Daniel Friedl Foto: Björn Springorum

Zwanzig Jahre Itchy: Wie man als schwäbische Punk-Band mit Witz und Würde altert. Auch MTV hatte die Musiker ins Visier genommen.

Stuttgart-West - Die Punkrocker von Itchy haben sich und ihre Fans zum 20. Geburtstag mit einem Buch beschenkt. Das ist nicht nur für Musikfans interessant: Am Ende geht es um Freundschaft, Leidenschaft und Toleranz. All die Dinge also, die wir jetzt wieder brauchen – findet Sänger und Bassist Daniel Friedl, der mitten im Stuttgarter Westen wohnt.

Es gibt Dinge, die sind Gift für eine etablierte, erfolgreiche Band mit jeder Menge Fans in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Den Sänger rauswerfen zum Beispiel oder ein Duett mit Xavier Naidoo. Auch ganz vorn dabei: Den Namen ändern. Genau das haben drei junge Männer 2017 getan, als sie sich dazu entschlossen, aus Itchy Poopzkid einfach Itchy zu machen.

Einen Aufschrei gab es da schon, erinnert sich der Sänger und Gitarrist Daniel „Panzer“ Friedl. „Aber eben eher von Menschen, die sich kurz zuvor erst unseren Bandnamen tätowiert hatten“, erzählt er beim Treffen an einer Tischtennisplatte in der schönen Elisabethenanlage. „Ehrlich, es ist schon ziemlich bekloppt, das nach 16 Jahren Bandgeschichte zu tun. Aber wir machten es, weil wir es selbst wollten. So funktionieren wir“, sagt Friedl.

Aus den 16 Jahren sind mittlerweile runde 20 geworden, der Geburtstag wird mit der reichlich bebilderten Biografie „20 Years Down The Road“ gefeiert. Darin blickt die Band zurück auf eine bewegte Zeit. Auf die Anfänge als Jugendhaus-Band, auf den Weg nach oben, auf die unzähligen Momente bei Konzerten und Festivals, auf die Höhepunkte und erfüllten Träume, auf die Tiefschläge und Peinlichkeiten. „Es war eine wirkliche Zeitreise“, so Friedl. „Wir standen nur irgendwann vor der wichtigen Frage: Wollen wir eine Biografie, die uns möglichst gut darstellt oder wollen wir ein ehrliches Buch?“

Ist Itchy die beste Band der Welt?

Itchy haben sich erfreulicherweise dagegen entschieden, ihre Rockstar-Egos mit Glorifizierungen der eigenen Karriere zu streicheln. Und schildern ebenso witzig wie rührend, wie es ist, in einer Band zu spielen und damit den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Essenz des Ganzen schildert das Trio in einem denkwürdigen Satz aus der eigenen Biografie: „Am Ende eines jeden Tages sind wir drei Freunde, die zusammen versuchen, Musik zu machen, und nicht drei Musiker, die zusammen versuchen, Freunde zu sein.“

Daran haben auch acht Alben, hunderte Konzerte und Auftritte auf den größten Rock- und Punk-Festivals nichts geändert. „Wir sehen bis heute alles nicht zu verbissen, nehmen andere Bands nicht als Konkurrenz wahr und regen uns nicht maßlos darüber auf, wenn auf der Bühne mal was schief läuft. Eine Band, die auf der Bühne keinen Spaß hat“, schlussfolgert er, „ist in meinen Augen keine gute Band.“ Das macht Itchy per Definition zur besten Band der Welt.

Das klingt mittlerweile alles sehr entspannt und reflektiert. Doch auch die drei haben schon andere Zeiten erlebt. Rund um ihr zweites Album „Time To Ignite“ (2007) gerieten Itchy (noch als Itchy Poopzkid) ins Visier des Musiksenders MTV. Die Musikvideos der Platte wurden rauf und runter gespielt, sogar als MTV-Moderatoren trat die Band damals in Erscheinung. Ein veritabler Hype um ihre Personen entstand, den Friedl als überaus unangenehm in Erinnerung behalten hat. „Damals haben mich auf der Straße ständig Leute erkannt. Nicht nur Fans, sondern irgendwelche Kids. Das fand ich eher belastend, ich fühlte mich manchmal regelrecht beobachtet.“ Er stehe dennoch unheimlich gern auf der Bühne, betont er, „und bekomme auch gern Applaus, wenn wir unsere Sache ganz okay gemacht haben. Aber ich mag es einfach, in Ruhe zum Bäcker gehen zu können.“

Am 28. August treten sie auf der Killesberger Freilichtbühne auf

Seit 20 Jahren spielt er mit seinem Sandkastenfreund Sebastian „Sibbi“ Hafner in dieser Band, Schlagzeuger Max Zimmer ist seit zehn Jahren dabei und war davor schon als Techniker auf Tour mit dabei. All das arbeiten sie auf vergnügliche, aber auch schonungslose Weise in „20 Years Down The Road“ auf.

„Ich machte damals irgendwie mein Abitur, doch ich hatte keine Ahnung, was ich danach machen möchte“, erinnert sich Friedl an die Anfänge. „Ich wusste nur, was ich nicht machen möchte. Ich wollte keinen Job, von dem ich jeden Tag unglücklich nach Hause komme. Also musste ich mir etwas einfallen lassen, was sich nicht so anfühlt. Und nach unserem allerersten Konzert fiel es mir und Sibbi wie Schuppen von den Augen. Wir sahen uns beide an und dachten: Okay, dann machen wir jetzt eben das. Und irgendwie machen wir es immer noch.“

Davon kann man sich auch endlich wieder live überzeugen: Am Samstag, 28. August, auf der Freilichtbühne Killesberg.