Wolfgang Gedeon am Dienstag vor der Fraktionssitzung. Foto: dpa

Die Landtags-AfD nimmt die Null-Toleranz-Vorgabe ihres Chefs Jörg Meuthen gegen Antisemitismus ernst. Ob sie den Abgeordneten Gedeon tatsächlich los wird, muss sich aber noch zeigen.

Stuttgart - Die AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg betreibt offiziell den Ausschluss ihres Abgeordneten Wolfgang Gedeon (69). Für diese Initiative der Fraktionsspitze um AfD-Fraktions- und Landeschef Jörg Meuthen votierte am Dienstag in Stuttgart eine Mehrheit der insgesamt 23 Fraktionsmitglieder. Zwölf Stimmen waren mindestens erforderlich gewesen, um den Antrag gegen den pensionierten Arzt aus dem Wahlkreis Singen auf den Weg zu bringen. Wie viele Abgeordnete tatsächlich dafür stimmten, ließ Meuthen nach der Fraktionssitzung auf Wunsch der Fraktion offen.

Meuthen spricht von „lebhafter Diskussion“

Meuthen sprach von einer „eingehenden und lebhaften Diskussion“ in der Fraktion. Es habe unterschiedliche Auffassungen zu den Vorwürfen gegeben. Nicht alle Abgeordneten seien der Auffassung, dass Gedeon antisemitische Positionen vertritt. Er sei davon aber überzeugt, sagte Meuthen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass es in zwei Wochen, nach einer weiteren Prüfung der Publikationen Gedeons, ein Votum für einen Ausschluss geben werde.

Meuthen sagte weiter, es sei eine „schmerzhafte Erfahrung“, gegen ein Mitglied der Fraktion vorgehen zu müssen. Es sei ihm aber ein „persönliches Anliegen“ deutlich zu machen, „dass Antisemitismus in der AfD keinen Raum hat“. Vorhalte aus der eigenen Partei, er habe von Vorwürfen gegen Gedeon schon vor Jahren erfahren, tat Meuthen ab. Er könne nicht alles lesen, was Parteifreunde schreiben, sagte er. Der AfD-Bundesvorstand, dem Meuthen als Co-Chef der Bundespartei angehört, hat sich inzwischen ebenfalls in den Fall Gedeon eingeschaltet. In einem einstimmigen Beschluss der AfD-Bundesspitze vom Dienstag heißt es, man sei „entsetzt“ über Gedeons Äußerungen. Der Bundesvorstand empfiehlt deshalb dem baden-württembergischen Landesvorstand, den Sachverhalt zu prüfen und Gedeon gegebenenfalls das Parteibuch zu entziehen. Der Parteiausschluss müsste beim Landesschiedsgericht der AfD beantragt werden.

Gedeon sieht sich nicht als Antisemiten

Aus Sicht seiner Kritiker bagatellisiert der 69-Jährige die Verbrechen gegen die Juden in der Nazizeit. Der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber sieht in Gedeon einen „Anhänger von antisemitischen Verschwörungsauffassungen“. Er bezieht sich auf Bücher von Gedeon, in denen der pensionierte Arzt bezweifelt, dass es sich bei dem Pamphlet „Die Protokolle der Weisen von Zion“ um eine antisemitische Fälschung handelt. Gedeon dagegen sieht sich nicht als Antisemiten. Er verharmlose auch nicht den Holocaust, teilte er in einer Stellungnahme mit. Er sei aber ein „dezidierter Antizionist“ und kritisiere etwa die Siedlungspolitik Israels. Auch wenn die AfD-Fraktion Gedeon in zwei Wochen endgültig ausschließen sollte, würde er sein Mandat behalten, wenn er nicht von sich aus darauf verzichtet. Er würde dem Parlament weiter als fraktionsloser Abgeordneter angehören.