Der Silberpfeil zieht die Massen an: In der Publikumsgunst lässt das Mercedes-Benz Museum alle anderen Museen hinter sich Foto: Mercedes-Museum

Das Thema Automobilität ist ein Selbstläufer. Andere Museen kämpfen mit Besucherrückgängen.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt ist nicht nur ihrer Wirtschaftskraft und ihrer schönen Lage wegen ein Magnet für Besucher aus nah und fern, es ist auch ihr kultureller Reichtum, der dem Leben in der Stadt zwischen Wein und Reben Würze verleiht. Kultur kostet zwar viel Geld, sie bringt aber auch etwas ein, wobei sich nicht exakt bemessen lässt, wie viel Geld allein durch Museumsbesucher in den städtischen Geldkreislauf gelangt.

Leichter Rückgang auch im Porsche-Museum

Fest steht: Ein durchschnittlicher Tagesgast, der nicht in Stuttgart übernachtet, lässt hier nach Erhebungen der Stuttgart-Marketing GmbH 27 bis 28 Euro am Tag liegen . Der Durchschnittsreisende, der in Stuttgart übernachtet, gibt pro Tag 18 Euro aus, 34 Prozent für Gastronomie, Kultur oder Dienstleistungen.Wenn bei Großereignissen wie der Römerausstellung im Jahre 2006 mehr als 150.000 Menschen nach Stuttgart kommen, die alle irgendwo essen und trinken wollen und eventuell auch noch Einkäufe erledigen, dann klingelt der Euro in der Innenstadt.

Besondere Anziehungskraft hat dabei das Mercedes-Benz Museum in Bad Cannstatt. Es hat 2011 erneut mehr Besucher gezählt als im Vorjahr. Die Zahl stieg von 650.000 auf 701.000. Im Jubiläumsjahr zum 125. Geburtstag des Automobils erhöhte sich zudem die Zahl ausländischer Gäste deutlich. Leicht gesunken ist dagegen die Besucherschar im Porsche-Museum. Waren es im Jahr 2010 noch 385.000 Besucher, so sank ihre Zahl im Vorjahr auf 367.000.

Linden-Museum im Trend:  Nicht nur Technik, auch fremde Kulturen locken Menschen in Ausstellungen. Ein gewaltiges Besucherplus von 31,3 Prozent verzeichnete das Linden-Museum im vergangenen Jahr, als 84.000 Menschen in das Haus am Hegelplatz strömten, das als eines der bedeutendsten ethnografischen Museen Europas gilt. Das Gästeplus ist vor allem der Großen Landesausstellung „Weltsichten – Blick über den Tellerrand“ zu verdanken. Deshalb will das Museum auch künftig auf große Landesausstellungen setzen. Vom 12. Oktober 2013 an steht die Kultur der Inkas im Zentrum einer solchen Ausstellung. Auch im laufenden Jahr gibt es neben der Dauerausstellung Höhepunkte: Vom 1. April bis 14. Oktober ist eine Ausstellung den ersten Besiedlern Neuseelands, dem polynesischen Volk der Maori, gewidmet. Vom 13. Oktober bis 13. Januar 2013 gibt es eine weitere Sonderschau in Zusammenarbeit mit zehn deutschen Museen. Zu sehen sind kosbare Exponate aus dem alten Korea: Lackdosen, Vasen und Malereien.

Landesmuseum im neuen Gewand: Den stärksten Besucherrückgang der großen Stuttgarter Museen hat im vergangenen Jahr das Landesmuseum im Alten Schloss verzeichnet – von 144.224 auf 92.000 Gäste. Das Minus von 36,2 Prozent ist nicht zuletzt der Umbauphase geschuldet, in der sich das Museum gegenwärtig befindet. Am 25. Mai wird das anlässlich seines 150. Geburtstags umgebaute Museum feierlich wiedereröffnet. Danach präsentiert es seine Sammlung „Legendäre Meisterwerke“ in neuer Konzeption. Unter anderem wird ein chronologischer Rundgang eingeführt. Im zweiten Stock verbindet dafür ein gläserner Gang auf der Altane die bisherigen Abteilungen miteinander. Weil die Besucher in der Vergangenheit vor lauter Bäumen oft den Wald nicht mehr gesehen haben, wird die Zahl der Exponate deutlich reduziert. Dadurch erhöht sich auch die Wirkung der einzelnen Ausstellungsstücke auf den Betrachter. In sogenannten Epochenboxen in den Türmen des Alten Schlosses werden Sonderthemen wie Identität oder Religion gezeigt. Auch das Landesmuseum setzt auf die Magnetwirkung der Großen Landesausstellungen und will vom 15. September bis 17. Februar zusammen mit dem Archäologischen Landesmuseum Gäste aus dem In- und Ausland in Scharen in „Die Welt der Kelten: Zentren der Macht – Kostbarkeiten der Kunst“ ins Alte Schloss und ins Kunstgebäude locken. Anhand von 1800 Exponaten dokumentiert die Keltenschau der Superlative den Einflussbereich der keltischen Kultur vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer und von Schottland bis zum Mittelmeer.

 Staatsgalerie mit Mythos Atelier: Auch die Staatsgalerie verzeichnete im vergangenen Jahr einen Besucherrückgang von 227.000 auf 200.000. Die Große Landesausstellung „Mythos Atelier – von Caspar David Friedrich bis Bruce Naumann“ vom 27. Oktober 2012 bis 10. Februar 2013 soll dies ausbügeln. Sie zeigt, wie sich die Atelierdarstellungen vom Künstlerselbstporträt der Renaissance vom frühen 19. Jahrhundert an zum facettenreichen eigenständigen Thema entwickelt haben. Illustriert wird dies mit Werken von Caspar David Friedrich, Adolph Menzel, Edouard Monet, Pablo Picasso, Henri Matisse, Ernst Ludwig Kirchner, Max Beckmann, Constantin Brancusi, Kurt Schwitters, Alberto Giacometti , Bruce Nauman, Josef Beuys, Dieter Roth, Paul McCarthy und Lois Renner.

Bernstein im Naturkundemuseum: Von 207.000 im Jahr 2010 auf 188.904 im vergangenen Jahr ist die Besucherschar im Naturkundemuseum geschmolzen. Doch im Mai gibt es in den beiden Häusern Schloss Rosenstein und Museum am Löwentor etwas zu feiern: Die Fördergesellschaft, die das Museum mit gegenwärtig rund 1000 Freunden und Förderern unterstützt, begeht ihren 100. Geburtstag. Zum Gründungsdatum des Vereins am 6. Mai zeigt das Museum Ausstellungsstücke, die der Verein gestiftet hat, darunter die Bernsteinsammlung.

Ausflug ins Dreiländereck: Kräftig Federn gelassen hat auch das Haus der Geschichte im vergangenen Jahr mit einem Besucherminus von 24,6 Prozent. Jetzt hofft man darauf, dass sich das Landesjubiläum in diesem Jahr positiv auswirkt. Wer die passende Ausstellung zu 60 Jahre Baden-Württemberg sucht, wird allerdings in Freiburg im Augustinermuseum fündig. Dort arbeitet das Stuttgarter Museum das Thema „Liebe Deinen Nachbarn – Beziehungsgeschichte im Dreiländereck“ auf. Präsentiert werden politisch geprägte Begegnungen von Menschen über die Ländergrenzen Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz hinweg.