Auch der Klavierunterricht und die betreuten Übezeiten gehören zum Musikzug der Ganztagsgrundschule. Foto: Lerchenrainschule

Im kommenden Schuljahr startet an der Lerchenrainschule in Stuttgart ein Musikzug für Ganztagsgrundschüler. Damit gibt es in der Landeshauptstadt erstmals einen Unterbau für das Musikgymnasium Ebelu. Den Instrumentalunterricht übernehmen Musikschullehrer.

Do, re, mi, fa, so, la, ti, do: Diese Tonleiter werden die künftigen Erstklässler im Musikzug der Lerchenrainschule schon bald schmettern können – und zwar vom Blatt und in der richtigen Tonlage. Denn mit der Musikbetonten Grundschule, wie das Konzept offiziell heißt, betritt Stuttgart Neuland. Und die Lerchenrainschule im Süden der Stadt wird damit erstmals einen Unterbau für das Eberhard-Ludwigs-Musikgymnasium liefern. Damit schließe man eine Lücke in der Bildungslandschaft, wie Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) beim Beschluss des Konzepts vor einem Jahr betont hatte. Das Konzept ist eine spezifische Weiterentwicklung der an mehreren Ganztagsgrundschulen angebotenen „Musik für alle“. Es richtet sich an musisch begabte und interessierte Kinder.

Das Besondere an dem neuen Musikzug: Die Kinder erhalten bereits in der ersten Klasse eine musikalische Grundausbildung mit Rhythmik, Singen, Tanzen, ab der zweiten Klasse sei Gehörbildung dran. Und schon die Erstklässler lernen spielerisch, vom Blatt zu singen, wie Friedrich-Koh Dolge erläutert – „das hat natürlich Vorteile beim Erlernen eines Instruments“, sagt der Leiter der Stuttgarter Musikschule, mit der die Lerchenrainschule kooperiert. Bereits in der zweiten Hälfte der ersten Klasse wählen die Kinder ein Instrument aus, nachdem sie vorher viele verschiedene Instrumente kennengelernt haben – etwa Bratsche, Klavier, Posaune, Gitarre oder Schlagzeug. Und sie bekommen nicht nur jede Woche eine Stunde Einzelunterricht, sondern auch täglich begleitete Übezeiten. „In dieser Form ist das bundesweit einzigartig“, so Dolge.

Kein Kind wird aus finanziellen Gründen ausgeschlossen

Vorteil für die Kinder: Den Einzelunterricht erhalten sie im Rahmen des Ganztags von Lehrern der Musikschule, die dafür an die Lerchenrainschule kommen. „Auch Kinder, die sonst keine Chance hätten, können das ausprobieren“, sagt Sabrina Rogall. Es gehe da auch um Bildungsgerechtigkeit. Friedrich-Koh Dolge betont: „Kein Kind muss aus finanziellen Gründen ausgeschlossen werden.“ Denn gebührenpflichtig sei lediglich der Einzelunterricht zu Musikschulkonditionen: also bei 45-Minuten-Einheiten für 117 Euro pro Monat. Kinder mit Familiencard erhielten 20 Prozent Ermäßigung, Kinder mit Bonuscard 90 Prozent – nehme man die Bundesmittel für Bildung und Teilhabe hinzu, ist der Unterricht für sie sogar kostenlos.

Der Musikzug sei „schon leistungsbetont, aber auch zugangsoffen und durchlässig“, erklärt Dolge: „Wir werden pädagogische Rückmeldung geben.“ Rogall ergänzt: „Wir haben nicht die Erwartung, dass jedes Kind anschließend auf dem Musikgymnasium landet.“ Falls sich herausstelle, dass ein Kind doch nicht so musikaffin sei, könne es trotzdem an der Schule und sogar in der Klasse bleiben und dort dann eben in den allgemeinen Ganztag wechseln.

Auch Kinder aus anderen Schulbezirken dürfen kommen

16 Erstklässler hätten sich im Februar für den neuen Musikzug angemeldet, berichtet die Rektorin der Lerchenrainschule. Aber durch Umzug und Rückstellung seien es jetzt nur noch elf Kinder. „Wir haben noch Kapazität für fünf oder sechs weitere Kinder“, sagt Sabrina Rogall. Willkommen seien auch Kinder aus anderen Schulbezirken. Die Eltern müssten nur einen Umschulungsantrag beim Schulamt stellen, der werde dann automatisch bewilligt. Die Rektorin versichert aber: „Wir werden im Herbst definitiv an den Start gehen.“

Musikbewegt sind an der Lerchenrainschule nicht nur die Schüler. „Auch wir Lehrer singen und musizieren einmal in der Woche zusammen“, berichtet Rogall. Das sei sehr bereichernd. „Wir merken, wie gut es uns damit geht – auch nach dem Corona-Lockdown.“ Dessen Folgen bekommt die Stuttgarter Musikschule offenbar nicht so zu spüren wie andere im Land – „viele haben Federn lassen müssen“, weiß Dolge. Hier hingegen stünden immer noch 1500 Kinder auf der Warteliste für einen Instrumentalunterricht. Besonders gefragt sind Klavier, Gitarre, Geige. An musikaffinen Familien scheint es in Stuttgart nicht zu mangeln.