Die Regierungspartei in Simbabwe feuert ihren Chef und feiert den Wechsel. Foto: AP

Dass der Langzeit-Herrscher Robert Mugabe seine Macht verliert, löst bei der Bevölkerung einen Freudentaumel aus. Seine Partei drängt Mugabe zunehmend ins Aus.

Harare - Zigtausende von Menschen sind auf die Straßen der Hauptstadt Harare geströmt. Sie lachen, schreien und singen. Viele von ihnen haben kleine Flaggen in der Hand oder sich große Flaggen über die Schultern gehängt. Autofahrer drehen quietschend Kreise und hupen. Auf den Dächern von Reisebussen tanzen junge Männer, und auf den Gehsteigen fallen sich wildfremde Menschen um den Hals.

„Das sind Freudentränen“, schluchzt der 34-jährige Frank Mutsindikwa: „Darauf habe ich mein gesamtes Leben gewartet. Wir sind frei, endlich frei.“ Noch vor einer Woche hätten solche Szenen Prügelorgien oder gar ein Massaker der Polizei ausgelöst, sagt der 78-jährige Terry Angelos. An diesem Samstag sucht man die blauen Bereitschaftspolizisten in ganz Harare vergeblich. Dafür stehen Schützenpanzer der Armee auf den Straßen. Deren Besatzungen lächeln und winken, ein Soldat raucht eine Zigarette, die ihm von einem Demonstranten zugesteckt wurde. „Unsere Armee ist die Stimme des Volkes“, steht auf dem Schild eines Jubelnden: „Die Soldaten haben uns unser Land zurückgegeben“, sagt die 34-jährige Lizzy Dendamera.

Das größte Straßenfest seit der Unabhängigkeit vor 37 Jahren

Genau genommen waren es die Militärs, die das größte Straßenfest der Simbabwer seit der Unabhängigkeitsfeier vor 37 Jahren initiiert hatten. Deren loyale Veteranenorganisation hatte zum Volksaufmarsch aufgerufen, um dem altersstarren Präsidenten Robert Mugabe vor Augen zu führen, welches Ansehen er unter der Bevölkerung tatsächlich genießt – und was ihm droht, wenn er bei seiner Weigerung zurückzutreten bleibt.

Von Soldaten bewacht sitzt der 93-jährige Staatschef unterdessen in seiner Villa in Harares Luxusviertel Borrowdale: Zur einzigen angespannten Situation der Freudenfeier kommt es, als ihm einige Hundert Feiernde einen Besuch abstatten wollten. Sie lassen sich von den Soldaten eines Besseren belehren. „Es gibt Jahrzehnte, in denen gar nichts passiert“, tweetet Brezhnev Malaba, der Chefredakteur des simbabwischen „Independent“: „Und dann gibt es Tage, in denen sich ganze Jahrzehnte ereignen.“ Auf dem „Simbabwe-Gelände“ am Stadtrand Harares, wo Mugabe 1980 seine Unabhängigkeitsrede hielt, versammeln sich am Samstagnachmittag Tausende, um den Rücktritt Mugabes zu fordern. Als General Sibusiso Moyo auftritt, meinen sie, die erlösende Botschaft zu hören zu bekommen. Der Offizier hatte die Simbabwer bereits am frühen Mittwochmorgen im Staatsfernsehen vom Putsch, der keiner sein wollte, in Kenntnis gesetzt.

Noch erweist sich der Autokrat als begriffsstutzig

Moyo muss die Menschen allerdings vertrösten: Der Autokrat hat noch nicht begriffen, dass seine Stunde geschlagen hat. Trotzdem kommt keine Nervosität auf, denn längst ist klar, wie souverän das Militär die Lage im Griff hat. Südafrikanischen Presseberichten zufolge wurde der Sturz Mugabes seit Monaten vorbereitet. Armeechef Constantino Chiwengas größtes Problem war, jüngere Kollegen von einem vorschnellen Coup abzuhalten. Die ungeduldigen Offiziere wollten Mugabe schon im August bei dessen Rückkehr von einem Gesundheitscheck in Singapur am Flughafen abgreifen. Das wäre ein regelrechter Putsch gewesen, den der Drahtzieher Emmerson Mnangagwa verhindern wollte. Denn in diesem Fall hätte das Ausland den ehemaligen Vizepräsidenten nicht als Nachfolger Mugabes anerkennen können.

Mnangagwas Pläne sind raffinierter. Das „Krokodil“, wie der jahrzehntelange Vertraute Mugabes im Volksmund genannt wird, will den halsstarrigen Staatschef auf politische Weise ausmanövrieren, indem er ihn erst als Partei- und dann als Staatschef absetzen lässt.

Die erste Hürde ist bereits genommen: Am Sonntag sägte der Exekutivrat der Zanu/PF-Partei Mugabe kurzerhand ab und setzte Mnangagwa an seine Stelle. Nun muss nur noch das Parlament zusammentreten, um Mugabe auch als Staatschef abzusetzen: Das soll bereits am Dienstag geschehen. Weil auch die Opposition hinter dem Vorstoß steht, ist die nötige Zweidrittelmehrheit sicher. Dann ist Robert Mugabe spätestens Rentner. Vielleicht klappt es aber auch früher. Seine Partei forderte ihn nämlich ultimativ zum Rücktritt bis Montagmittag auf.