Die Darsteller interagieren auf der Bühne mit 3-D-Projektionen, die nur fürs Publikum sichtbar sind, nicht jedoch für sie selbst: Szene aus „Polita“ Foto: www.glinka-agency.com

Der polnische Regisseur und Produzent Janusz Józefowicz verbindet im Musical „Polita“ die Sprache des Films mit der des Theaters: Seine Schauspieler interagieren mit 3-D-Projektionen auf der Bühne. An diesem Sonntag kommt die Schau nach Stuttgart.

Stuttgart - Herr Józefowicz, wieso erzählen Sie das Leben der Stummfilmikone Pola Negri im Musical?

Pola Negri war der erste europäische Star in Amerika! Aber sie wurde vergessen. Als ich begann, ihre Geschichte zu lesen, traf ich auf Menschen, die Ausstellungen zum Thema Pola Negri organisierten. Ich fragte mich, wen das eigentlich interessiert. In Polen, aber auch in Deutschland gab es jedoch recht großes Interesse an ihr. Sie ist ja in Polen geboren, aber made in Germany. Schließlich ging sie nach Hollywood, wo sie zur reichsten Schauspielerin avancierte. Diese Vita begeisterte mich. Ich entschied, „Polita“ zu produzieren. Und mir fiel ein, dass ich ja eine wunderschöne Frau habe – vielleicht könnte sie ja diese Rolle spielen.
Ihre Frau Natasza Urbańska interagiert auf der Bühne mit 3-D-Projektionen, die nur fürs Publikum sichtbar sind, nicht jedoch für die Darsteller. Wie kamen Sie auf die Idee, die aus dem Kino bekannte 3-D-Technik mit der Bühne zu kombinieren?
Ich wollte die Sprache des Films mit der des Theaters verbinden. Allerdings interessierte sich niemand für meine Idee. Potenzielle Geldgeber fragten nur: „Was soll das heißen, 3-D-Musical?“ Also nahm ich mein ganzes Geld, das ich auf der Bank hatte, und sagte: Wir ziehen das durch. Testweise drehten wir zwei, drei 3-D-Szenen, die ich mir auf einem kleinen Bildschirm ansah. Später mietete ich ein Kino, um es auf der Leinwand zu sehen. Ich lud ein paar Freunde aus Deutschland, Frankreich und Amerika ein und verkündete: „Schaut euch an, was wir hier auf die Beine gestellt haben!“ Dann projizierten wir es auf die große Leinwand – und es sah scheiße aus.
Warum?
Das fragte ich mich auch. Das Wichtigste und Teuerste an der 3-D-Technik sind die Projektorlampen. Wie ich herausfand, liefen diese im Kino nur mit halber Leistung, um deren Lebenszeit zu erhöhen und Geld einzusparen. Ironischerweise war es zu Zeiten Pola Negris ähnlich: Als der Klang in die Kinos kam, beschwerten sich die Betreiber über die zusätzlichen Gelder, die sie für Tonanlagen berappen mussten.
Sollte sich die Technik durchsetzen, könnte das Copyright für Sie Gold wert sein.
Ich habe kein Copyright! Darum hätte ich mich kümmern müssen, bevor ich es anderen vorführte. Im Nachhinein geht das nicht mehr. Wusste ich nicht. Aber es ist mir auch egal, das ist schon okay.
Glauben Sie, diese Anwendung der 3-D-Technik weist dem Bühnenspektakel den Weg in die Zukunft?
Ich finde, die 3-D-Effekte sehen auf der Bühne sogar noch besser aus als im Kino. Was man in „Polita“ zu sehen bekommt, ist aber nur der erste Schritt. Ich inszeniere mittlerweile auch „Romeo und Julia“ auf diese Art und Weise. Anfangs wusste ich ja noch gar nicht, wie diese ganze Technologie funktioniert. Ich musste mich erst mit den Schwierigkeiten auseinandersetzen – aber jetzt weiß ich Bescheid.
Welche Schwierigkeiten bereitet die Technik denn?
Zum einen kostet es unglaublich viel Zeit. Wenn man nur ein winziges Detail innerhalb einer Szene verändern möchte, dauert das manchmal zwei Wochen. Dann sieht man das neue Ergebnis. Passt es wieder nicht, beginnt das Warten von vorne. Außerdem muss man insgesamt ganz anders vorgehen: Wenn die Premiere bevorsteht, kann man nicht schnell mal was verändern, weil es einem selbst oder einem Schauspieler nicht zusagt. Man muss die Show zwei Jahre vor der Premiere im Kopf haben. Doch es ist den Aufwand wert, wenn man sich die Vorteile vor Augen führt.
Die da wären?
Beispielsweise bereitet die Lagerung aufwendiger Requisite keine Probleme mehr. Aber am wichtigsten ist natürlich die gewonnene Freiheit: Man kann mit Hilfe der 3-D-Animationen tun und lassen, was man will. Das ist das 21. Jahrhundert. Daher bin ich mir sicher, dass meine Kollegen diese Technik nach und nach verwenden werden. Auch am Broadway.
Was sagen die Schauspieler dazu?
Für die hat sich ihr Beruf gewaltig geändert! (Lacht) Sie spielen mit Dingen, die sie nicht sehen. Ich muss ihnen zurufen: „Pass auf, da kannst du nicht hingehen – da ist doch das Meer!“ Das Ganze stellt eben jeden vor neue Herausforderungen.