Eine Kohlmeise in einem Garten in Waiblingen Foto: Gottfried Stoppel

Am zweiten Maiwochenende bittet der Nabu darum, auf Balkons und Terrassen, in Gärten und Parks nach Vögeln Ausschau zu halten und sie zu erfassen. Das hat seinen Grund.

Rems-Murr-Kreis - Normalerweise lädt der Winnender Horst Schlüter, Mitglied im Naturschutzbund (Nabu) und begeisterter Vogelfan, im Mai, wenn alljährlich die Stunde der Gartenvögel schlägt, zu einer Einführungsveranstaltung für diese Aktion ein. Dann erklärt er, wie und nach welchen Kriterien gezählt wird.

Diese Einweisung sollte eigentlich am Samstag, 9. Mai, stattfinden, sie fällt aufgrund der Corona-Pandemie aber aus. Das sollte indes niemanden davon abhalten, sich im Zeitraum von 8. bis 10. Mai eine Stunde Zeit zu nehmen, sich auf den Balkon oder die Terrasse, in den Garten, einen Park oder ans Fenster zu setzen, die gesichteten Vögel zu notieren und an den Nabu zu melden.

Nicht versehentlich den gleichen Vogel erfassen

Vielleicht, so hofft Horst Schlüter, haben ja gerade in dieser Zeit viele Menschen Zeit und Muße dazu. „Man kann ja derzeit vieles nicht machen, da könnte die Stunde der Gartenvögel eine Freizeitbeschäftigung sein“, sagt Horst Schlüter.

Bei der Erfassung sollte man natürlich darauf achten, dass nicht versehentlich der gleiche Vogel mehrmals erfasst wird. Sind die Daten der Vogelzählung denn überhaupt verlässlich? „Es gibt immer Fehler, egal, was man macht“, sagt Horst Schlüter gelassen – und selbst erfahrene Vogelkundler könnten irren. Diese Fehler seien aber angesichts der Masse der gemeldeten Daten vernachlässigbar, die Zahlen seien für die Statistik ausreichend. Im vergangenen Jahr hatten Teilnehmer beispielsweise 1,7 Millionen Sichtungen gemeldet. Bei der Stunde der Gartenvögel gehe es auch weniger darum, seltene Vogelarten zu entdecken, sondern vielmehr darum herauszufinden, ob beispielsweise Sperlinge immer noch die häufigsten Gäste in deutschen Gärten sind.

Der Kiebitz ist ganz verschwunden

Und wie steht es um die Blaumeisen, die mancherorts verstärkt einer durch Bakterien verursachten Lungenentzündung zum Opfer fallen? „Ich sehe noch recht viele Blaumeisen und mache mir keine großen Sorgen. Die Blaumeise wird das überleben, auch wenn die Zahl vielleicht zurückgeht“, sagt Horst Schlüter. Sorgen, mache er sich eher um Feldvögel wie das Rebhuhn oder die Feldlerche. Durch das Brutvogelmonitoring – Begehungen, bei denen er notiert, welche Vogelarten er entdeckt – weiß Horst Schlüter, dass er vor 20 Jahren noch fast doppelt so viele Feldlerchen gefunden hat. „Und der Kiebitz, der in den 1980er-Jahren bei Nellmersbach gebrütet hat, ist jetzt ganz verschwunden.“

Doch es gibt auch Positives zu berichten. „Ich habe ausgesprochen viele Dorngrasmücken gesichtet, die im Raum Winnenden lange Zeit ganz weg waren.“ Wieder zugenommen habe auch die Zahl der Gartenrotschwänze. Dass es weniger Vögel gebe, lasse sich pauschal gar nicht sagen, erklärt Horst Schlüter: „Manche Arten sind weniger geworden, andere kommen häufiger vor. So konnte man vor einiger Zeit am Roßberg rund 10 000 Ringeltauben beobachten, so etwas gab es hier früher nicht.“

Wie man mitmacht und welche Erkenntnisse es gibt

Aktion:
Die „Stunde der Gartenvögel“ findet in diesem Jahr zum 16. Mal statt – und zwar im Zeitraum vom 8. bis zum 10. Mai. Die Zählung im vergangenen Jahr brach laut dem Nabu von der Teilnehmerzahl her alle Rekorde: mehr als 76 000 Vogelfans beobachteten damals fast 1,7 Millionen Vögel.

Ergebnisse:
Nach 15 Jahren durchgehender Zählung ist klar, dass sich in einem durchschnittlichen deutschen Garten etwa 35 Individuen von zwölf Vogelarten tummeln. Am häufigsten zu sehen sind Haussperling, Amsel und Kohlmeise, es kommen aber regelmäßig mehr als 60 Arten vor. Dramatisch abgenommen hat laut dem Nabu die Zahl der Mauersegler und der Mehlschwalben.

Anleitung
Auf der Nabu-Internetseite steht ein Zählhilfeformular mit Fotos der häufigsten Gartenvögel zum Herunterladen bereit, zudem findet man dort ein Faltblatt, den Link zum Online-Meldeformular sowie zu der kostenlosen Melde-App und auch eine Telefonnummer, unter der Sichtungen gemeldet werden können. Die erfassten Zahlen müssen bis zum 18. Mai eingehen.