Bundeskanzler Scholz (r.) und NRW-Ministerpräsident Wüst (l.) besuchten am Montag den Anschlagsort. Foto: dpa/Thomas Banneyer

Die Politik diskutiert, welche Konsequenzen aus dem Anschlag von Solingen gezogen werden sollen. Viele Vorschläge sind umstritten.

Nach dem Attentat von Solingen mit drei Toten und acht Verletzten debattiert die Politik darüber, welche Konsequenzen daraus folgen sollen. Ein Überblick.

 

Verschärfung des Waffenrechts

Kanzler Olaf Scholz (SPD), sagte am Montag bei seinem Besuch am Anschlagsort, das Waffenrecht insbesondere für Messer müsse verschärft werden. Zuvor hatte sich der FDP-Politiker Stephan Thomae skeptisch gezeigt. Es sei naiv zu glauben, dass ein allgemeines Messerverbot dazu führen würde, dass jemand sich von einer solchen Tat abhalten lasse, sagte Thomae dem „Deutschlandfunk“.

Issa H., der Täter von Solingen, nutzte laut Berichten bei seinem Mordanschlag ein Küchenmesser mit einer 15 Zentimeter langen Klinge. Ein solches Messer darf laut Waffenrecht schon heute nicht mitgeführt werden, die Höchstgrenze liegt bei 12 Zentimetern. Polizeigewerkschafter weisen aber darauf hin, dass mehr Kontrollen aufgrund mangelnden Personals kaum möglich sind.

Aufnahmestopp für Menschen aus Syrien und Afghanistan

Viele der aktuellen Vorschläge beziehen sich auf Menschen aus Afghanistan und Syrien. Aus diesen Ländern kommen die meisten Flüchtlinge nach Deutschland. Zudem war der Solingen-Attentäter Syrer. Im Juni hatte ein Afghane in Mannheim einen Polizisten erstochen. CDU-Chef Friedrich Merz schlug vor, Menschen aus diesen Ländern die Einreise zu verweigern. Denn in der Regel ist das Land innerhalb der EU für das Asylverfahren zuständig, in das der Asylbewerber als erstes einreist. Im Fall des Solinger Attentäters war das Bulgarien.

Doch nach gegenwärtiger Rechtslage wäre Merz‘ Vorschlag nicht umzusetzen. „Auch wenn ein anderes EU-Land für einen Asylsuchenden zuständig ist, kann er derzeit nicht an der deutschen Grenze abgewiesen werden. Die Person muss ins Land gelassen werden, wo ihr Anliegen überprüft wird“, sagt Winfried Kluth, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Halle-Wittenberg, dieser Redaktion. Erst nach dieser Prüfung kann die Person wieder an das zuständige Land überstellt werden. „Das sollte im Fall des Attentäters von Solingen auch passieren, hat aber offenbar nicht funktioniert“, sagte Kluth.

Grenzkontrollen

Eigentlich sind stationäre Grenzkontrollen im Schengen-Raum nicht vorgesehen. In der Praxis wird aber auch an den deutschen Grenzen kontrolliert, teils schon seit Jahren: aktuell etwa an den Grenzen zu Österreich, der Schweiz, Polen, Frankreich und Tschechien. CSU-Chef Markus Söder hatte in der ARD gefordert, dass an Grenzen verstärkt kontrolliert werden soll. Doch Grenzkontrollen sind personell aufwändig, sagen Kritiker. Die Polizisten fehlten dann an anderer Stelle.

Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan

Kanzler Scholz sagte in Solingen, auch die Abschiebungen müssten vorangetrieben werden. Die Bundesregierung arbeitet daran, Menschen auch nach Syrien und Afghanistan abzuschieben. Doch offizielle diplomatischen Beziehungen gibt es nicht. Daher versucht man, Menschen in Nachbarstaaten zu bringen und dann mit Hilfe der dortigen Behörden über die Grenze nach Syrien beziehungsweise Afghanistan zu bringen. Die Verhandlungen dazu laufen. Staatsrechtler Kluth weist auch hier auf Schwierigkeiten hin: „Bei jedem Einzelfall muss man prüfen, ob der Person Folter oder die Todesstrafe droht. In dem Fall darf er nicht abgeschoben werden.“

Wegfall des subsidiären Schutzes für Afghanen und Syrer

Viele Menschen aus Syrien und Afghanistan erhalten „subsidiären Schutz“ in Deutschland. Das bedeutet, dass ihnen in ihrem Herkunftsland Schaden durch Todesstrafe, Folter oder Krieg droht. CDU-Politiker Alexander Throm sagte im „Morgenmagazin“, in Afghanistan fänden keine Kampfhandlungen mehr statt, in Syrien nur lokal begrenzt. „Deswegen muss der subsidiäre Schutz für Afghanen und für Syrer wegfallen.“ Die Bewertung der Sicherheitslage in beiden Ländern ist allerdings umstritten. Sollte der subsidiäre Schutz nicht mehr gewährt werden, müsste jeder Asylsuchende eine individuelle Verfolgung nachweisen.