Auch als „Bond-Girl“ taugte die Queen. Foto: A/P

Ob „The Queen“, „The Crown“, „Die souveräne Leserin“ oder im Großeinsatz mit James Bond: Auch in Kino und Literatur hat Elizabeth II. eine bedeutende Rolle gespielt. Was haben Regisseure und Autoren wie Stephen Frears, Alan Bennett oder Danny Boyle bloß an ihr gefunden?

Eigentlich war ihr öffentliches Leben selbst schon ein Kunstwerk: Als Monarchin musste Elizabeth II. in ihren siebzigeinhalb Dienstjahren für ihr Volk beständig etwas darstellen – bei ihrer Krönung, bei den Eröffnungen der Parlamentssaison, bei zahllosen Visiten in Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Kulturfesten, bei Staatsbesuchen, bei Familienanlässen und, und, und.

Elizabeth II. hatte eine Rolle namens „The Queen of the United Kingdom“, und sie spielte diese mit allen Höhen und Tiefen offenbar so überzeugend, dass große Teile dieser Welt aus Anlass ihres Todes gerade sehr erschüttert sind. Aber als wenn das nicht schon Kunstwerk genug wäre – und jeder kann für sich frei entscheiden, ob es gute oder schlechte Kunst war, nötige oder unnötige Kunst –, wurde die Queen auch in Film und Literatur sehr erfolgreich weiterverarbeitet.

In Kino, Serie und Kurzfilm

Stephen Frears erzählte 2006 in seinem Kinofilm „The Queen“, wie sich der neue Premierminister Tony Blair und die Königin Elizabeth im Jahre 1997 gegenseitig helfen: Der junge Sozialist Blair muss lernen, sich auf dem Parkett der politischen Führung nicht durch falsches Auftreten zu blamieren; die Königin muss begreifen, dass sie nach dem Tod Lady Dianas dem öffentlichen Trauer-Tsunami Rechnung tragen muss.

2007 erzielt der Londoner Autor Alan Bennett mit seiner Novelle „Die souveräne Leserin“ auch in Deutschland einen riesigen Publikumserfolg. Die Queen trifft darin in einem Bücherbus der City of Westminster hinterm Buckingham-Palast zufällig – die frechen Corgies waren ausgebüxt – auf den lesefreudigen Küchenjungen Norman und wird durch diesen selbst zu einem Bücherfan – und durch ihre wachsende Belesenheit wird der ganze Hof in Verwirrung gestürzt.

Seit 2016 erzählt uns die Netflix-Serie „The Crown“ in immer neuen Staffeln die komplette Geschichte der Regentin Elizabeth II. Drehbuchautor Peter Morgan nimmt sich dabei alle nötigen Freiheiten einer letztlich fiktiven Erzählung – aber er bleibt doch so eng an dem belegbaren Geschehen und den halbwegs bekannten Fakten, dass Millionen Zuschauer auf der Welt die Filme wie eine Quasi-Dokumentation sehen. Die Dreharbeiten an der sechsten Staffel sind aus Anlass des aktuellen Todesfalles gerade unterbrochen worden, laut Morgan „aus Respekt vor der Lebensleistung der Königin“.

Und längst legendär ist natürlich auch der kleine Film, den Regisseur Danny Boyle 2012 zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele von London inszenierte: Daniel Craig alias James Bond holt Königin Elizabeth im Buckingham-Palast persönlich ab, um mit ihr im Hubschrauber zum Stadion zu fliegen, wo die beiden scheinbar mit dem Fallschirm abspringen und die Queen punktgenau auf der Ehrentribüne erscheint – auch bei dem x-ten Wiedersehen auf Youtube immer wieder herrlich.

Die Royalisten und die Working Class

Frears, Bennet, Morgan, Boyle – was bei alledem erstaunt: Alle vier sind ganz sicher keine gebürtigen Royalisten. Alle vier stammen familiär aus den berühmten kleinen Verhältnissen, alle vier sind politisch links, alle vier lesen garantiert allmorgendlich den „Guardian“, die einzige große britische Zeitung, die seit Jahr und Tag für die Einführung einer Republik eintritt. Was um Himmels willen interessiert ausgerechnet sie an einer Oberschichten-Engländerin namens Elizabeth Windsor?

Vielleicht war und ist es genau dies – im fiktiv sogar noch ausgeschmückten hingebungsvollen Dienst dieser Eliten-Engländerin am wirklich ganzen britischen Volk könnte ein Gegenentwurf zu finden sein zur realen britischen Klassenwirklichkeit. Vor allem zu jener geradezu brutalen Ignoranz und Engstirnigkeit, mit der sich die ganz reale britische Upperclass über die ganz realen Nöte der weniger privilegierten britischen Schichten hinwegsetzt.

Jene Upperclass, die beispielsweise in Gestalt konservativer Premierminister wie David Cameron oder Boris Johnson einst in ihren Elite-Hochschuljahren mit den zugehörigen, leider immer noch typisch englischen Sauf- und Raufritualen jedwede allgemeine Ethik erfolgreich ausgeschwitzt hat, um später auf den jeweiligen Gipfeln ihrer Polit-Karrieren dreist-derbe Interessenpolitik für die ohnehin schon begüterten Kreise des Landes zu betreiben.

Vielleicht wurde also das ohnehin schon bestehende Kunstwerk Queen in der Kultur nochmals erhöht zum utopischen Entwurf einer Herrschaft, die tatsächlich das Wohl des Ganzen und den Dienst am Ganzen im Sinn hat statt nur, um ein Beispiel jüngerer britischer Politpraxis aufzugreifen, die heiße Bagger-Party nach Corona-Feierabend in Downing Street 10, bei der die Herren auch ihre Jacketts zwanglos ablegen dürfen.

So wäre Elizabeth denn auch hier wie eine Königin aus dem Märchen. Und ob gelungen oder nicht, ob gerechtfertigt oder nicht, das liegt auch hier ganz im Auge des Betrachters.

Infos zu Filmen und Buch

Steven Frears
 Der britische Regisseur, Jahrgang 1941, lieferte in den 1980er Jahren mit seinem New British Cinema Filmstoff gegen die konservative Premierministerin Margaret Thatcher.

Peter Morgan
 (Jahrgang 1961) war Frears’ Drehbuchautor bei „The Queen“ und hat mit „The Crown“ 2016 seine eigene Queen-Saga gestartet.

Danny Boyle
Der Regisseur („Slumdog Millionaire“, „James Bond“), Jahrgang 1956, inszenierte 2012 die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London.

Alan Bennett
(Jahrgang 1934). Die Novelle „Die souveräne Leserin“ über eine fiktive britische Queen auf Abwegen ist erschienen im Wagenbach-Verlag; 120 Seiten, 17 Euro.