Nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Jerusalem hat Israel Vergeltungsmaßnahmen angekündigt. Foto: dpa

Die Zahl der Todesopfer des Anschlags auf eine Synagoge in Jerusalem steigt. Israelische Soldaten zerstören das Haus eines Attentäters, während in dem Gotteshaus wieder gebetet wird. Politiker aus aller Welt befürchten eine neue Spirale der Gewalt.

Jerusalem - Einen Tag nach dem Anschlag auf eine Synagoge im Jerusalemer Stadtteil Har Nof haben sich Dutzende Juden wieder in dem Gotteshaus zum Beten eingefunden. Unter den Gläubigen sei bei der Morgenandacht am Mittwoch auch Wirtschaftsminister Naftali Bennet gewesen, berichtete die Nachrichtenseite „ynet“.

Der Eingang der Synagoge sei von Sicherheitspersonal bewacht worden. Zwei Palästinenser aus dem arabischen Osten Jerusalems hatten am Dienstag das Gotteshaus in dem vornehmlich von ultraorthodoxen Juden bewohnten Stadtteil Har Nof gestürmt und fünf Menschen getötet.

Derweil haben israelische Soldaten und Polizisten das Haus eines Palästinensers zerstört, der im Oktober mit seinem Auto an einer Straßenbahnhaltestelle in Jerusalem wartende Passanten überfahren hatte. Das Gebäude habe im arabischen Ostteil der Stadt gelegen, teilte Armeesprecher Peter Lerner am frühen Mittwochmorgen mit. Die israelischen Sicherheitsbehörden waren nach dem Vorfall von vor gut vier Wochen von einem Anschlag ausgegangen. Zwei Menschen starben an ihren Verletzungen, darunter ein drei Monate altes Baby.

Als Reaktion auf das jüngste Attentat auf die Synagoge hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstagabend angekündigt, dass die Häuser der beiden Angreifer und auch die früherer Attentäter rasch zerstört werden sollen.

Nun wächst die Sorge vor einer Zuspitzung des Nahost-Konflikts. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht sein Land in einem „Kampf um Jerusalem“.

Die zwei Attentäter aus dem arabischen Osten Jerusalems hatten am Dienstagmorgen das Gotteshaus in dem vornehmlich von ultraorthodoxen Juden bewohnten Stadtteil Har Nof gestürmt. Bewaffnet mit einer Axt, Messern und einer Pistole griffen sie die dort Betenden an. Vier Rabbiner wurden getötet, ein Polizist starb einem Medienbericht zufolge Stunden später in einem Krankenhaus. Mehrere Menschen wurden verletzt. Die beiden Palästinenser wurden wenige Minuten nach ihrer Tat von Polizisten bei einem Feuergefecht erschossen. Es war der erste tödliche Anschlag auf eine Synagoge in Jerusalem.

„Wir befinden uns in einem Kampf um Jerusalem, unserer ewigen Hauptstadt“, schrieb Netanjahu beim Kurznachrichtendienst Twitter. „In diesem Kampf müssen wir zusammenhalten; dies ist das Gebot des Tages.“ Die beiden Attentäter hatte er zuvor als „Tiere in Menschengestalt“ bezeichnet und schärfere Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt angekündigt.

Polizeiminister Izchak Aharonovich will es mehr Israelis erlauben, zur Selbstverteidigung Waffen zu tragen. Die Palästinenser beanspruchen den von Israel annektierten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt ihres künftigen Staates.

US-Außenminister Kerry verurteilt den Terrorakt

Nach Angaben der radikalen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) gehörten die beiden Attentäter der Gruppe an. Während Palästinenserpräsident Mahmud Abbas den Anschlag verurteilte, sprach die radikal-islamische Hamas von einer „heroischen Tat“. Augenzeugen sprachen von einem „Massaker“. Drei der Opfer stammten aus den USA und eines aus Großbritannien, wie Polizeisprecher Micky Rosenfeld bestätigte. Tausende Menschen nahmen an den Begräbnissen teil.

Einem Bericht der Zeitung „Haaretz“ zufolge kam es in der Nacht auf Mittwoch zunächst zu keinen größeren Zwischenfällen in Jerusalem. Im Westjordanland gerieten demnach aber rund 200 Palästinenser mit 50 jüdischen Siedlern aneinander. Sie mussten von Soldaten getrennt werden.

Seit dem Abbruch der Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern im April ist die Lage in Nahost immer weiter eskaliert. Zuletzt sorgte der Tod eines arabischen Busfahrers, der am Sonntag erhängt aufgefunden worden war, bei den Palästinensern für neuen Zorn. Eine israelische Autopsie ergab, der Mann habe Suizid begangen. Palästinenser gehen dagegen von einem Lynchmord durch jüdische Siedler aus.

Der Fall heizte die Stimmung an, die ohnehin nach einem Streit um die Nutzung des Tempelbergs in Jerusalem (Haram al-Scharif), der Muslimen und Juden heilig ist, sehr angespannt war. In den vergangenen Wochen hatte es eine Reihe von Anschlägen auf Israelis gegeben. US-Außenminister John Kerry verurteilte den Terrorakt und sprach von sinnloser Brutalität. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer neuen Spirale der Gewalt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte an beide Lager, die angespannte Lage in Jerusalem zu beruhigen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief beide Seiten zur Zurückhaltung und zu einer Rückkehr zu Friedensgesprächen auf.