Ein grün-schwarzes Bündnis würde beiden Parteien nicht leicht fallen. Foto: dpa

Die Südwest-CDU wird sich schwer tun als Kretschmanns Partner – doch es gibt auch beachtliche Schnittmengen.

Stuttgart - Der Witz hat einen Bart, doch das hielt Guido Wolf nicht davon ab, bis zuletzt seine Reden damit zu würzen: „Lieber ein Haus im Grünen als die Grünen im Haus.“ Der Spruch ist Wahlkampfklamauk, doch er gibt auch die generelle Tonlage zwischen den beiden Parteien wieder: keine Sympathie, nirgends.

So muss man denn gründlich suchen, bis man in der Landes-CDU einen überzeugten schwarz-grünen oder grün-schwarzen Koalitionär findet. Der persönliche Gesprächsfaden, an dem junge Bundestagsabgeordnete beider Parteien in Berlin systematisch spinnen, fehlt im Südwesten.

Seit Grüne und Rote die Schwarzen 2011 in die Opposition verbannten, hat die CDU-Landtagsfraktion vielmehr eine Mauer aus Beleidigtsein um sich herum gebaut. Selbst zu so leutseligen Abgeordneten wie dem Biobauern Martin Hahn (er lebt übrigens mit der CDU-Oberbürgermeisterin Cornelia Becker zusammen) wahren sie Distanz.

Probleme auf menschlicher Ebene

Nicht von ungefähr sagt der Grünen-OB von Tübingen, Boris Palmer, es müssten zunächst Schwierigkeiten auf persönlicher Ebene ausgeräumt werden. Die Animositäten sind menschlich verständlich, denn seit Jahren ziehen die Grünen der CDU nicht nur im urbanen Milieu, sondern auch im ländlichen Raum die Wurst vom Brot. Das jüngste Wahlergebnis spricht Bände: Selbst in Wahlkreisen wie Sigmaringen oder Ravensburg ergatterten die Ökopaxe das Direktmandat.

Mit einer Mischung aus Neid und Hilflosigkeit beobachten CDU-Altvordere auch, wie junge Biobauern, deren Eltern noch das christdemokratische Banner hochhielten, nun zur Konkurrenz überlaufen – zum Teil auch deshalb, weil diese mit ihrem ökologischen Agrarkonzept die bessere wirtschaftliche Alternative bietet.

Aber auch auf gesellschaftspolitischem Feld tun sich zwischen beiden Parteien im Südwesten noch immer tiefe Gräben auf. Nicht, dass ein Thomas Strobl (Heilbronn), ein Stefan Kaufmann (Stuttgart) oder andere großstädtische CDU-Vertreter enorme Probleme mit Grünen-Positionen hätten – etwa beim Thema Homosexualität oder Betreuungsgeld. Doch die ländliche geprägte Union etwa in Ost- oder Südwürttemberg tut sich umso schwerer damit. So sprach auch Bezirkschef Thomas Bareiß im Zusammenhang mit dem Bildungsplan für die Schulen von „grün-roter Umerziehung“.

Auch in der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik dürfte ein grün-schwarzes Bündnis nicht einfach werden, denn die CDU liegt dabei eher auf SPD-Linie denn auf Linie der Grünen.

Südbadens CDU ist der „grünste“ Bezirk

Doch das alles verstellt leicht den Blick dafür, dass es auch dezidiert grüne Positionen in der Südwest-CDU gibt, zum Beispiel in der Energie- und Umweltpolitik. So hat der südbadische Bezirksverband – er gilt überhaupt als der „grünste“ CDU-Bezirk im Land – schon 1984 eine Charta beschlossen, die in der Energie-, Klimaschutz-, Umwelt- und Naturschutzpolitik weit reichende Ziele formuliert, die von den Grünen stammen könnten: „konservativ“ in beiderlei Sinn. Das gilt auch heute noch: Der südbadische Bezirkschef Andreas Jung wird von den Naturschutzverbänden als kompetenter Gesprächspartner geschätzt. Und so neu ist der Versuch einer Koalition ja auch gar nicht: Bereits 1992 plädierte Jungs Vorgänger Hans-Peter Repnik, aber auch der frühere nordwürttembergische Bezirkschef Matthias Wissmann dafür, das Experiment zu wagen – natürlich unter CDU-Führung.

Doch Regierungschef Erwin Teufel, der die kleine Grünen-Delegation damals empfing, fürchtete, dass dies den Landesverband zerreißen könnte. Es gebe „nicht genügend Kretschmänner bei den Grünen“, sagt er bis heute. 2006 schließlich scheiterte eine Koalition an Stefan Mappus, der als Fraktionschef Günther Oettingers Anlauf stoppte.

Auf kommunaler Ebene funktioniert die Koalition längst

Auf kommunaler Ebene jedoch sind schwarz-grüne Allianzen längst politischer Alltag. In Freiburg zum Beispiel, wo seit 2002 mit Dieter Salomon ein Grünen-OB regiert, arbeiten beide geräuschlos zusammen. Und auch in Stuttgart hat kürzlich ein schwarz-grünes Bündnis den neuen Haushalt durchgesetzt – misstrauisch beäugt von den Roten, die darin bereits Vorboten sahen.

Der frühere SPD-Landeschef Ulrich Maurer ätzte über Schwarz-Grün schon vor Jahren: Das sei ein Bündnis von Vätern und Söhnen der Stuttgarter Halbhöhenlage.

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