Die eine lebt für die Querflöte, die andere für die Bratsche: Gaby Pas-Van Riet und ihre Tochter Sophie Pas proben. Foto: factum/Granville

In Korntal-Münchingen leben einige prominente Bürger – wie Gaby Pas-Van Riet etwa: Die Flötistin war einst ein Wunderkind – und bildet heute mit ihrer Tochter Sophie Pas ein künstlerisches Duo. Am Sonntag geben die beiden ein Konzert in der Heimat.

Korntal-Münchingen - Zum Kaffee an jenem Vormittag serviert Gaby Pas-Van Riet belgische Kekse und belgische Schokolade. Die Tochter trägt dicke pinkfarbene Socken. Der sechs Monate alte Enkel schläft im Wohnzimmer. Der Lebensgefährte kommt heim, grüßt liebevoll, verschwindet in der Küche. Ein ganz normaler Tag einer ganz normalen Familie? Ja – und nein: Gaby Pas-Van Riet aus Korntal ist eine weltweit gefragte und preisgekrönte Flötistin.

Auch die Tochter der gebürtigen Belgierin, Sophie Pas, machte ihre Liebe zur Musik zum Beruf. Die stellvertretende Solo-Bratschistin im Sinfonieorchester des Westdeutschen Rundfunks (WDR) lebt in Köln, ist derzeit aber öfter im Strohgäu. Am Sonntag geben beide ein klassisches Konzert. Der Korntaler Pianist Jens Fuhr sitzt am Klavier. Erstmals treten die drei zusammen auf. Gemeinsame Auftritte sind für das Mutter-Tochter-Gespann Routine. In ihrem Metier ist dies jedoch ungewöhnlich.

Die Mutter, das Wunderkind

„Dass Eltern und ihre Kinder gemeinsam so professionell musizieren wie wir, gibt es selten“, meint Gaby Pas-Van Riet. Doch die Zusammenarbeit klappe schon immer gut. Die 59-Jährige lässt durchklingen, wie stolz sie auf ihre Tochter ist. Deren Konzerte „genieße ich sehr“. Und mit ihr auf der Bühne zu stehen, finde sie toll. Die Frauen sprechen von einem „Verhältnis auf Augenhöhe“. Man diskutiere auf der „Musikebene“ statt „Familienebene“. Gleichwohl weiß Sophie Pas um die Herausforderung, als eigenständige Musikerin wahrgenommen zu werden – zumal die Mutter als Wunderkind galt.

Als hätte sie jenen „Kampf“, wie sie es nennt, geahnt, grenzte sie sich zunächst ab. „Eigentlich wollte ich Medizin studieren“, erzählt Sophie Pas. Die Eltern – der Vater Cellist – sollten „nicht mitmischen“. Dennoch schwenkte sie kurz vor dem Abitur um. Die Liebe zur Musik war stärker. Als angehende Ärztin hätte sie diese Sehnsucht wohl aufgegeben. Zu wissen, dass sie als Hobbymusikerin ihr Potenzial nicht ausschöpft, hätte sie gestört. „Sophie ist eine Perfektionistin“, sagt Gaby Pas-Van Riet. In welchem Beruf – das überließ sie der Tochter. Die 59-Jährige hatte bei der Erziehung der vier Kinder die Devise: „Ich kann ihnen nur mitgeben, wie großartig mein Beruf ist. Machen müssen sie selbst.“

Die Tochter lernte mit fünf Jahren Geige, mit 18 wechselte sie zur Bratsche. „Sophie sollte eine gute musikalische Basis bekommen. Ich legte viel Wert auf gute Lehrer“, sagt Pas-Van Riet. Ihre Tochter nickt. „So hatte ich die Wahl zwischen Hobby und Beruf.“ Hinterfragt habe sie das Musizieren nie. „Es gehörte zum Leben wie Zähneputzen.“ Ein Streichinstrument zu studieren, bedürfe aber „ein wenig Fanatismus“: Die Stellen in Orchestern seien rar, die Konkurrenz sei so riesig wie exzellent. Sophie Pas ist froh, dass sie bei der Vorbereitung auf Probespiele von der Erfahrung ihrer Mutter profitierte.

Die Disziplin liegt in der Familie

Gaby Pas-Van Riet erhielt bereits früh Preise und Stipendien. Ihre Familie war „kein Musikerhaushalt“, trotzdem förderte der Vater sie, wo es ging. Mit 23 trat sie die Stelle der Soloflötistin im Sinfonieorchester des Südwestrundfunks an. „Orchester waren damals eine Männerdomäne“, sagt Pas-Van Riet, „dass eine Frau mitspielt, war unüblich.“ Ebenso, dass sie nach der Geburt ihrer ersten Tochter, Sophie, weiter arbeitete. „Ich habe mich durchgebissen und war schnell integriert“, sagt Pas-Van Riet. Die Disziplin verdanke sie dem Vater.

Eine Sache macht nur eine gern

Ob zwischen Mutter und Tochter je Konkurrenz herrschte? Sie verneinen. „Dafür sind unsere Berufe und Interessen doch zu verschieden“, sagt Sophie Pas. Bratschisten bräuchten ein Orchester, Flötisten könnten auch solo spielen. Gaby Pas-Van Riet unterrichtet zudem seit mehr als 30 Jahren, unter anderem als Professorin an der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücken. „Unterrichten ist nicht meins“, sagt Sophie Pas, ihr fehle die Geduld. Diesen einen Satz der Mutter unterschreibt aber die Tochter: „Die Musik ist unser Leben.“

Termin Anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums von Korntal ist am Sonntag, 27. Januar, das „Korntaler Meisterkonzert“. Es beginnt um 19 Uhr in der Stadthalle. Karten gibt es telefonisch unter 07 11 / 83 95 07 59 (Stadthalle) und 0 71 50 / 92 07 15 31 (Bücherei Münchingen).