Bei dem schweren Unwetter sind Häuser etwa in Braunsbach beschädigt oder komplett zerstört worden, Menschen stehen vor dem Nichts. Trotzdem schätzen Versicherer die Schäden geringer ein als beim Hagelsturm 2013.
Stuttgart - Nach den ersten Schätzungen dürfte die Schadenssumme nach den Unwettern im Südwesten niedriger ausfallen als nach den verheerenden Hagelstürmen 2013. Nach der SV Sparkassenversicherung rechnet auch die Württembergische Versicherung bislang mit einem Schadenaufkommen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. „Damit sind wir nach derzeitigem Stand weit entfernt von dem Schaden im Jahr 2013“, sagte ein Sprecher des Finanzkonzerns W&W der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. Die endgültige Bilanz steht aber noch aus.
Vor drei Jahren hatten heftige Gewitter mit tennisballgroßen Hagelkörnern in den Kreisen Reutlingen und Tübingen Felder, Dächer und Autos verwüstet und laut Versicherungen einen Gesamtschaden von mehr als einer Milliarde Euro hinterlassen. Allein 600 Millionen Euro trafen damals die SV Sparkassenversicherung, etwa 200 Millionen Euro kamen auf die Württembergische Versicherung.
Tief „Elvira“ hatte am Sonntagabend und in der darauffolgenden Nacht schwere Verwüstungen hinterlassen. Vier Menschen kamen in Baden-Württemberg ums Leben, zwei davon in Schwäbisch Gmünd. Tausende Helfer waren im Einsatz. Einige Zugstrecken sind nach Unwetterschäden noch bis kommende Woche gesperrt.
Landesregierung plant finanzielle Hilfen
Konkrete Zahlen für die aktuellen Schäden wollten beide Versicherer noch nicht nennen. Bei der SV Sparkassenversicherung, die als ehemaliger Monopolist immer noch etwa 70 Prozent der Gebäude im Land abdeckt, gingen bereits mehr als 5000 Meldungen ein. Bei der Württembergischen Versicherung waren es rund 2900 Schadensmeldungen - davon 1300 Schäden an Autos. Zum Vergleich: 2013 waren nach dem Hagelsturm im Raum Reutlingen insgesamt gut 70.000 Schäden allein bei der Sparkassenversicherung gemeldet worden.
Die Landesregierung denkt jetzt über finanzielle Unterstützung nach. Bei der nächsten Kabinettssitzung am Dienstag sollen erste Beschlüsse über Soforthilfen gefasst werden. Das Innenministerium sei beauftragt, die Schadenshöhe landesweit zu ermitteln, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Dann werde über mögliche Maßnahmen entschieden. Wie die aussehen könnten, sei derzeit noch nicht sicher. Das Land kann nach Angaben eines Regierungssprechers Soforthilfen als Liquiditätshilfen gewähren, die später zurückgezahlt werden, wenn die Versicherungen greifen.
2008 hatte die Landesregierung den Geschädigten nach Hochwassern im Zollernalbkreis mit 1,8 Millionen Euro unter die Arme gegriffen - hinzu kamen 1,5 Millionen Euro Spenden. Die Geschädigten des Hagelsturms 2013 hatten nach Angaben des Innenministeriums keine Hilfen vom Land erhalten. Allerdings hatte das Land nach Überschwemmungen im gleichen Jahr Bundesmittel für Flutopfer an die Geschädigten ausgezahlt.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bat die von Unwettern geschädigten Menschen um Geduld. „Ohne Bürokratie geht es nicht. Das sind ja Gelder, für die wir Rechenschaft ablegen“, sagte er am Mittwochabend bei einem Rundgang im besonders betroffenen Ort Braunsbach (Kreis Schwäbisch Hall).
Schaden in der Tierwelt
In dem Ort hat das Landesdenkmalamt rund 100 Denkmale gelistet - nach Darstellung eines Sprechers vergleichsweise viele für ein kleines Dorf. Es sei aber noch unklar, welche Schäden es gebe. Um etwa ein denkmalgeschütztes Gebäude zu erhalten, könne auch bei der Denkmalförderung Geld beantragt werden.
Das Unwetter hat nach Einschätzung des Naturschutzbundes (Nabu) auch in der Tierwelt viel Schaden angerichtet. „Quer durch alle Tierarten wird es zahlreiche Opfer gegeben haben“, sagte ein Sprecher des Landesverbandes in Stuttgart. Betroffen seien zum Beispiel Vögel, Fische und Insekten. Vor allem Jungtiere seien unter den Opfern. „Im Frühsommer ist der Kindergarten voll in der Tierwelt - und nun ist das Unwetter durch den Kindergarten gefegt.“
Unterdessen drohen neue Gewitter und Starkregen. „Freitag und Samstag nimmt das Risiko für unwetterartige Entwicklungen zu“, sagte eine Meteorologin vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Stuttgart. Wo genau die Unwetter aufträten, sei allerdings noch offen.