Eine Augenweide: Die Hsinbyume-Pagode in Mingun. Foto: Bendl

 Die Zeit der Isolation ist vorbei, jetzt haben auch Reiseveranstalter Burma für sich entdeckt.

Mandalay - Zum Abschied verschenkt Par Par Lay seine Lieblingsgeschichte. Den Mann mit dem Schnurrbart und den Lachfalten hat das Witzereißen schon fast den Kopf gekostet. Die Regierung verstand keinen Spaß und steckte ihn für ein paar Jahre ins Gefängnis. Die Militärs wollten ihn einschüchtern - seine Lieblingsgeschichte hat er trotzdem erzählt, immer wieder. Doch heute hat sie wohl ihren letzten Auftritt. Sie spielt am Rande eines Gipfeltreffens, zu dem die Regierungschefs der Welt angereist sind. „Selbst wenn ein Amerikaner keine Beine hat, kann er trotzdem den Mount Everest besteigen“, sagt stolz der Präsident der USA. „Ein Russe kann durchs Eismeer bis nach Alaska schwimmen, auch wenn er keine Arme hat“, kontert sein Kollege aus Moskau. In welchem Staat der Welt ist noch Unmöglicheres möglich? „In meinem Land“, brüstet sich der General aus Burma, „kann ein Mann ohne Kopf das Land 20 Jahre lang regieren.“

Par Par Lay, Frontmann der Komödianten-Truppe Moustache Brothers aus Mandalay, verabschiedet seine Zuhörer in die Nacht. Dann setzt er sich auf einen Hocker, umgeben von einer Sammlung an grimmigen Masken und glitzernden Marionetten. Er schlürft Tee. Er will sich dieser Tage ein paar neue Geschichten einfallen lassen, denn auch das große Theater auf der politischen Bühne ändert sich. Die alten Militärs haben die Macht an eine Zivilregierung übergeben. Bei weitem nicht alle, aber viele politische Gefangene wurden entlassen. Schritt für Schritt wird die Zensur gelockert. „Jahrzehnte haben wir auf Veränderungen gehofft“, sagt der Künstler mit glänzenden Augen. „Noch können wir nicht jubeln. Doch das Land ist in Bewegung.“

Bis heute hat sich in Myanmar viel verändert

Der isolierte Staat, der in Deutschland offiziell Myanmar und nicht mehr Burma heißt, öffnet sich, auch im Kleinen. Vor 15 Jahren wollte kein Rikschafahrer Mandalays zum Haus der Artisten fahren. Ortskundige, die den Weg zu Steinmetzen und Silberschmieden kannten und genau beschreiben konnten, wie man vom Shwenandaw-Kloster zum Nylon-Eiscafé radelt, verstummten, als der Name fiel, den man besser nicht zu laut aussprach. Schließlich musste man zwei Kreuzungen zu früh aussteigen, um die Fahrer nicht in Gefahr zu bringen. Inzwischen kommen Touristen, und selbst die Guides riskieren ein Ohr, obwohl das Trio vor Burmesen immer noch nicht spielen darf. Und um die Ecke bei den Mädchen, die mit gepuderten Fingern hauchdünnes Blattgold zuschneiden, damit man es dem großen Buddha der Stadt auf die Schenkel kleben kann, hängt ein Bild von Volksheldin Aung San Suu Kyi. Das hätte früher richtig Ärger gegeben.

Zwischen Mandalay und dem Tempelberg von Sagaing, wo in Hunderten von Klöstern Tausende von Mönchen meditieren, macht sich der mäandernde Irrawaddy breit. Bohnen werden hier bald wachsen und Erdnüsse, bis sich mit der nächsten Regenzeit erneut fruchtbarer Schlamm auf den Äckern absetzt. China wollte Burmas Lebensader mit einem Damm kontrollieren, um Strom zu erzeugen, doch die neue Regierung machte den Deal rückgängig. „Ich bin vor Freude in die Luft gesprungen, als ich das gehört habe“, strahlt Myo Lwin, Kapitän der Road to Mandalay. Seit fünf Jahren steuert der 58-Jährige das mehr als 100 Meter lange frühere Rheinschiff. Orient-Express Trains & Cruises hat es in einen luxuriösen Hoteldampfer verwandelt, der von Mandalay nach Bhamo in Richtung der chinesischen Grenze fährt und im Süden der Tempelstadt Bagan einen Besuch abstattet.

