Sollen ab 2030 keine neuen Fahrzeuge mehr zugelassen werden, wenn sie einen Verbrennungsmotor haben? Foto: dpa-Zentralbild

Das Ziel des Bundesrats, in 13 Jahren nur noch Autos ohne Verbrennungsmotor zuzulassen, sorgt in der EU für Streit. Die Gegner sprechen von „Wunschdenken“.

Brüssel - Ein Halbsatz sorgt derzeit in Brüssel für Furore: „... damit spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden“. Er stammt aus einem Beschluss, den der Bundesrat schon am 23. September gefasst hat, aber der erst jetzt in der Europäischen Union zur Kenntnis genommen wird. Er klingt, als solle da ein Verbot formuliert werden, davon kann aber keine Rede sein. Der Bundesrat hatte lediglich Stellung genommen zu einer Mitteilung der EU-Kommission zu einer „Europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität“. Der Beschluss der Länder stellt eine Aufforderung an die EU-Mitgliedsländer dar, ihre Steuer- und Abgabenpolitik so auszurichten, dass in 13 Jahren nur noch Autos neu zugelassen werden, die ohne einen Verbrennungsmotor auskommen.

Beschluss nicht bindend

Auch wenn die Anregung ohne bindende Wirkung ist, bewegt sie die Gemüter in Brüssel. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europa-Parlament, der Grüne Michael Cramer aus Nordrhein-Westfalen, findet die Ansage völlig richtig: „Die Automobil-Industrie hat 15 Jahre bei der Entwicklung neuer Technologien geschlafen.“ Und weiter: „Die Hersteller haben die von der EU vorgegeben Grenzwerte nur auf dem Papier und durch Betrug und kriminelle Aktivitäten einhalten können.“ Da ihm die Jobs in der Autobranche am Herzen lägen und das Schicksal der Mitarbeiter nicht egal sei, richte er einen Appell an die Unternehmen: „Die Automobilindustrie darf nicht die gleichen Fehler machen, wie es den Energieunternehmen in Deutschland passiert ist, die den technologischen Aufbruch verschlafen und nur auf Kohle und Atom gesetzt hat.“ Cramer weist darauf hin, dass die Industrie seit 1990 die Emissionen um 38 Prozent gesenkt habe, die Haushalte um 24 Prozent. Nur der Verkehr habe um 28 Prozent zugelegt.

Sein Kollege im Verkehrsausschuss, der Experte für Mittelstandspolitik, Markus Pieper (CDU), sieht die Sache ganz anders: Der Beschluss der Länderkammer sei „fahrlässiges Wunschdenken“. Die Vorstellung, dass sich die europäische und besonders die deutsche Automobilindustrie nur mit diesen Vorgaben auf das postfossile Zeitalter einstellen können, sei „besserwisserisch naiv“. Von einem kurzfristigen Produktverbot, so Pieper weiter, würde nur die Konkurrenz außerhalb der EU profitieren. Sie habe zudem vielfach den Vorteil, dass sie die Kosten für die Entwicklung von E-Autos nicht aus den Margen des Verkaufs von herkömmlichen Fahrzeugen bezahlen müsse. Ein Beispiel hierfür sei der chinesische Konzern Geely, der staatliche Subventionen bekomme. Pieper warnt davor, die Autobauer in Europa durch Überregulierung „manövrierunfähig“ zu machen. So gefährde man viele der zwölf Millionen Jobs in Europas Automobilindustrie.

Der Verkehrsexperte der SPD im Europaparlament, Ismail Ertug, widerspricht: „Der Vorstoß der Länder geht in die richtige Richtung.“ Es wäre allerdings wünschenswert, wenn nicht nur steuerrechtliche Instrumente eingesetzt werden. Ertug mahnt mittelfristig ein Konzept für eine weitere Absenkung der Abgasgrenzwerte an. „So könnte man Investitionen in emissionsfreie Antriebe fördern und einen sicheren Rahmen für die Industrie schaffen.“ Von einem Verbot für Verbrennungsmotoren, das die Länderkammer im Übrigen aber eben nicht fordere, halte er nichts.