Ob der Schuh wohl passt? Cinderella (Luca Lawitschka) und der Märchenprinz (Robin Kops). Foto:  

Das Gustav-Stresemann-Gymnasium hat „Cinderella“ in der Schwabenlandhalle aufgeführt und das Publikum erneut mit einer Musicalproduktion verzaubert. Der Märchenstoff wurde neuartig inszeniert – und eine Darstellerin synchronisiert.

Schmiden - Dem Glück muss man manchmal nachhelfen, zum Beispiel mit einer Glücksfee. So wie im Märchen „Aschenputtel“ beziehungsweise „Cinderella“. Aber was, wenn die Glücksfee Pech hat und ihr die Stimme wegbleibt? Dann stellt man ihr eben eine zweite Fee an die Seite. Die Rettung nicht nur für die Märchenfigur Cinderella, sondern die Aufführung insgesamt.

Die hörbar heisere Amelie Zerweck in der Rolle der zauberhaften Fee hätte an dem Abend wohl keinen Ton getroffen

Als das Publikum bei der Begrüßung erfuhr, dass die Glücksfee zwar tanzen und sprechen könne, aber nicht selber singen würde, wusste noch niemand so recht, wie das funktionieren soll. Die hörbar heisere Amelie Zerweck in der Rolle der zauberhaften Fee hätte an dem Abend wohl keinen Ton getroffen. Hanna Kohl sprang ein, aber nur als Sängerin. Mit ihren hervorragenden Gesangspartien und exakter Lippensynchronisation gelang das Zauberstück: eine singende und tanzende Fee, zeitgleich gespielt und gesungen von zwei Künstlerinnen.

Glück gehabt, zugegebenermaßen das Glück des Tüchtigen. Denn die rundherum gelungene Inszenierung sah bei den letzten Proben noch gar nicht so rund aus. Auf der Zielgeraden wurde noch einmal bis spät geschuftet, korrigiert und optimiert. Die Erleichterung über die geglückte Aufführung war der gestalterischen Leitung um Ralph Nigl (Regie), Nele Gerhard (musikalische Leitung) und Fritz Schuler (Orchester) sowie Anne Schubert, Isabel Herrmann und Lisa Ritter (Choreografie) beim Schlussapplaus anzusehen.

Auch die anderen Rollen waren passend besetzt

Bis dahin begeisterte das Ensemble gut drei Stunden lang das Publikum. Luca Lawitschka war die Rolle der Cinderella, die im Hause ihrer Stiefmutter nichts mehr zu lachen hat, wie auf den Leib geschneidert. Nicht nur, weil Lucas Oma das Ballkleid schon auf dem Wiener Opernball getragen hatte, sondern auch weil sie die herzensgute und bescheidene Cinderella so bemitleidenswert spielte, dass der eine oder andere Mitleidsseufzer im Fellbacher Saal zu hören war. Elena Ganser und Irma van der Geer spielten ihre Rollen der beiden schrillen und streitsüchtigen Stiefschwestern im Trio mit Sarah Trüb, die eine überzeugende Stiefmutter verkörperte, mit derart viel Spielwitz, dass manchem Zuschauer bei dem erschreckend realistischen Zickenkrieg das Lachen im Hals stecken blieb.

Für den Schulleiter Marcus Vornhusen ist das Musical immer „das Highlight des Jahres“ am Gustav-Stresemann-Gymnasium (GSG)

Auch die anderen Rollen waren passend besetzt: Lena van der Geer gab die energiegeladene und energisch auftretende Königin, die den Laden im Königshaus mit um keinen Kalauer verlegenen Königsgatten, knuffig gespielt von Bastian Pantle, voll im Griff hatte. Robin Kops mimte den verhätschelten Prinzen im heiratsfähigen Alter. Er hatte kein Auge für die Scharen von jungen Damen, die ihm zu Füßen lagen, übrig. Nur eben für die eine, Cinderella. Mit ihr zusammen lieferte er gesanglich anspruchsvolles Duett harmonisch ab, genauso wie die diversen Tanzszenen.

Doch plötzlich fallen in den romantischsten Szenen die Akteure aus der Rolle und beginnen über Sinn und Unsinn eines Märchens in der heutigen Zeit und über die Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau zu diskutieren. Oder aber einfach auch darüber, wer denn nun auf der Bühne besser zur Geltung kommen darf. Die bewussten Brüche, um den fast ein wenig schnulzigen Märchenstoff in die heutige Zeit zu transferieren und vor allem die Perspektivwechsel mit Zeitlupen- und Zeitraffereffekten wurden vom Publikum begeistert aufgenommen.

Für den Schulleiter Marcus Vornhusen ist das Musical immer „das Highlight des Jahres“ am Gustav-Stresemann-Gymnasium (GSG). Ein Ereignis, auf das die ganze Schulgemeinschaft lange Zeit hin fiebere und natürlich auch hart darauf hinarbeite. Für das Mammutprojekt haben Schauspieler, Chor und Musiker bereits zu Schuljahresbeginn mit den Proben begonnen. Zuvor wurde das Stück von Regisseur Ralph Nigl komplett umgearbeitet. Alle gestalterischen Elemente der effektvoll ausgestatteten Aufführung passten perfekt: Das opulente Bühnenbild mit großen Hintergrundfotos, die hochkarätige Lichttechnik und ein hervorragend abgemischter Ton. Kurzum, das GSG zeigte auch mit diesem Musical eine fast professionelle Produktion. Schade, dass die Truppe damit nicht auf Tournee geht. Aber am Montag beginnt für alle wieder der normale Schulalltag. Von dem zauberhaften Abend mit der doppelten Fee werden wohl viele noch lange Zeit schwärmen.