Der Schlagwerker Jogi Nestel trotzt den winterlichen Temperaturen und sorgt mit einem Steel Drum Orchester für karibische Klänge in Sindelfingen.
Trinidad, Tobago, Barbados oder Schwabenländle? Am Freitagvormittag spielt die Musik jedenfalls in Sindelfingen. Und sie schallt aus dem Schlagzeugraum der dortigen Musikschule (SMTT). Zehn Musikbegeisterte folgen dem Ruf des Schlagzeugers Jogi Nestel, der an der SMTT unterrichtet und nun das erste Steel Drum Orchester einer deutschen Musikschule gründen will.
Die meisten Teilnehmer der Schnupperrunde haben oder hatten bereits Schlagzeugunterricht bei Nestel oder sind anderweitig mit der Musikschule verbandelt, wie zum Beispiel Sonja Rupp, die Elementare Musikpädagogik, insbesondere für Menschen mit Behinderung, anbietet. Das Angebot Nestels hat sie so gepackt, dass sie bereits vor einem Jahr mit ihrem Ehemann nach Bath in England reiste, um bei Toussaint Clarke, einem Steelpan-Bauer mit karibischen Wurzeln, zwei Instrumente zu erstehen. Am Freitagvormittag ist ihr achtjähriger Enkel Tobias beim ersten Treffen mit dabei. Der hat bereits bei Oma und Opa Blut geleckt und nutzt, nach nur zwei Stunden Schulunterricht, die Gelegenheit, selbst ein paar Schläge mit den Großen machen zu dürfen.
Erfahrungen bei Oma und Opa gesammelt
Die Schlägel sind, wie für Kinderhände gemacht, klein; dann gilt es, die richtigen Stellen auf den Tonfeldern zu treffen, rhythmisch korrekt natürlich. Bei den Großeltern konnte er bereits ein paar Erfahrungen sammeln, sodass einfache Grooves schon ganz gut gelingen. „Das waren schöne Klänge, aber irgendwann auch zu anstrengend“, befindet Tobias nach dem Vormittag.
Ein wenig zu kämpfen hatten zunächst aber auch die Erwachsenen. Im Gegensatz zur gängigen europäischen Musik spielen die Offbeats eine große Rolle und betonen die karibische Leichtigkeit. Die Klangflächen der Instrumente sind konkav in Feinblech getrieben, in Form eines runden Klangkörpers, und folgen, was die Tonplatzierungen anbetrifft, keinem festgelegten System. Im Gegensatz zu den pentatonisch gestimmten Handpans, wie man sie ab und zu in städtischen Fußgängerzonen sieht, verfügen die Stahlpfannen über ein viel breiteres Tonspektrum, was das Spielen nicht unbedingt vereinfacht. Die Anordnung der Töne erscheint anfangs wie blankes Chaos. Aus gutem Grunde sind deshalb die Anspielflächen mit kleinen Aufklebern versehen, damit man Es, B, Fis, C, und wie die Noten alle heißen, trifft. Nestel teilt gleich zu Beginn die Teilnehmer nach vermeintlichen musikalischen Vorerfahrungen ein. Dadurch steht auch in kürzester Zeit ein wohlklingender Karibik- Sound im Raum.
Nächster Termin: 28. Februar
Verschiedene Stimmen einer Steel Drum-Bearbeitung liegen auf den Notenständern. Da alle notenkundig sind, scheint das Lesen der Zweiklänge kein Problem darzustellen, das Finden der Klangflächen ist jedoch für einige Neuland. Dennoch ist das, was nach eineinhalb Stunden zu hören ist, nicht von schlechten Eltern. „Ich freue mich, dass wir gleich beim ersten Mal so weit gekommen sind“, staunt Nestel am Ende. Mit einem Lächeln verabschiedet man sich bis zum nächsten Mal.
Das soll am Freitag, 28. Februar, am selben Ort zur selben Uhrzeit stattfinden. „Wer sich mal an einer Steel Drum ausprobieren will, ist herzlich willkommen“, freut sich Nestel auf weitere Interessenten. Noch sei man im „Findungsstadium“ und die Teilnehmer könnten sich im Laufe der Zeit auf das Instrument festlegen, das ihnen am meisten zusagt. Von High Tenor über Guitar Pan, Double Second Pan und Bass Pans, stehen einige Größen mit unterschiedlichen Tonumfängen zur Verfügung. Eine feste Formation zu gründen, die ein spielfähiges Orchester zum Ziel hat ist Nestels großer Wunsch. „Die Meisterschaftsfeier von Bayern München könnte ein Ziel sein“, scherzt der Trommelmeister augenzwinkernd.