Ein 40-Jähriger ersticht in einer Flüchtlingsunterkunft einen Landsmann. Die Staatsanwaltschaft hält ihn für gefährlich, auch sein Verteidiger ist für eine Unterbringung.
Drei Wochen früher als geplant hat das Landgericht Stuttgart ein sogenanntes Sicherungsverfahren gegen einen Mann aus Somalia abgeschlossen. Die 19. Große Strafkammer ordnete die Unterbringung des 40-Jährigen im Zentrum für Psychiatrie in der Weissenau an, wo der Mann bereits seit einiger Zeit vorläufig untergebracht war. Mit dem Urteil entsprach das Gericht den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Diese verzichteten jeweils auf Rechtsmittel, das Urteil ist damit rechtskräftig.
Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren beim Landgericht angestrengt, weil sie den Somalier wegen einer psychischen Erkrankung für gefährlich für die Allgemeinheit hält. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 40-Jährige an einem Abend Ende Februar dieses Jahres im Zustand der Schuldunfähigkeit einen Mitbewohner in einer Flüchtlingsunterkunft in Ditzingen-Hirschlanden getötet hat. Es war demnach zunächst zu einem verbalen Streit mit dem somalischen Landsmann gekommen, in dessen weiteren Verlauf der 40-Jährige mehrfach auf ihn mit einem Fleischermesser mit einer Klingenlänge von 20 Zentimetern eingestochen hat. Das Opfer starb noch am Tatort. Die letzten fünf Stiche hatten Polizisten, die per Notruf alarmiert worden waren, noch mitbekommen.
Psychotische Störung attestiert
Die Tat hatte der 40-Jährige über seinen Verteidiger Sebastian Gauss bereits am ersten Prozesstag unumwunden zugegeben. Wie schon häufig zuvor habe sein Mitbewohner einen Streit angefangen, ihn schlecht gemacht und geschlagen. Da habe er Stimmen gehört, die ihm befohlen hätten, den Mann mit einem Messer zu erstechen.
Die Richter folgten mit ihrem Urteil dem für das Verfahren bestellten Gutachter, der dem 40-Jährigen bei der Tat eine psychotische Störung attestiert hat. Der nun Verurteilte hatte erklärt, das Opfer habe zum Clan der geschiedenen Ehefrau des Somaliers gehört. Diese habe den Mann animiert, ihn ständig zu provozieren und zu ärgern. Einmal sei er auch im Auftrag seiner Ex-Frau von mehreren Männern schwer verprügelt worden, dabei habe er einen Rippenbruch erlitten.
Gekentert bei Flucht per Boot
Nach seinen Angaben hatte der 40-Jährige seine Frau auf der Flucht aus Somalia in Libyen kennen gelernt. Seine Familie habe fliehen müssen, nachdem zunächst sein Vater, ein Farmer, 2006 von anderen Farmern nach einem Streit um Weideland getötet worden sei. Im Jahr 2009 sei dann die Terrormiliz Al-Shabab in sein Dorf gekommen und habe alle aufgefordert, sich ihnen anzuschließen, sonst würden sie getötet.
Über Äthiopien und den Sudan sei er nach Libyen gekommen, von wo aus er vier Fluchtversuche per Boot versucht habe, bis er es nach Italien geschafft habe. Bei einem Versuch sei ein Boot gekentert, sie seien von tunesischen Fischern gerettet worden. Von Italien aus sei er mit Schleusern über die Schweiz 2015 nach Deutschland gekommen. Mit seiner Frau hat er den Angaben zufolge fünf Kinder, 2019 kam die Trennung.