Ulrike Groos ist Direktorin des Kunstmuseums Stuttgart Foto: KM/ /Gerald Ulmann

Drei wichtige Ausstellungsorte, drei Direktorinnen, drei Wege, Menschen zu begeistern. Gemeinsam ist Ulrike Groos, Nicole Fritz und Claudia Emmert: der Erfolg

Ulrike Groos formuliert gerne knapp. „Dieser Erfolg“, kommentiert sie die Auszeichnung des Kunstmuseums Stuttgart als „Museum des Jahres“, „ist eine Teamleistung“. Und: „Die Kompetenz, Leidenschaft und das Engagement des Teams machen die Qualität unseres Hauses aus.“

Qualität als Gastgeber

Eine Qualität, die seit der Eröffnung des Kunstmuseum-Neubaus 2005 schon am Empfang beginnt. Markus Klein ist Erstansprechpartner, vor allem aber: Gastgeber. „Ich bin gerne hier“, sagt er. Ein kleiner Satz mit Kettenwirkung durch das gesamte Haus. Tanzende Besucherinnen und Besucher bei „I Got Rhythm“ (2015) und Ragnar Kjartanssons Szenario „Scheize – Liebe – Sehnsucht“ (2019), Begeisterung auf dem Stuttgarter Schlossplatz für Tobias Rehbergers Verwandlung der Kunstmuseums-Fassade in ein auf Musik reagierendes Lichtdisplay in diesem Sommer: Das Kunstmuseum bewegt.

Auch die deutsche Sektion des internationalen Kunstkritikerverbandes. An diesem Donnerstag wird das Kunstmuseum offiziell mit der im Februar verkündeten Auszeichnung „Museum des Jahres 2021“ geehrt. „Für uns“, sagt Ulrike Groos, seit 2010 Direktorin, „kam die Auszeichnung zum ,Museum des Jahres’ zum richtigen Zeitpunkt. Sie gab uns nach den schwierigen Monaten während der Corona-Krise ordentlich Rückenwind“.

Nicole Fritz leitet die Kunsthalle Tübingen Foto: Kunsthalle Tübingen

Diesen spürt auch Nicole Fritz. Seit 2018 lenkt sie die Kunsthalle Tübingen – und begeistert das Publikum ebenso mit ihren Ausstellungen, aktuell zum Werk des an der Stuttgarter Kunstakademie lehrenden Künstlers Christian Jankowski, wie mit einem Vermittlungs-Feuerwerk. Mit dem Titel „Museum des Jahres“ konnte sich Fritz schon 2015 schmücken – als Direktorin des Kunstmuseums Ravensburg. Jetzt darf wieder geklatscht werden: für den mit 30 000 Euro dotierten Lotto-Museumspreis des Landes Baden-Württemberg. Was treibt Nicole Fritz an? Kunstwerke sieht sie im Sinn des Kulturwissenschaftlers Aby Warburg als das „nervöse Auffangorgan“. „Als solche“, sagt Fritz, „spiegeln Kunstwerke immer auch die gesellschaftliche Haltung und Einstellung ihrer Zeit wieder. Diese möglichst vielen Menschen sichtbar, verstehbar und erlebbar zu machen, ist mein Anliegen.“

„Kunst ist für alle da“

Am liebsten, sagt sie, arbeite sie mit Kunstwerken, „die nahe am Zeitgeist sind“. Um uns Menschen als ständig Reisende geht es aktuell bei Christian Jankowski, um das ewig junge Thema Geschwister von 19. November an bei der Schau „Sisters & Brothers“. Fritz’ Anspruch „Kunst ist für alle da“ kommt an – die Kunsthalle Tübingen ist zurück auf der großen Kunstbühne.

Claudia Emmert leitet das Zeppelin-Museum in Friedrichshafen Foto: Zeppelin-Museum Friedrichshafen

Die Türen zur Kunst weit offen zu halten, zeichnet auch Claudia Emmert aus. Seit Oktober 2014 ist sie Direktorin des Zeppelin Museums in Friedrichshafen – und hält das Haus in ständigem Antritt. Als Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Mai 2021 einen „Aufbruch“ für das Land fordert, sagt sie: „Ohne Kultur kann es keinen Aufbruch geben.“

Kultur braucht Haltung

Was Kultur kann? Emmerts Dreiklang „unterschiedliche Perspektiven deutlich machen – auch die von Minderheiten und Randgruppen“, „allen eine Stimme geben“, „Teilhabe ermöglichen“ macht das Zeppelin Museum zu einer immer wichtigeren, auch digital erfolgreichen Bühne für den Dialog von Wissenschaft und Kunst. Nicht anders als Ulrike Groos und Nicole Fritz geht es Claudia Emmert bei allem Erfolg aber auch um Haltung. „Kultur“, sagt sie, „muss dem Leben in geistigen und digitalen Filterblasen eine konsequente Multiperspektivität entgegensetzen“.

Freier Eintritt bleibt ein Thema

Geht das nicht am besten mit freiem Eintritt wie an diesem Wochenende im Kunstmuseum Stuttgart? Dessen Chefin Ulrike Groos signalisiert Handlungsbedarf: „Richtig ist“, sagt sie, „dass mich das Thema freier Eintritt zumindest in die Sammlungen von Museen nach wie vor umtreibt“.