Harald Schweizer genießt seine Freiheiten als freischaffender Künstler. Oldtimer malt er besonders gerne. Mehr Bilder aus der Ausstellung „Tier. Mensch. Maschine.“ finden Sie in unserer Bildergalerie. Klicken Sie sich durch. Foto: factum/Bach

Harald Schweizer hat 38 Jahre lang in der Ludwigsburger Porzellanmanufaktur gearbeitet. Auf diese Zeit blickt er gerne zurück, doch jetzt möchte er sich als freischaffender Künstler etablieren. Einen Einblick gibt seine erste Ausstellung in Korntal-Münchingen.

Korntal-Münchingen - Autos, vor allem Oldtimer, kann Harald Schweizer jetzt so groß malen wie er möchte. In den 1950- und 1960-ern seien besonders schöne Fahrzeuge gebaut worden, findet der Korntal-Münchinger, der Autos mit Heimfahren verbindet. Zwar hat er schon als Maler in der Porzellanmanufaktur Ludwigsburg Fahrzeuge gemalt. Als freischaffender Künstler aber hat er mehr Freiheiten und mehr Gelegenheiten. Am 1. März vorigen Jahres machte Harald Schweizer sich selbstständig – nachdem dasinsolvent gegangene Traditionsunternehmen Ende 2015 nach 257 Jahren geschlossen wurde. Es hatte sich kein Käufer gefunden, der die Marke Ludwigsburger Porzellan im Sinne von Stadt und Land weiterführen wollte. Nun zeigt der Porzellanmaler zum ersten Mal in einer Ausstellung, dass er auch Acrylgemälde auf die Leinwand bringen kann. Die Schau heißt „Tier. Mensch. Maschine.“

„Ich bin immer noch ein Frischling, aber je mehr ich male, desto mehr Sicherheit bekomme ich“, sagt Harald Schweizer. Eine Sicherheit, die er bei der Porzellanmalerei, die er weiter betreibt, mehr als genug hat. „Früher habe ich klein und fein gemalt. Im Alter lockt das freiere Malen“, sagt der 58-Jährige und lacht. Neben Autos haben es ihm schon immer Natur und Tiere angetan. „Porträts machen großen Spaß. Ich male sehr gegenständlich und nutze alle Träger“, sagt Schweizer. In seiner Wohnung in Korntal hat er sich ein Atelier eingerichtet. Dort stellt er Kunst vor allem im Auftrag her. Noch immer ist er für viele der Porzellanmaler, arbeitete er doch in der Ludwigsburger Manufaktur fast 40 Jahre lang. Er nahm sich nur eine einzige Auszeit: Mit 22 Jahren kündigte Schweizer und reiste mit einem Freund drei Monate lang durch Amerika. Nach seiner Rückkehr stellte sein damaliger Chef ihn wieder ein.

„Ich war der letzte Mohikaner“

Der dreifache Vater bezeichnet die Zeit in der Manufaktur als „super Grundlage“ für seine Arbeit als freischaffender Künstler. „In malerischer Hinsicht hatte ich eine tolle Ausbildung“, sagt Schweizer. 1977 begann er seine Lehre. Damals gab es rund 70 Mitarbeiter. Viel gelernt habe er auch in den letzten Jahren vor dem Aus der Manufaktur. „Es war verrückt, ich war der letzte Mohikaner“, sagt Schweizer. Fünf Jahre lang sei er allein verantwortlich gewesen für alle Maldekore, für Vergoldung, Ofenbrand, Montage, Kundenberatung. Als das Ende besiegelt war, habe sich „kein Mensch“ mehr für die Manufaktur interessiert. Also kümmerte sich Schweizer um die Abwicklung. Er sorgte auch dafür, dass das Weißporzellan, Muster oder Archivbilder eingelagert wurden. Wer wisse schon, wofür die Dinge einmal gut sind?

Im Sommer 2008 hatte die landesweit einzige Porzellanmanufaktur erstmals Insolvenz angemeldet. Nach der Umstrukturierung wurde 2010 die Weißwarenproduktion ins thüringische Lichte ausgelagert, die Zahl der Mitarbeiter von 20 auf sechs reduziert. Ohne Abfindung, ohne Wertschätzung. Schlecht und gedrückt sei die Stimmung gewesen, sagt Schweizer. Die Mitarbeiter seien enttäuscht gewesen und gekränkt, zumal einige jahrzehntelang beschäftigt waren. „Wir haben uns mit dem Betrieb identifiziert und mit Herzblut gemalt. Und dann ging alles kaputt.“ Harald Schweizer spricht von Idealismus. Weil man nicht reich wurde in dem Job. Im Sommer 2014 kam die zweite Insolvenz.

Zum „Nachweinen“ keine Zeit – zu viele Pläne

Der Niedergang habe sich schon länger angedeutet. Bis in die 1980-er habe die Manufaktur Gewinne gemacht, von den 90-ern an habe es dreimal Kurzarbeit gegeben. Trotz allem denkt Schweizer gerne an seinen „tollen Arbeitsplatz“ zurück. Stundenlang habe er im „stillen Kämmerlein“ Porzellan bemalt. Nachweinen wolle er der Vergangenheit aber nicht. Dafür bliebe ihm ohnehin keine Zeit bei all den Plänen. Er wolle sich etablieren und verstärkt Künstler kennenlernen, die wie er Acrylbilder und Aquarelle schaffen. Zudem möchte er mehr Autos auf Bestellung malen sowie Kurse geben. Vermutlich unterrichte er die Menschen zunächst in Porzellanmalerei.

Termin Die Schau „Tier. Mensch. Maschine.“ ist bis zum 20. Januar 2019 im Bürgertreff Korntal, Görlitzstraße 4, zu sehen. Geöffnet ist sie dienstags von 9 bis 11 Uhr und auf Anfrage, zudem am zweiten Advent von 14 bis 17 Uhr.