Ein Mann der klaren Worte: Gerhard Mayer-Vorfelder Foto: dapd

DFB-Ehrenpräsident Mayer-Vorfelder will, dass die Nationalspieler die Hymne mitsingen.

Stuttgart - Der Mann war Kultus- und Finanzminister im Lande, er war VfB- und DFB-Präsident und saß in den höchsten Gremien von Fifa und Uefa. Gerhard Mayer-Vorfelder ist also viel herumgekommen in der Welt, und das ist mit 79 Jahren nicht anders. Die Koffer von seiner Reise zur EM in Polen und der Ukraine sind gerade ausgepackt, nun geht er schon wieder auf Tour: Am Montag fliegt er zu den Olympischen Spielen nach London, sogar in offizieller Mission: MV leitet die Spruchkammer für das Fußballturnier. Und zwischendrin lässt er alle Welt an seinen Erlebnissen teilhaben.

Gerade hat er seine Biografie („Ein stürmisches Leben“) vorgestellt, da ist sein nächstes Buch im Handel. „Man musste mich nicht schlagen, damit ich es schreibe“, sagte er bei der Präsentation von „Die Fußball-Europameisterschaft 2012“ (Viermament, ISBN 978-3-9815334-0-8, 24,90 Euro). Genau genommen hat es ein anderer für ihn geschrieben, aber über Fußball reden, das tut er immer noch selbst und wie gewohnt: im Klartext.

Den Vertrag mit Joachim Löw als VfB-Trainer hat er einst nicht verlängert, weil er ihm einen Autoritätsverlust vorhielt: „Fußballprofis sind wie Kinder. Da brauchst du Autorität.“ Und die beginnt bei Länderspielen bei der Hymne. Schon immer habe er zum jetzigen Bundestrainer Löw gesagt: „Ich erwarte, dass deutsche Nationalspieler die deutsche Nationalhymne mitsingen.“ Dumm nur, dass sich bei der EM wieder kaum einer daran gehalten hat – sehr zum Ärger von MV. Von Löw bekommt er zu hören, das könne man von Spielern mit Migrationshintergrund nicht verlangen – MV, der langjährige Rechtsausleger der Politik, tut es doch: „Wer deutscher Staatsangehöriger ist, kann nicht sagen: Ich bin ein halber Deutscher. Dann muss ich mich dazu bekennen.“ Und so fordert MV: „Löw soll die Spieler dazu anweisen. Und wenn sich einer weigert, gehört er nicht mehr berufen.“

Siegen oder fliegen? Nein, bei MV heißt es: Singen oder fliegen.

Bis auf diese vermeintliche Verletzung der Aufsichtspflicht habe er nichts gegen Joachim Löw, beteuert MV. Das EM-Aus gegen Italien? „Wenn es schiefgeht, ist jeder gescheiter.“ Die Idee von Uefa-Präsident Michel Platini, die EM künftig in mehreren Länder auszutragen? Insgeheim hält er das für eine Spinnerei, aber er sagt: „Ich muss ihn mal fragen, wie er sich das vorstellt.“ Elektronische Hilfsmittel im Fußball? „Wehret den Anfängen“, warnt Mayer-Vorfelder, „irgendwann prüfen wir nach jedem Zweikampf, ob es foul war oder nicht.“ VfB-Präsident Gerd Mäuser? Dessen „keusche Zurückhaltung“ gefällt ihm: „Wenn man nicht die große Erfahrung im Fußball hat, ist es gut, nicht den Zampano zu spielen.“

Da ist Sepp Blatter ein anderer Kerl. Der Verdacht von Korruption mag noch so häufig auf den Fifa-Präsidenten fallen – MV hält zu ihm: „Immer ist sein Name im Spiel, als ob er der korrupteste Mensch wäre – aber das ist er nicht“, sagt MV, „ich würde meine Hand ins Feuer legen, dass Blatter noch nie einen Euro in die Hand genommen hat oder sich hat bestechen lassen.“ Und Blatters Andeutung, die Vergabe der WM 2006 an Deutschland könne erkauft gewesen sein? Da ist sich MV, von 2001 bis 2006 DFB-Präsident, ganz sicher: „Ich halte es für ausgeschlossen, dass hinter meinem Rücken Geld geflossen ist.“