Gespräch auf Augenhöhe: OB Fritz Kuhn (Grüne), der Wahlsieger vom vergangenen Herbst, gratuliert am Sonntag Stefan Kaufmann (rechts) von der CDU, dem aktuellen Wahlsieger. Foto: Max Kovalenko

An der Grünen-Schlappe sind für die Realos in Stuttgart fast nur der bundespolitische Trend und die Fehler der Bundespartei schuld. Für die Kommunalwahl bedeute das nichts. Dennoch hirnen sie, wie sie die Hausmacht des grünen Oberbürgermeisters Fritz Kuhn verteidigen können.

Stuttgart - Der Kreisverband der Grünen trommelt für Mittwoch die Mitglieder zusammen – Nachlese zur Bundestagswahl. Es wird ein Wundenlecken werden. Jedenfalls ganz was anders als die Treffen nach den vorausgegangenen Wahlen. Die Gemeinderatswahl 2009, die Landtagswahl 2011 und die OB-Wahl 2012 waren eine Erfolgsserie. Die ist gerissen. Jetzt geht es darum, ob man bei der Kommunalwahl im Frühjahr 2014 die Grünen wieder als stärkste politische Kraft im Rathaus der Landeshauptstadt installieren kann – und ob man die öko-soziale Hausmacht von OB Fritz Kuhn aus Grünen, SPD und SÖS/Linke stabilisieren kann.

Stefan Kaufmann, der Kreisvorsitzende der CDU und eben wiedergewählte Bundestagsabgeordnete, gibt sich entschlossen und siegesgewiss: Die CDU werde 2014 wieder die stärkste Fraktion stellen wie bis Frühjahr 2009. Am Sonntagabend gratulierte ihm der eigens zur Wahlparty der CDU gekommene OB zur Wiederwahl. Mehr Blumen gibt es nicht von den Grünen. Deren Vorsitzende Petra Rühle sagt: „Wir hängen uns voll rein, dass Fritz Kuhn weiter Rückendeckung im Gemeinderat hat.“ Für den Kommunalwahlkampf fühlen sich der Vorstand und die Grünen-Fraktion im Rathaus – 16 von insgesamt 60 Stadträten – gut gerüstet. Vielleicht werde man bei der Aufstellung der Liste personelle Ergänzungen anpeilen. „Hier in der Stadt sind wir auf eine Frischzellenkur aber nicht angewiesen“, meint der Co-Vorsitzende Philipp Franke. Der OB-Bonus werde sich für die Grünen ganz anders auswirken als vergangenen Sonntag, glaubt Rühle.

 „Wir sind keine Verbotspartei“

In den vier oder fünf Jahren zwischen den Listenaufstellungen tue sich in der Stadtgesellschaft sehr viel, warnt der grüne Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle. Jene, die sich in der Zwischenzeit im Stadtleben eingemischt hätten, müssten bei der Listenaufstellung auch berücksichtigt werden. Fraktionschef Peter Pätzold ist sich mit Wölfle einig, dass sich die Vielfältigkeit der Stadtgesellschaft in der Liste niederschlagen muss. Das Kandidatentableau wolle man Anfang 2014 vollenden. Die Ergebnisse der Fraktionsarbeit seien gut.

Und wie steht es um die Warnungen, dass die Grünen zu sehr als Partei der Verbote und der Bevormundung rüberkämen? Nicht nur Politikwissenschaftler haben das jüngst angemerkt, sondern auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Pätzold sagt über seine Riege aber: „Wir sind keine Verbotspartei.“ Auch Unmut über einen angeblich überzogenen Radwegebau zulasten des Autoverkehrs wie in Bad Cannstatt lässt er nicht gelten. „Wir pauken die Radwege nicht ideologisch durch“, sagt der Fraktionschef. Wo die städtischen Verkehrsplaner von einer Radspur abgeraten hätten wie am Cannstatter Wilhelmsplatz, sei seine Fraktion dem Rat gefolgt.

Mit Händen zu greifen ist, dass die Grünen in Stuttgart und im Land wieder mal umtreibt, wie sie die Bundespartei von thematischen Verirrungen abhalten können. Die Kreisvorsitzende Rühle sagt, das Erscheinungsbild der Grünen sei vor der Bundestagswahl ein linkes gewesen – „und das ist im Süden der Republik schwierig“. Mehr Einfluss der Südwestpartei in Berlin wäre wünschenswert. Wenn bei der Bundesdelegiertenkonferenz im November der Bundesvorstand neu gewählt werde, wolle man sich um Korrekturen bemühen. „Cem Özdemir bleibt unser Hoffnungsträger“, sagt Rühle. Der Gewinn des Direktmandats im Wahlkreis Stuttgart I hätte ihn zwar gestärkt. Damit wurde es bekanntlich nichts – „aber die Wahlergebnisse der Grünen im Südwesten sind immer noch besser als im Bund“, sagt Rühle. Zu den anderen Hoffnungsträgern zählt sie Kerstin Andreae aus Freiburg.

Franke wünscht sich in der Partei Leute, die nicht mit dem Kopf durch die Wand wollen, wenn sie Änderungen anstreben, „sondern den richtigen Schlüssel finden“. Man müsse sich auf die Kernthemen besinnen.