Während die AfD Delegierte für Parteitage wählt, formiert sich in Steinheim Protest und es stellt sich die Frage: Wie begegnet man einer demokratisch gewählten Partei, die Räume mieten will – und vom Verfassungsschutz beobachtet wird?
Mitglieder des AfD-Kreisverbands Ludwigsburg haben am Sonntag die Delegierten für Bundes- und Landesparteitage gewählt – und bekamen dabei auf dem Weg in die Steinheimer Blankensteinhalle verbalen Gegenwind zu spüren. Zwei Stadträte hatten kurzfristig eine Gegendemonstration mit circa 60 Teilnehmern organisiert. Ihre Motivation: „Präsenz zeigen gegen Intoleranz und Rechts“. Doch wie geht man nun auf kommunaler Ebene mit einer Partei um, die vor wenigen Tagen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde und Räume mieten möchte?
Bürgermeister Thomas Winterhalter gibt auf Anfrage bekannt, dass sich die Verwaltung derzeit Gedanken zu einer Anpassung der Nutzungs- und Gebührenordnung macht. „Ich möchte nicht ausschließen, dass wir da gemeinsam Änderungen mit dem Gemeinderat festlegen“, sagt er. Gleichzeitig sei die AfD eine gewählte Partei, und gehöre dem politischen Spektrum an.
Irgendwo müssten die Veranstaltungen stattfinden und er könne nicht eine Partei ausschließen, sondern müsse mit allen gleich umgehen. Die Einstufung des Verfassungsschutzes habe derzeit noch keine Konsequenz im Umgang mit der Partei. „Ich hoffe, dass wir bald eine Regierung haben, und diese die erforderlichen Schritte einleitet“, sagt Veranstalter Roland Heck, Ortsvorsteher von Höpfigheim und Stadtrat, zur Entscheidung des Verfassungsschutzes.
Gegendemonstration in Steinheim: Protest gegen AfD-Parteitag
Die Gegendemonstration wurde um 9.30 Uhr von ihren Veranstaltern für beendet erklärt. Der vom Landratsamt zugewiesene Platz hätte keine Aufmerksamkeit erreichen können, da es keine Einsicht auf den Eingang zum Parteitag gab, so Roland Heck. Einige Teilnehmer stellten sich daraufhin als Privatpersonen an der Seite der Halle auf. „Da sich die genannte räumliche Verlagerung spontan ergab und nicht geplant ablief, war das versammlungsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich auch an der neuen Örtlichkeit keine Probleme ergaben“, sagt ein Sprecher der Polizei.
Das Landratsamt erklärt auf Anfrage, warum diese Versammlungsfläche festgelegt wurde. Direkt an dem Eingang, der von den AfD-Mitgliedern genutzt wurde, befindet sich ein Schotterparkplatz. „Bei etwaigen Ausschreitungen hätte es dazu kommen können, dass die Schottersteine als Wurfgeschosse genutzt werden“, sagt eine Sprecherin. Bis Dienstschluss am Freitag sei der Versammlungsbehörde keine Anmeldung vorgelegen, man habe deshalb auch kein direktes Gespräch mit der Versammlungsleitung suchen können, um die Beweggründe für den Ort zu erläutern.
Der Umgang mit der AfD bleibt heikel
Martin Hess, AfD-Bundestagabgeordneter für den Wahlkreis Ludwigsburg, äußert sich vor dem Parteitag zu der Einstufung des Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wie folgt: „Eine SPD-Innenministerin möchte hier die politische Konkurrenz ausschalten, indem sie das Bundesamt für Verfassungsschutz politisch missbraucht. Das ist ein Anschlag auf unsere Demokratie.“
Für eine gutachterliche Prüfung hat das BfV unter anderem die Aktivitäten der AfD im Wahlkampf der vergangenen drei Jahre, ihre Neustrukturierung und Jugendorganisation untersucht. Maßgeblich für die Einordnung sei laut den BfV-Vizepräsidenten das prägende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis der AfD gewesen, das ganze Bevölkerungsgruppen in Deutschland abwerte und in ihrer Menschenwürde verletze. Die AfD hat nun eine Klage gegen die Einstufung beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht.
Der Umgang mit der AfD bleibt heikel – auch auf kommunaler Ebene. „Wir müssen uns ehrlich machen: In Steinheim wählen knapp 20 Prozent die AfD, immer nur auf die Partei draufzuhauen, geht am Thema vorbei“, sagt Bürgermeister Thomas Winterhalter. Die AfD gehe mit einfachen Parolen auf Stimmenfang, „aber für die vielschichtigen Probleme im Land gibt es keine einfachen Lösungen“. Man müsse die Leute deshalb mit guter Politik abholen.