Kurz vor Ende des Ramadan wird die irakische Hauptstadt erneut von zwei Anschlägen getroffen: Mehr als 200 Menschen sterben. Foto: dpa

Kurz vor Ende des Ramadan wird die irakische Hauptstadt erneut von zwei Anschlägen getroffen: Mindestens 200 Menschen sterben. Die USA wollen nun das Sicherheitskonzept überdenken und geben sich entschlossen im Anti-IS-Kampf.

Bagdad - Nach den verheerenden Anschlägen in Bagdad sagen die USA der Terrormiliz Islamischer Staat einmal mehr den Kampf an. Die jüngsten Attacken bestärkten Washington nur in der Entschlossenheit, die irakischen Sicherheitskräfte beim Vorgehen gegen den IS zu unterstützen, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, Ned Price, am Sonntag. Auch die US-Bemühungen um eine Beseitigung der IS-Terrornetzwerke und deren Führer würden forciert.

In der Nacht zum Sonntag hatten Extremisten haben bei zwei Anschlägen in Bagdad mindestens 200 Menschen getötet und 203 weitere verletzt. Im Zentrum der irakischen Hauptstadt detonierte in dem belebten Geschäftsviertel Karada eine Autobombe und riss 115 Menschen in den Tod, 187 wurden verletzt. Der IS bekannte sich und erklärte, der Anschlag habe Schiiten gegolten. Bei einem zweiten Anschlag im Osten der Stadt kamen fünf weitere Menschen ums Leben, 16 wurden verwundet. Für diese Bluttat übernahm zunächst niemand die Verantwortung, doch trug sie nach Einschätzung von Beobachtern ebenfalls die Handschrift des IS.

Schlimmer Gewaltakt

Die jüngsten Angriffe trafen den Irak kurz vor dem Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, wenn junge Menschen und Familien nach Sonnenuntergang die Straßen der Hauptstadt säumen. Es war der schlimmste Gewaltakt im Irak seit Juli 2015. Damals hatte ein Bombenanschlag in der Provinz Dijala mindestens 115 Menschen das Leben gekostet.

Ein Augenzeuge in Karada berichtete, die Explosion habe in umliegenden Geschäften zu Feuern geführt. Die Feuerwehr versuchte stundenlang, die Brände zu löschen, Krankenwagen rasten zum Tatort. Leichen wurden aus abgebrannten Gebäuden geborgen.

Unter den Opfern waren viele Frauen und Kinder, die sich in einem mehrstöckigen Einkaufszentrum und einer Vergnügungshalle aufgehalten hatten, wie ein Polizeisprecher sagte. Dutzende seien verbrannt oder erstickt.

Der 35-jährige Straßenverkäufer Karim Sami sagte: „Es war wie ein Erdbeben.“ Er habe einen Feuerball und eine gewaltige Bombenexplosion gesehen. Einer seiner Freunde sei ums Leben gekommen, einer sei verletzt worden, ein dritter werde noch vermisst.

Kummer und Trauer

Kummer und Trauer über die Gewaltakte entluden sich bei vielen Irakern in Wut auf Ministerpräsident Haidar al-Abadi, der Stunden nach dem Attentat den Tatort besuchte. In Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie er von einer aufgebrachten Menge beschimpft wurde. Steine, Benzinkanistern und Schuhen flogen auf seinen Konvoi. Später sprach al-Abadi in einer Erklärung von einer „schmerzlichen Tragödie“, die „Irakern der Freude über ihre Siege über den verwerflichen IS in Falludscha beraubt“ habe.

Vor rund einer Woche war die zentralirakische Stadt aus den Fängen der Extremistengruppe befreit worden. Sie kontrolliert aber immer noch Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak, sowie weite Landstriche im Norden und Westen des Landes.

Der UN-Gesandte im Irak, Jan Kubis, verurteilte den Anschlag als abscheulich und feige. Der IS räche sich mit der Ermordung von Zivilisten offenbar für seine Verluste auf dem Schlachtfeld.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, der Anschlag zeige, dass der IS nicht davor zurückschrecke, im Namen seiner Ideologie unschuldige Kinder, Mütter und Väter zu ermorden.