So soll es einmal aussehen: Links steht der Musikschulkomplex, rechts unten sind die Läden. Foto: SWSG

Wunder dauern meistens etwas länger – in Botnang mitunter ein Vierteljahrhundert. So lang redet man dort schon über eine neue Ortsmitte. Nun haben die Arbeiten begonnen. In 22 Monaten soll es ein neues Zentrum geben.

Stuttgart - Seit wenigen Tagen wird in Botnang an einer neuen Ortsmitte nicht nur mit Worten und Plänen, sondern auch mit dem Bagger gearbeitet. Die alten Gebäude um das ehemalige Hotel „Hirsch“ herum sollen Mitte März verschwunden sein. Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) will dort unter anderem 50 Wohnungen erstellen lassen, von denen einige auch für Familien interessant sind: elf Vier-Zimmer-Wohnungen. Außerdem entstehen 22 Drei-Zimmer-Apartments und 17 Zwei-Zimmer-Wohnungen.

Die städtische Tochter wird mit einem Aufwand von fast 24 Millionen Euro aber nicht nur diese Wohnungen bauen, sondern auch diverse Einrichtungen ansiedeln, die für das Gemeinwesen wichtig sind. Geplant sind ein Supermarkt mit rund 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche und zwei weitere Gewerbeeinheiten. Darüber soll eine Kindertagesstätte für sieben Betreuungsgruppen entstehen – samt einer 1200 Quadratmeter großen Außenspielfläche über den Gewerbeflächen.

Die städtische Musikschule wird in dem Neubau-Areal 400 Quadratmeter für die musikalische Früherziehung und einen Veranstaltungsraum erhalten, der in den Plänen ein wenig irreführend als Bürgersaal bezeichnet ist. Außerdem sind in dem Gebäudekomplex eine Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt und eine Diakoniestation mit jeweils 250 Quadratmeter Fläche vorgesehen. In zwei Tiefgaragen werden insgesamt 108 Autostellplätze verfügbar sein. Durch das Neubauareal soll sich später ein Verbindungsweg zwischen der Alten Stuttgarter Straße und dem Marktplatz ziehen.

„Stadtreparatur“ wie zuvor in Hedelfingen und in Rot

Die SWSG versteht das Vorhaben in Botnang als eines ihrer wichtigsten städtebaulichen Vorhaben in diesem Jahr. Mit diesem „Großprojekt“ betreibt das Unternehmen zum dritten Mal nicht nur klassischen Wohnungsbau, sondern „Stadtreparatur“ wie zuvor in Hedelfingen und in Rot. Der Technische Geschäftsführer Helmuth Caesar verspricht den Botnangern anspruchsvolle Architektur und eine Aufwertung. Man behebe einen städtebaulichen Missstand.

Die SWSG war, wenn man so will, die letzte Hoffnung der Bezirkspolitiker und der Stadtverwaltung, wie der Bezirk in absehbarer Zeit doch noch zu einer neuen Ortsmitte kommen kann. In der Diskussion ist so ein Projekt schon seit rund 25 Jahren. Vor wenigen Jahren glaubte man der Realisierung ganz nahe zu sein, doch dann kam das böse Erwachen: Die Stiftung Nestwerk, die das Vorhaben realisieren wollte, wurde von einem Betrugsfall in den eigenen Reihen erschüttert und meldete im Herbst 2010 Insolvenz an. Erster Bürgermeister Michael Föll und Bezirksvorsteher Wolfgang Stierle nahmen dann die SWSG ins Visier. Im Frühjahr 2011 entschlossen sich die Geschäftsführer nach intensiven Voruntersuchungen, die Nestwerk-Pläne weiterzuführen. Die Tochter übernahm von der Mutter Stadt knapp 5100 Quadratmeter Fläche, die jetzt bebaut werden. Während der 22-monatigen Bauzeit, verspricht die SWSG, versuche man Behinderungen des Verkehrs zu vermeiden. Auch die Gehwege könnten voraussichtlich die meiste Zeit wie bisher genutzt werden.

Ende 2014 soll das Projekt zu einem guten Ende kommen

Bei Bezirksvorsteher Stierle kommt unterdessen wieder Freude auf, nachdem die Hängepartie in Botnang ihm und seiner Vorgängerin Ulrike Zich in den vergangenen Jahrzehnten zu mancher Sorge Anlass gegeben hatte. Warum es so lang gedauert hat mit der neuen Ortsmitte, warum sich so wenig Investoren dafür interessierten, versteht Stierle bis heute nicht. An mangelnder Kaufkraft in Botnang könne es kaum liegen.

Stierles Blick reicht schon weiter als bis Ende 2014, wenn das SWSG-Projekt zu einem guten Ende kommen soll. „Vielleicht ist es ja die Initialzündung für weitere Verbesserungen in Botnang“, meint er. Der Marktplatz sei in seiner jetzigen Form auch kein Aushängeschild für den Bezirk. In Botnang, wo man sich in einem Workshop mit Verbesserungen an dem Platz befasst hat, hofft man auf Berücksichtigung der Platzumgestaltung im städtischen Doppelhaushalt 2014/2015.