In der Muse-O-Ausstellung in Gablenberg werden in einer Vitrine Beispiele für alle gängigen Spurweiten von Modelleisenbahnen gezeigt. Foto: Jürgen Brand

Im Muse-O in Gablenberg ist eine Ausstellung über Modelleisenbahnen eröffnet worden. In einem Raum wird informiert, im anderen kann mit Eisenbahnen aller Art gespielt werden.

Gablenberg - Otto Autenrieb muss viel Geduld gehabt haben. Der Gaisburger – seine Adresse war die Landhausstraße 267 – sammelte Zigarrenkistchen und bastelte daraus kleine Fachwerkhäuser. Die waren bunt bemalt und eine wunderbare Kulisse für Modelleisenbahnen. Autenrieb nummerierte jedes seiner kleinen Kunstwerke, die er in der Nachkriegszeit für drei D-Mark verkaufte. Seine Produktion stoppte irgendwo zwischen 1000 und 2000 Häuschen. Entsprechend wenige davon sind erhalten – und einige sind im Muse-O in Gablenberg zu sehen.

„Meine erste Eisenbahn“ heißt die Ausstellung, die die Muse-O-Räume bis weit ins neue Jahr hinein teilweise in ein großes Spielzimmer verwandelt. Da gibt es eine alte Lego-Eisenbahn, eine Brio-Holzeisenbahn oder auch eine Märklin-Bahn im Maßstab H0, wie sie in den 1950er bis 1970er Jahren in vielen Kinderzimmern stand. Mit all diesen Eisenbahnen kann gespielt werden – und viele Kinder (und Erwachsene) hatten bei der Eröffnung am vergangenen Sonntag schon viel Spaß.

Früher gab es eine Spielwarenindustrie in Stuttgart

Dazu haben die Ausstellungsmacher – Ulrich Gohl und Martin Ehmann vom Museumsverein Stuttgart-Ost sowie der begeisterte Modellbauer Jürgen Petrik – viele Informationen über Modelleisenbahnen allgemein und die Spielwarenproduktion in Stuttgart zusammengetragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in der Stadt eine – so Ulrich Gohl – „lebhafte Spielwarenindustrie“, von der allerdings kaum noch etwas übrig geblieben ist. Otto Autenriebs kleine Gaisburger Produktion war nur eine von mehreren derartigen Unternehmungen im Stuttgarter Osten. So gab es in Gablenberg einst eine Produktionsstätte für Modellbahnschienen und die bekannte Modellbaufirma Graupner hatte ihre Wurzeln ganz in der Nähe im Nachbarstadtbezirk Wangen, wo auch Modellbahnzubehör hergestellt wurde. Oft ist von den kleinen Betrieben aber kaum mehr als der Name bekannt. Gohl: „Da ist noch ein bisschen Forschungsarbeit notwendig.“

Eine der Informationstafeln beschäftigt sich mit geplanten oder gebauten Eisenbahnanlagen in Stuttgart-Ost, angefangen von einer einmal konzipierten Bahntrasse vom Hauptbahnhof kommend Neckar aufwärts auf der Gaisburger Seite bis hin zu den Tunneltrassen von Stuttgart 21. Die sogenannte linksufrige Neckarbahn war im Jahr 1900 von der Württembergischen Staatsbahn geprüft worden. Zu den Plänen gehörten auch ein 700 Meter langer Raitelsbergtunnel und ein neuer Bahnhof Gaisburg. Verwirklicht wurden diese Pläne nie. Dafür wurde 1905 eine Verbindungsbahn vom Güterbahnhof Untertürkheim über Wangen nach Gaisburg mit einem Anschlussgleis bis zum Gaswerk gebaut. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Bahn ausgebaut, inklusive dem neuen Güterbahnhof Gaisburg und den Bahnhöfen Viehhof und – ab 1957 – Großmarkt. Heute sind große Teile der Strecke demontiert, nur der Großmarkt und das Kraftwerk Gaisburg sind noch auf der Schiene erreichbar.

Die Raichbergbahn stammte vom Kochenhof

Eine andere „echte“ Eisenbahn im Stuttgarter Osten war die Raichbergbahn. Deren Geschichte begann im damaligen Ausflugslokal „Affenparadies“ am Kochenhof. Als das Gelände 1936 für die Reichsgartenschau geräumt wurde, blieb der kleine Zug namens Moritz zunächst auf der Strecke. „Der in Gaisburg wohnhafte Stadtrat Dr. Otto Schwarz, ein einflussreicher Nationalsozialist, ließ die am Kochenhof nicht mehr benötigte Bahn auf den Raichberg bringen, wo sie ab März 1937 lief“, heißt es auf einer der Infotafeln in der Ausstellung. Die Raichbergbahn fuhr auf dem Gelände des von den Sozialdemokraten gegründeten Waldheims, das 1933 von den Nazis enteignet worden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg soll sie dann noch bei der Bundesgartenschau im Einsatz gewesen sein.