bei den Wahlen am Sonntag vor allem im Süden des Landes punkten, während im Norden das Mitte-Rechts-Lager die Nase vorne hatte.

Rom - Colourblocking, die Kombination starker Farben mit harten Trennlinien, ist aus der Mode nicht mehr wegzudenken. Im Land der Mode hat sich auch die politische Landkarte diesem Trend angepasst. Schaut man auf die Verteilung der Wählerstimmen bei den Direktmandaten, teilt sich der italienische Stiefel: Der Schaft ist tiefblau, Ferse und Fußball grellgelb. Blau zieht es sich das Schienbein runter, das gelb erklimmt das Wadenbein.

Ein diagonaler Schnitt geht durch das Land, die Grenze verläuft zwischen den Regionen Marken und Umbrien sowie zwischen Latium und den Abruzzen. Im blauen Norden siegte bei den Wahlen am Sonntag, wenn es um die Direktmandate ging, der jeweilige Kandidat des Mitte-Rechts-Bündnisses aus Forza Italia, der fremdenfeindlichen Lega und den noch rechteren Fratelli d’Italia. Der Süden und die Inseln sind hingegen nahezu komplett in der Hand der Protestpartei Movimento Cinque Stelle. „Diese Wahlen haben das Land gespalten“, sagt Giovanni Orsina, Professor der Politikwissenschaften an der Universität LUISS in Rom.

Fünf Sterne erobert den Süden

Wie eine Welle sind die Fünf Sterne über den Süden geschwappt. Die Bewegung hatte in ganz Italien 32,6 Prozent der Stimmen erhalten und ist als mit Abstand stärkste Partei aus den Wahlen hervorgegangen. In Kalabrien, Kampanien, Apulien, Sizilien und anderen südlichen Regionen haben fast alle Direktkandidaten der Fünf-Sterne-Bewegung einen Sieg errungen. In der Region Kampanien konnte die Bewegung ihr Ergebnis aus den Wahlen im Jahr 2013 am Sonntag mehr als verdoppeln und holte 50 Prozent der proportionalen Stimmen (2013: 22,14 Prozent). In Apulien wurden 23 der 24 Direktmandate von den Fünf Sternen geholt. In Sizilien hat die Protestpartei alle Direktmandate geholt – so wie es 2001 noch die Kandidaten des damaligen Mitte-Rechts-Bündnisses Casa delle Libertà unter Silvio Berlusconi schafften. In den nördlicheren Regionen siegte am Sonntag meist der Kandidat des Mitte-Rechts-Bündnisses, der noch regierende sozialdemokratische Partito Democratico konnte nur in der Toskana und in Trentino-Südtirol punkten.

Nach der wirtschaftlichen nun auch die politische Spaltung?

„Die Lega gewinnt im Norden, dort, wo es noch Hoffnung gibt“, erklärt sich Politikexperte Orsina diese Entwicklung. Im Gegensatz zum Süden Italiens. „Die Wahl dort hat eine nihilistische Komponente“, so Orsina. „Vielleicht ist auch noch ein Hauch Hoffnung dabei, aber vor allem ist diese Wahl ein Schmerzensschrei und ein Hilferuf.“ Das Problem für die Wähler im Süden werde aber sein: Die benötigte Hilfe wird auch von den Fünf Sternen nicht kommen.

Somit vollzieht sich die politische Trennung nach der wirtschaftlichen: Der Norden ist stolz auf seine florierende Wirtschaft, der Süden ächzt seit langem unter extrem hohen Arbeitslosenzahlen und einer maroden Infrastruktur. In den vergangenen Jahren ist die Schere zwischen Nord- und Süditalien sogar noch weiter auseinander gegangen. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf lag im Jahr 2015 im Norden bei 32.889 Euro, im Süden bei 17.984 Euro. Die Differenz ist 650 Euro höher als noch im Jahr 2007. Im Süden waren im Jahr 2015 ganze 46,4 Prozent der Menschen von Armut bedroht, 2007 waren es noch 42,7 Prozent. Fast die Hälfte der Süditaliener ist also in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Im Norden ist die Zahl im selben Zeitraum von 16 auf 17,4 Prozent gestiegen.

In der Fünf-Sterne-Bewegung selbst erklärt man sich den Sieg im Süden sowohl mit dem Wahlversprechen eines Bürgereinkommens als auch mit der Positionierung gegen das Politik-Establishment. „Dort, wo die Politiker die Verbindung zum Volk verloren haben, haben wir diese umso mehr verstärkt“, hieß es in der Wahlnacht aus dem Nobelhotel Parco dei Principi im reichen Botschafterviertel Roms, wo die Protestpartei ihr Wahllager aufgeschlagen hatte.

Ein weiterer Unterschied: Die Wahlbeteiligung

„Italien war zwar schon immer ein geteiltes Land“, so LUISS-Professor Orsina. „Aber bisher hat zumindest die Politik das Land zusammengehalten.“ Nach dem Faschismus war die politische Säule für die Bürger die Partei Democrazia Cristiana und nach deren Zusammenbruch war es der viermalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi. „Ob er einem gefällt oder nicht, er hat Zustimmung sowohl aus dem Norden als auch aus dem Süden erhalten“ so Orsina. Die heutigen Parteien aber verfestigten die internen Unterschiede Italiens, anstatt das Land zusammenzuführen. „Das ist der Punkt, der uns am meisten Sorgen bereiten sollte. Nicht der Populismus.“

Ein weiterer Unterschied: der Süden Italiens hatte die höchste Zahl an Nichtwählern zu verzeichnen. Nur etwa 63 Prozent der Wahlberechtigten ist am Sonntag in Sizilien an die Urnen gegangen. Im ganzen Land lag die Wahlbeteiligung höher als erwartet bei rund 73 Prozent. Das sind zwar zwei Prozentpunkte weniger als bei der Wahl im Jahr 2013, aber vor fünf Jahren wurde noch an zwei Tagen gewählt.