Die Wirtschaftsgrößen Hartmut Jenner (Kärcher/li.) und Wilfried Porth (Daimler) gehören zum siebenköpfigen Aufsichtsrat des VfB Stuttgart. Foto: Baumann

Durch den Rücktritt von Guido Buchwald ist der Aufsichtsrat des VfB Stuttgart mal wieder in den Fokus vieler Diskussionen geraten. Dabei sind dessen Kompetenzen klar geregelt.

Stuttgart - Wird er seiner Verantwortung gerecht? Besitzt er genügend sportfachliche Kompetenz? Immer dann, wenn es schlecht läuft beim VfB Stuttgart, gerät auch der Aufsichtsrat in den Fokus der Diskussionen. Nach dem Rücktritt von Guido Buchwald aus dem Kontrollgremium ist das erneut der Fall. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu den Aufgaben des Aufsichtsrats.

Wie kommt der Aufsichtsrat zustande?

Der Aufsichtsrat der VfB Stuttgart AG wird von der AG-Hauptversammlung bestellt. Diese besteht aktuell aus lediglich zwei Parteien: Dem Verein (mit der Mehrheit der Stimmen) und der Daimler AG, die 11,5 Prozent der Anteile hält. Aktuell sitzen Wolfgang Dietrich, Wilfried Porth, Hartmut Jenner, Bernd Gaiser, Franz Reiner, Hermann Ohlicher und Bertram Sugg im Gremium.

Welche Aufgaben hat der Aufsichtsrat?

Der Aufsichtsrat kontrolliert den operativ tätigen Vorstand der AG, bestehend aus Jochen Röttgermann (Marketing), Stefan Heim (Finanzen) und Michael Reschke (Sport). Das Gremium muss dem Finanzplan zustimmen, der unter anderem für die Lizenzierung maßgeblich ist. Somit ist auch das generelle Budget für Personalentscheidungen zustimmungspflichtig. Über Themen wie die Strategie bei der Kaderplanung wird der Aufsichtsrat informiert. Das Gremium beruft zudem die drei Vorstände – und kann sie im zweifel auch abberufen.

Wo hat der Aufsichtsrat ein Veto-Recht?

Einzelne Transferentscheidungen müssen nicht zwingend abgestimmt und genehmigt werden – so lange sich Sport- und Finanzvorstand im abgestimmten Rahmen bewegen. Auch ein Trainerwechsel ist nicht per se zustimmungspflichtig. Anders ist es, wenn ein geplanter Vertragsabschluss ein bestimmtes Volumen im Verhältnis zum Jahresbudget übersteigt.

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Wie oft kommt der Aufsichtsrat zusammen?

Das Gremium trifft sich einmal pro Quartal, die Vorstände sind im Normalfall mit dabei. Darüber hinaus sind außerordentliche Sitzungen möglich.

Welche Aufgabe hat der Präsidialausschuss?

Einen solchen Ausschuss gibt es in Aufsichtsräten von Unternehmen meist nicht. Er bietet eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit von kurzfristigen Themen, die eigentlich nicht zustimmungspflichtig sind. Er besteht beim VfB aus Wolfgang Dietrich, Wilfried Porth und Hermann Ohlicher. Letzterer ist nach dem Ausstieg von Guido Buchwald das einzige Aufsichtsratsmitglied beim VfB mit einer Vergangenheit als Fußballprofi.

Haben andere Bundesligavereine mehr Sportkompetenz im Aufsichtsrat?

Nur die wenigsten Clubs haben mehr Fußballkompetenz in ihrem Kontrollgremium. Zumindest, solange man Fußballkompetenz mit der Inthronisierung von verdienten Vereinsikonen gleichsetzt. Diesbezüglich war der VfB mit seinen Meisterspielern Guido Buchwald und Herman Ohlicher im Aufsichtsrat der AG sogar noch reich bestückt. Vielerorts finden sich in den Kontrollgremien der weitgehend zu Kapitalgesellschaften mutierten Bundesligavereinen nur Vertreter aus Politik und Wirtschaft. Werder Bremen mit Ex-Profi Marco Bode als Aufsichtsratschef bildet die Ausnahme.

Wer hat das sportliche Sagen bei den Clubs?

Im operativen Bereich neigt sich die Zeit der One-Man-Shows dem Ende zu. Bei Borussia Dortmund etwa kümmert sich neben Hans-Joachim Watzke (Geschäftsführer) und Michael Zorc (Sportdirektor) neuerdings auch Sebastian Kehl um sportliche Belange. In Frankfurt teilen sich Fredi Bobic (Sportvorstand) und Bruno Hübner (Sportdirektor) das sportliche Kerngeschäft. Clubs wie die TSG Hoffenheim oder RB Leipzig bilden schon länger spezielle Strategie-und Transferteams, mit dem Sportchef als Projektleiter.

Wie ist der VfB aufgestellt?

Dass beim VfB Stuttgart zuviel Last auf den Schultern von Michael Reschke liegt, haben die Strategen auf dem Wasen längst erkannt. Der Wunsch nach einem Assistenten für den Sportvorstand ließ sich aber noch nicht realisieren. Unter Reschke agiert ein Scoutingteam mit Ex-Profi Markus Lösch an der Spitze. Leiter des Nachwuchsleistungszentrums ist Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger.

Gibt es generelle Einschätzungen?

Laut einer Studie aus dem vergangenen Jahr leiden viele Bundesligaclubs unter Defiziten bei der Unternehmensführung – gemessen an den Summen, die im Profifußball im Spiel sind. Die Experten von der Hamburg School of Business Administration kamen zudem zu dem Ergebnis, dass es in der Branche an der Unabhängigkeit vieler Aufsichtsräte mangele.