Die Justizvollzugsanstalt in Stammheim geht nach mehreren rätselhaften Coronafällen in den Notbetrieb. Neue Gefangene werden zunächst nicht mehr aufgenommen – und die nächste prominente Verhandlung droht zu platzen.
Stuttgart - Die Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim zieht Konsequenzen aus einem Corona-Ausbruch. „Das gesamte Haus geht jetzt in den Notbetrieb. Das bedeutet, dass es auch einen Aufnahmestopp gibt“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums unserer Zeitung. Das gelte mindestens bis Mittwoch. Dann soll es im Gefängnis eine neue Testrunde geben. Derzeit sei die JVA, auch coronabedingt, mit rund 650 Gefangenen nicht komplett besetzt. „Man hat wegen der Pandemie schon zuvor versucht, Platz zu schaffen“, so der Sprecher.
Am Freitag waren nach einer Infektion bei einer Mitarbeiterin die Insassen eines der Hafthäuser getestet worden. Dabei gab es zwei positive Ergebnisse bei Gefangenen. Im selben Gebäude hatte es auch zuvor schon Infektionen von Bediensteten gegeben, sodass dort in den vergangenen Tagen insgesamt sieben Menschen positiv getestet worden sind. Das Gebäude mit rund 200 Inhaftierten steht unter Quarantäne.
Was wird aus dem Prozess gegen die Gruppe S?
Wo und wie sich die Gefangenen angesteckt haben, ist allerdings noch ein Rätsel. „Die zwei Infektionen bei Inhaftierten stehen nach aktuellen Erkenntnissen nicht im Zusammenhang mit der Infektion einer Mitarbeiterin“, sagte ein Sprecher der Stadt Stuttgart. Das Gesundheitsamt habe die Infektionen lokalisiert, Ansteckungsketten nachvollzogen und Isolierungen in Absprache mit der Anstaltsleitung ausgesprochen. „Enge Kontaktpersonen werden in den nächsten Tagen mittels PCR getestet. All diese Maßnahmen sollen einer weiteren Ausbreitung zuvorkommen“, so der Sprecher.
Wegen der Coronafälle war am Morgen der Auftakt des Prozesses gegen zwei junge Männer geplatzt. Die Angeklagten aus der linksautonomen Szene sollen am Rande einer Demonstration gegen die Coronamaßnahmen vor einem Jahr drei Männer einer rechtsgerichteten Gruppe angegriffen und einen von ihnen schwer verletzt haben. Ob die am Dienstag geplante Fortsetzung im Verfahren gegen die rechtsextremistische Gruppe S fortgesetzt werden kann, ist derzeit noch offen. Sechs der zwölf Angeklagten sitzen ebenfalls in Stammheim.