Der Captain redet mit seinen Gästen auch über Politik

Als Gast darf man Kapitän Myo Lwin jederzeit auf der Brücke besuchen. Früher hat er nur referiert, was für eine Herausforderung es ist, auf dem sich ständig verändernden Fluss zu navigieren. Nun redet der Captain mit seinen Gästen auch über Politik. Weil Burma jahrzehntelang isoliert war, startete der Tourismus hier nie richtig durch. Wer sich aufmachte und als Rucksackreisender das Land individuell erkundete, musste 300 Dollar in „Foreign Exchange Certificates“ umtauschen: Monopoly-Geld, das außerhalb Burmas keinen Cent wert war. Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, deren Leben in dem im April anlaufenden Film „The Lady“ erzählt wird, forderte einen Tourismus-Boykott. Andere Oppositionelle waren da weniger streng - auch viele Burmesen, die mit der Regierung nichts zu tun hatten, profitierten von den Gästen.

Armin Schoch war einer der ersten. Der Schweizer reiste 1983 mit seiner Frau, zwei Koffern und viel Enthusiasmus nach Thailand, interessierte sich aber auch für das Nachbarland hinterm Bambusvorhang. 1994 gründete er als Joint Venture den ersten ausländischen Tour-Operator in Burma. „Wir hatten 55 Angestellte. Dazu kamen Guides, Fahrer, Besitzer von Autos und Booten, Köche, die Handwerker und Souvenirverkäufer: Das waren Leute, die unabhängig vom Staat Geld verdienen konnten.“ Inzwischen organisiert der 53-Jährige mit seiner Firma Impulse Tourism von Chiang Mai aus Spezialtouren in ganz Südostasien.

Mittlerweile haben auch europäische Veranstalter Myanmar als Trendziel neu entdeckt. „Durch die lange Abgeschiedenheit hat das Land sich seine Ursprünglichkeit bewahrt. So kann man den Buddhismus in Asien nirgendwo sonst erleben“, sagt Manuel Rose, Inhaber von Rose Travel Consulting. Der Asien-Spezialist mit Sitz am Tegernsee organisiert individuelle Reisen nach Myanmar. In den letzten Monaten häuften sich die Anfragen: „2012 wird das Myanmar-Jahr.“

Infos zu Myanmar

Anreise
Deutsche benötigen ein Visum, das vorab bei der Botschaft in Berlin beantragt werden muss (25 Euro). Botschaft der Republik Myanmar, Tel. 030 / 2 06 15 70, www.botschaft-myanmar.de. Condor steuert den Flughafen Yangon als erste europäische Fluggesellschaft ab November einmal wöchentlich per Direktflug an. Weitere Flugverbindungen bestehen via Bangkok (z. B. Thai Airways, Air Asia) und Singapur (Silk Air, Jetstar).

Reiseangebote
Rose Travel Consulting hat eine 15-tägige Luxus-Privatreise zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Landes ausgearbeitet. Im Programm sind die Fahrt auf der Road to Mandalay von Bagan nach Mandalay, der Besuch von Yangon und dem Inle-See sowie eine Badeverlängerung am Ngapali Beach (inkl. aller Flüge ca. 4900 Euro pro Person, Tel. 0 80 22 / 6 62 50, www.best-of-burma.de). Der Myanmar-Spezialist bietet auch günstigere Touren an.

Der Veranstalter One World plant unter dem Motto „Blicke hinter den Bambusvorhang“ eine 22-tägige Gruppenreise (ca. 3400 Euro, Tel. 02 31 / 16 44 70, www.reisenmitsinnen.de). Studiosus bietet die 16-tägige Wander-Studienreise „Birma aktiv erleben“ zu fünf Terminen ab 3450 Euro pro Person an (Tel. 0 08 00 / 24 01 24 01,www.studiosus.com).

Flusstouren
Der Irrawaddy ist die Lebensader Myanmars: Viele Siedlungen und Tempel, die Zeugnis von der reichen Kultur des Landes geben, finden sich an seinem Ufer. Hier ist die Road to Mandalay unterwegs, ein von Orient Express zum Luxus-Kreuzfahrtschiff umgebauter ehemaliger Rhein-Dampfer. Die Route führt von Bagan nach Mandalay und zurück. Infos unter Tel. 08 00 / 1 83 07 81,www.orient-express.com

Allgemeine Informationen
Beste Reisezeit für Myanmar ist November bis Februar. Die Temperaturen liegen dann zwischen 20 bis 30 Grad. Die lokale Währung ist der Kyat. Als zweite Währung wird inzwischen fast überall der US-Dollar akzeptiert. Kreditkarten lassen sich dagegen nur in guten Hotels und nur gegen Aufschlag nutzen.