Auf dem Dorfplatz in Murr ist das Parken schon immer erlaubt. Foto: Oliver von Schaewen

Ein junger Mann hat bei der Bürgerfragestunde einen autofreien Dorfplatz ins Gespräch gebracht.

Murr - Ein autofreier Dorfplatz – diesen Wunsch hat ein junger Mann bei der vergangenen Bürgerfragestunde Mitte September geäußert. Eine Sperrung an den Wochenenden wäre ein Gewinn für die Gemeinde, so seine Meinung. Einen Begeisterungssturm rief sein Vorschlag bei Bürgermeister Torsten Bartzsch während und nach der Sitzung nicht hervor: Der Dorfplatz sei Ende der 80er-Jahre bewusst auch für Autos zum Parken angelegt worden, da dies für ein lebendiges Laden- und Dienstleistungsangebot in der Ortsmitte unabdingbar sei – auch am Wochenende. Der Platz sollte der Bevölkerung kurze Wege zwischen Rathaus und Geschäften ermöglichen. „Der Dorfplatz ist kein Platz für einen langen Aufenthalt“, erläutert Bartzsch im Gespräch mit unserer Zeitung, „Wenn wir den Platz sperren würden, wäre er nicht automatisch belebt. Dazu wären weitere Maßnahmen nötig.“ Bisher ist der Dorfplatz an zwei bis drei Tagen im Jahr für Autos gesperrt: während des Krämermarkts und des verkaufsoffenen Sonntags. Eine Änderung kann der Gemeinderat beschließen.

Das Thema ist für Bartzsch nicht neu. Immer wieder käme es in Murr auf, zuletzt vor etwa drei Jahren. Und nun gebe es seit kurzem sogar noch ein weiteres Argument gegen die Sperrung des Platzes: die neuen E-Ladesäulen für Elektroautos stehen ebenfalls dort und müssen angefahren werden. „Eine Sperrung für Autos wäre sehr aufwendig für uns, weil wir die Zufahrt für die Elektroautos, für die Händler beim Wochenmarkt, für die Anlieferung der Geschäfte und bei Notfällen gewährleisten müssen.“ Wenn die Gemeinde eine Person mit der Schließanlage betraut, koste das natürlich Geld.

Gleichzeitig appelliert er aber auch an die Freiwilligkeit der Bürger: „Wir haben eine Tiefgarage unter dem Platz und trotzdem beobachte ich oft, wie Autofahrer während der Parkplatzsuche auf dem Dorfplatz hin- und herfahren. Ich verstehe nicht, warum die Bürger ihr Auto nicht einfach in der Tiefgarage abstellen.“ Ein autofreier Dorfplatz liege also auch in der Verantwortung jedes Einzelnen.

Auch bei den Vorsitzenden der Fraktionen im Murrer Gemeinderat stößt der Vorschlag aus der Bürgersprechstunde größtenteils auf Kritik. Zwar weiß Gunter Hekel von den Freien Wählern einen autofreien Dorfplatz wie beim verkaufsoffenen Sonntag zu schätzen, schwerer wiegen für ihn allerdings die Nachteile für die dort ansässigen Geschäfte: „Der Platz wurde damals angelegt, um Händler herzubringen. Auch die Kreissparkasse braucht eine Zufahrt. Das können wir nicht einfach ändern.“ Außerdem sei der Dorfplatz bei schlechtem Wetter und im Winter für einen langen Aufenthalt sowieso nicht gefragt – ob dort Autos parken würden oder nicht.

„Wenn wir den Dorfplatz für Autos sperren, wird das viel Unmut bei den Bürgern erzeugen“, gibt Rainer Fröbel von der SPD zu bedenken, „Und dafür ist das Thema nicht dringend genug.“ Auch er befürchtet eine Schwächung der Geschäfte am Dorfplatz, wenn dort keine Autos mehr erlaubt sind. Er habe die Einrichtung des Platzes damals mitbekommen und wisse, dass die Geschäfte Bedingungen stellen, zu denen eben auch Parkplätze gehören. Die Gemeinde müsse sich andere Konzepte zur Belebung des Platzes überlegen.

Tayfun Tok, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Murrer Gemeinderat, sieht den Vorschlag als einen Baustein für einen attraktiveren Dorfplatz, auf dem sich die Bürger gerne aufhalten. Er plädiert dafür, den Dorfplatz zunächst an zwei oder drei Wochenenden im Jahr für Autos zu sperren, um zu testen, wie das bei den Bürgern ankommt. „Als Pilotprojekt kann ich mir das sehr gut vorstellen“, erklärt er, „aber die Gemeinde muss auf jeden Fall die Anwohner und Geschäfte mit einbeziehen.“

Eugen Hoffmann, der Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion, kann einem autofreien Dorfplatz nichts abgewinnen: „Wenn der Dorfplatz autofrei wird, werden die dortigen Geschäfte schließen. Sie leben davon, dass die Kunden direkt davor parken können. Das ist sehr vielen von ihnen wichtig.“ Seiner Meinung nach würde ein Dorfplatz auf dem das Parken nicht möglich ist, für eine ausgestorbene Ortsmitte sorgen.