Ausdiskutiert: Enzo Marchese (li.) spielt im Drittligateam von Trainer Tomislav Stipic (re.) und Assistent Marcel Hagmann keine Rolle mehr Foto: Baumann

Die einen vertrauen nach wie vor der Besonnenheit von Präsident Rainer Lorz. Ein großer Teil der Fan-Gemeinde befürchtet aber, dass durch die Degradierung von Marchese und Müller der Kampf gegen den Abstieg noch schwieriger wird.

Stuttgart - Kickers bündeln Kräfte im Kampf gegen den Abstieg. So lautete die Überschrift in der Pressemitteilung des Drittliga-Schlusslichts zur Degradierung von Enzo Marchese und Gerrit Müller in die zweite Mannschaft. Seitdem schlagen die Wellen hoch. Auch in den Fan-Foren. Manche halten die Entscheidung vor allem bei Marchese aufgrund seiner wenig überzeugenden Leistungen für konsequent und schlüssig. Der Großteil derjenigen, die mit den Blauen leiden, können die Maßnahme allerdings nicht nachvollziehen. Warum wird eine sympathische, homogene Truppe, die im Vorjahr haarscharf am Aufstieg vorbeischrammte, endgültig demontiert? Warum verzichtet der Verein trotz Verletzungsproblemen im Kampf gegen den Absturz in die Regionalliga freiwillig auf zwei erfahrene Spieler, von denen zumindest Müller im letzten Spiel 2015 mit dem Ausgleichstor zum 2:2 gegen den VfL Osnabrück auch dem neuen Trainer Tomislav Stipic noch einigermaßen frohe Weihnachten bescherte?

Nur weil sie den Mund aufmachten, eine eigene Meinung haben und die Art des neuen Trainers nicht akzeptierten? Offiziell will das keiner bestätigen. Michael Zeyer drückt sich so aus: „Die beiden Spieler können in der jetzigen Verfassung die Mannschaft und die sportliche Leitung nicht so unterstützen, wie es für den Klassenverbleib nötig ist.“

Zeyer zieht den Umbruch radikal durch, gegen alle Zweifler

Der Sportdirektor zieht den personellen Umbruch radikal durch. Er bleibt standhaft. Gegen alle Zweifler. Der Ex-Profi ist überzeugt davon, dass dieser tiefe Einschnitt dringend notwendig war. In diesem gefährlichen Spiel hat er die volle Rückendeckung von Präsident Rainer Lorz.

Die Führungsetage hat die Probleme schon unter Horst Steffen kommen sehen. Nach außen dringt: Zu ängstlich sei der Ex-Coach den dringend nötigen Umbau angegangen. Spieler wie Bentley Baxter Bahn oder Edisson Jordanov seien nicht integriert worden. Die etablierten Kräfte hätten unter Steffen die Komfortzone zu selten verlassen müssen. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber in unserer Lage geht es nur noch um Mannschafts- und Vereinsinteressen“, betont Lorz.

Lorz führt den Verein seit 2010 seriös und besonnen

Der Präsident hat seit seiner Amtsübernahme im Dezember 2010 den Verein seriös und besonnen geführt. Der Rechtsanwalt ist alles andere als ein Typ, der die Karre kalt lächelnd gegen die Wand fahren lässt. Darauf ruhen die Hoffnungen vieler. Geht es mit der vollkommen neu zusammengestellten Mannschaft mit immer weniger Identifikationsfiguren schief, wird es auch für den Kickers-Chef ungemütlich. Und die Manager-Karriere von Michael Zeyer, der auch schon Anfragen von höherklassigen Clubs ausschlug, dürfte enden, bevor sie richtig Fahrt aufgenommen hat. Der gebürtige Neresheimer lässt sich vor dem Auswärtsspiel an diesem Samstag (14 Uhr) bei Energie Cottbus jedenfalls nicht beirren: „Wir können den Klassenverbleib nur schaffen, in dem wir bestimmte Voraussetzungen schaffen: neben der entsprechenden Stimmung gehört dazu auch das konzentrierte Arbeiten mit der Mannschaft.“

Physiotherapeut Dabbagh muss gehen

Es passt ins Bild dieser turbulenten Zeiten in Degerloch, dass am Dienstag dem Physiotherapeuten Gabriel Dabbagh gekündigt wurde (Simone Lay löst ihn ab) und auch die Stimmung im Unterbau nicht gut ist. Es gibt seit vielen Wochen atmosphärische Störungen. Auf der einen Seite stehen die Jugendtrainer und Guido Arnold, der administrativen Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ). Auf der anderen Alfred Kaminski, der vergangenen Sommer von Kickers Offenbach gekommene sportliche Leiter des NLZ. Das ganze gipfelte nun in einem Beschwerdebrief der Trainer und Mitarbeiter im Nachwuchsbereich an den Ehrenrat. Tenor: Die Mitarbeiter seien total verunsichert und orientierungslos. Leitsätze der Kickers wie Herz, Nähe, Familie, Vertrauen würden nicht zu Kaminskis Art passen. Die Chefetage nimmt den erfolgreichen U-23-Trainer der Kickers (Platz neun in der Oberliga mit 27 Punkten) in Schutz: „Alfred Kaminski leistet hervorragende Arbeit“, sagen Lorz und Zeyer unisono.