Das Wahlergebnis in den USA stellt die Welt auf den Kopf. Foto: AFP

Donald Trump wird Präsident, Hillary Clinton geht unter, Barack Obama bleibt nichts als Schadensbegrenzung. Die USA haben gewählt. Mit ihrem Wahlverhalten haben sie das Land und die Welt auf den Kopf gestellt.

Washington - Nach einer harten Wahlschlacht um das Weiße Haus wird der Republikaner Donald Trump neuer US-Präsident. Er setzte sich überraschend gegen die favorisierte Demokratin Hillary Clinton durch. Beide riefen am Mittwoch dazu auf, das tief gespaltene Land wieder zu einen. Die Reaktionen in Europa und vielen Teilen der Welt waren verhalten bis schockiert. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bot Trump eine enge Zusammenarbeit an, formulierte dafür aber Bedingungen. Rechtspopulisten in Europa feierten den Sieg des 70-jährigen Milliardärs und politischen Quereinsteigers. Die Finanzmärkte erholten sich nach ersten Verlusten rasch und drehten ins Plus.

Die USA erwachten nach dem historischen Wahlsieg nur langsam aus der Schockstarre. Die unterlegene Clinton brauchte bis zum Mittag, um sich der Öffentlichkeit zu stellen. Trump hatte zuvor bereits in der Nacht in seiner Dankesrede erklärt, er wolle ein Präsident für alle Amerikaner sein und um Einigung geworben. „Jetzt ist es an der Zeit, dass Amerika die Wunden der Spaltung schließt“, sagte er.

Obama kündigt geordnete Machtübergabe an

Merkel (CDU) erinnerte den künftigen US-Präsidenten nicht nur an seine persönliche Verantwortung für weltweite Wirtschaftsentwicklung und Anti-Terror-Kampf. Sie nannte auch Demokratie, Freiheit, den Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung als gemeinsame Werte und Bedingung für die künftige Zusammenarbeit.

Amtsinhaber Barack Obama gratulierte seinem Nachfolger Trump und kündigte an, eine friedliche und geordnete Machtübergabe garantieren zu wollen. „Ein friedlicher Übergang der Macht ist eines der wesentlichen Kennzeichen der Demokratie“, sagte Obama vor dem Weißen Haus, wo er sich an diesem Donnerstag mit Trump treffen will. „Wir lecken unsere Wunden und gehen zurück in die Arena.“

„Es tut mir leid“, sagte Hillary Clinton an ihr Wahlkampfteam gerichtet, als sie in New York an der Seite ihres Ehemannes Bill und ihrer Tochter Chelsea vor die Fernsehkameras trat. „Dies schmerzt und das wird es für lange Zeit.“ Clinton hatte Trump bereits in der Nacht telefonisch zu seinem Sieg gratuliert.

Gegen das Establishment

Bei den triumphierenden Republikanern bemühten sich führende Köpfe der Partei um Einigung nach einem völlig zerstrittenen Wahlkampf. „Eine einige republikanische Regierung wird mit dem neuen Präsidenten arbeiten“, kündigte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, an und stellte bezüglich Donald Trump fest: „Er hat die Politik auf den Kopf gestellt.“

Die Wähler haben sich mit Trump explizit für einen politischen Außenseiter entschieden, gegen das Establishment der beiden großen Parteien. Das Wahljahr 2016 hat damit auch zwei Politikerdynastien ein zumindest vorläufiges Ende gesetzt: den Familien Clinton und Bush. Jeb Bush war bereis bei den Vorwahlen gescheitert.

Nach seinem Triumph über Clinton regiert der Republikaner Trump von Januar an die größte Wirtschafts- und Militärmacht der Welt. Nie war ein Präsident zu Beginn seiner ersten Amtszeit älter als Trump, der dann fast 71 Jahre alt sein wird. Dank des Doppelsiegs seiner Republikaner in Senat und im Repräsentantenhaus kann Trump politische Vorhaben zudem womöglich ohne große Gegenwehr durchsetzen.

Verhaltene Gratulationen

Im Rest der Welt war dieses - von den wenigsten Meinungsforschern erwartete - Szenario mit großer Sorge gesehen worden. Die Gratulationen an Trump fielen denn auch vielfach verhalten aus. Die Bundesregierung ließ einen Termin für ein erstes Treffen mit Trump offen. Die Präsidenten des EU-Rats und der EU-Kommission luden Trump in einem Glückwunschschreiben zu einem baldigen Gipfeltreffen in Europa ein, um „die transatlantischen Beziehungen zu stärken“ - wie sie mit Blick auf den Klimawandel, Anti-Terror-Kampf sowie die Flüchtlings- und Ukraine-Krise mitteilten.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier schlug ein Sondertreffen der EU-Außenminister am Sonntag in Brüssel vor. Sein österreichischer Kollege Sebastian Kurz sagte der dpa, wichtig sei, dass die EU künftig eine eigenständige europäische Politik ohne Vorabsprachen mit Washington formuliere. Russlands Präsident Wladimir Putin, im Wahlkampf von Trump hofiert, gratulierte ihm als einer der ersten Staatschefs und äußerte die Hoffnung auf bessere Beziehungen.

Nach einem der schmutzigsten und polarisierendsten Wahlkämpfe der US-Geschichte sagte Trump in seiner Dankesrede vor Anhängern in New York, er wolle das - tief gespaltene - Land einen und international zusammenarbeiten. „Wir werden großartige Beziehungen pflegen“, versprach er.

Rechtspopulisten begrüßen Trumps Sieg

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief Trump auf, das Engagement der USA im Bündnis nicht zu reduzieren. Auch die Türkei, Südkorea und der Irak als militärische Verbündete richteten prompt Forderungen an den künftigen Staatschef der Supermacht Amerika. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif wiederum betonte, dass Trump als Präsident das historische Atomabkommen von 2015 zu respektieren und umzusetzen habe. Trump hatte angekündigt, es aufzukündigen.

Während die meisten europäischen Politiker schwierigere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten erwarten, begrüßten Rechtspopulisten wie die Französin Marine Le Pen und der rechtskonservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orban den Sieg Trumps. Die deutsche AfD nahm ihn gar mit großer Begeisterung auf.

Trump hat keine politische Amtserfahrung

Die Wahlnacht in den USA war zur Zitterpartie geraten. Letztlich konnte Trump die meisten umkämpften Wechselwählerstaaten wie Florida und Ohio für sich entscheiden. Vor allem im industriell geprägten Nordosten des Landes, dem einst florierenden und inzwischen vom wirtschaftlichen Abschwung gebeutelten „Rostgürtel“, konnte Clinton nicht wie von Meinungsforschern erwartet punkten. Nach vorläufigen Angaben brachte Trump so mindestens 289 Wahlleute hinter sich, die über den nächsten Präsidenten entscheiden. Clinton kam demnach nur auf 218. Die Auszählung wird noch Tage oder gar Wochen weitergehen.

Trump wird bei seinem Amtsantritt am 20. Januar der erste Präsident seit Dwight D. Eisenhower ohne politische Amtserfahrung sein. Die Neubesetzung einer offenen Richterstelle am Weichen stellenden Obersten Gericht, dem Supreme Court, dürfte eine seiner ersten wesentlichen Amtshandlungen sein.

Trump hatte mit populistischen Parolen Wahlkampf gemacht. Er wetterte gegen Einwanderer und Muslime, kritisierte ungestrafte Abtreibung und lehnte die Einschränkung des Rechts auf Waffenbesitz ab.