Auf dem Bildschirm des Mobiltelefons ist die myTaxi-App zu sehen. Die Rabatte von bis zu 50 Prozent des Online-Taxi-Vermittlers bleiben in Stuttgart tabu. Das hat das Landgericht Stuttgart jetzt entschieden. Die Taxizentralen in ganz Deutschland atmen auf. Foto: dpa

Dass die Taxi-Vermittlung My Taxi Kunden mit einer Rabattaktion ködern wollte, bleibt wettbewerbswidrig. Die Taxi-Auto-Zentrale sieht durch das Urteil ihre Interessen geschützt.

Stuttgart - Die Justiz hat der Taxibranche einen Sieg gegen den technischen Fortschritt beschert. So sieht es zumindest Murat Arslan, Vorstandsvorsitzender der Taxi-Auto-Zentrale (TAZ) in Stuttgart. Arslan ist hocherfreut über das Gerichtsurteil, wonach der Konkurrent My Taxi den Taxitarif weiterhin nicht mit Rabattaktionen unterbieten darf. Die 44. Wirtschaftskammer des Landgerichts Stuttgart hat jetzt entschieden, dass die einstweilige Verfügung gegen die per App vermittelten Billigfahrten der Daimler-Tochter Bestand hat, und deren Klage abgewiesen. My Taxi hatte damit geworben, bei von ihnen vermittelten Taxifahrten den halben Preis zu übernehmen, was sich geschäftsschädigend für die telefonische Taxivermittlung auswirkte. Das Urteil könnte bundesweit Signalwirkung haben.

„Unsere Kollegen von den Taxiverbänden Leipzig, Berlin, Hamburg und Frankfurt halten engen Kontakt zu uns und dürften nach dem Urteil auch aufatmen“, sagt Arslan. Er sieht die Branche durch Mitanbieter wie My Taxi bedroht und befürchtet, dass ähnliche Unternehmen nach juristischen Schlupflöchern suchen könnten, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, indem sie versuchen, die Tarifbindung zu umgehen. „Das Urteil war ein deutliches Zeichen“, so Arslan.

Vor allem neue Unternehmen wie My Taxi, die Taxifahrten über Anwendungen mit Mobiltelefonen vermitteln, bemühen sich, mit attraktiven Rabattaktionen in die etablierten Märkte zu drängen. So auch der Taxivermittlungsdienst Uber: Er machte der Taxibranche durch die Vermittlung von Privatpersonen, die mit ihren Autos Fahrten anbieten, empfindlich Konkurrenz. Das Frankfurter Landgericht hatte den Dienst im März deutschlandweit verboten mit der Begründung, dass es gegen das Personenbeförderungsgesetz verstoße, wenn behördlich nicht gemeldete Fahrer einen Taxiservice anböten.

Digitalisierung zugunsten der Kunden als Ziel

Michael Kuhn, Kommunikationschef der Daimler-Tochter Moovel, die My Taxi betreibt, kann das Urteil aus Stuttgart nicht nachvollziehen. Er sieht den Dienst My Taxi als Modernisierer der Branche. Das Ziel des Unternehmens sei die Digitalisierung zugunsten der Kunden. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch keine Aussage machen, ob wir das Urteil anfechten werden. Wir schauen uns die Urteilsbegründung genau an und entscheiden dann über weitere rechtliche Schritte“, sagte Kuhn.

In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Richterin auf dieselben Gründe verwiesen, die auch zur einstweiligen Verfügung gegen die Rabattaktion von My Taxi in Stuttgart, Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt führte: Auch wenn My Taxi nicht selbst fahre, unterliege der Dienst einer „mittelbaren Bindungswirkung“, da er Fahrten nicht nur vermittle, sondern mit der Rabattaktion auch in die Zahlungsabwicklung involviert sei. Somit sei für My Taxi der Taxitarif genauso verbindlich wie für alle anderen Taxiunternehmen. Die Verfahrenskosten in Höhe von 50 000 Euro muss My Taxi zahlen.

Das Urteil aus Stuttgart könnte die Fronten zwischen der ehemals partnerschaftlich miteinander agierenden TAZ und Daimler weiter verhärten. 60 Prozent der rund 90 000 Fahrzeuge im deutschen Taxigewerbe tragen einen Stern. Kritiker aus der Taxibranche werfen dem Automobilkonzern vor, mehrgleisig zu fahren. Einerseits unterstütze der Branchenriese bestehende Taxistrukturen, andererseits investiere er in Konkurrenzunternehmen wie My Taxi oder den Carsharing-Dienstleister Car2go.

„Solange My Taxi regulär arbeitet, akzeptieren wir das. Allerdings überzieht man mit dieser Rabattaktion. Wir sind sehr enttäuscht“, hatte Michael Müller, Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes (BZP), im Mai gesagt. Daimler ist Fördermitglied im Verband und dort ein wichtiger Geldgeber.

Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband begrüßte das Urteil. Die festgelegten Preise dienten dem Schutz der Kunden und gewährleisteten, dass „Mobilität in Stadt und Land für alle Bürger an 365 Tagen rund um die Uhr verfügbar“ sei. Beim Verbraucher könne die Freude über ein Schnäppchen nur kurz währen, denn wenn ein Vermittler einen gewissen Marktanteil erreicht habe, nutze er diese Marktstellung, um deutlich höhere Provisionen durchzusetzen.