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Schutz vor sexualisierter Gewalt

 

Die landesweiten Aktionstage zum Kinder- und Jugendschutz 2025 haben begonnen. Das Jugendhaus Murr beteiligt sich daran und wird dabei unter anderem vom Sozialministerium unterstützt. In diesem Rahmen war vergangene Woche zweimal die Sexualwissenschaftlerin Ayke-Vanessa Böhmer zu Gast im Jugendhaus Murr: Am Montagabend hielt sie einen Vortrag für Eltern . Am Mittwochnachmittag leitete sie einen Workshop für Kinder und Jugendliche ab acht Jahren.

Im Vortrag für Eltern ging es zunächst um grundlegende Aufklärung. Sexueller Missbrauch habe nicht zwangsläufig mit Pädophilie zu tun, sondern oft mit Machtmissbrauch. Die Täter – meist Männer – stammten fast immer aus dem nahen sozialen Umfeld. Studien zufolge seien 11,8 % aller Menschen betroffen – also etwa jede achte Person. Sexualisierte Gewalt sei dabei nicht ausschließlich auf die Genitalien bezogen, sondern beginne bereits mit ungewollten Berührungen, etwa der Haare oder des Gesichts, oder mit verbalen oder digitalen Übergriffen. In jeder Schulklasse sitze mindestens ein Kind, das betroffen sei. Leider blieben 50 % der betroffenen Kinder und Jugendlichen still. Sie schwiegen aus Angst, aus Scham, weil sie sich mitschuldig fühlten, manipuliert oder bedroht würden – oder aus falsch verstandener Loyalität und Angst vor den Folgen. Jüngeren Kindern fehle manchmal das Verständnis dafür, dass es sich bei dem als unangenehm empfundenen Verhalten um sexualisierte Gewalt handele, oder sie hätten keine Worte dafür.

Hier setzt die Prävention an: Wie können wir Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt schützen? Indem wir eine vertrauensvolle Beziehung zu ihnen aufbauen, ihre Grenzen achten, offen mit ihnen über Beziehungen und Gefühle sprechen, Körperteile beim Namen nennen und ihnen vermitteln, dass sie auch „Nein“ sagen dürfen – etwa, wenn die Oma sie zu fest umarmt. Aber auch Erwachsene müssen sich selbst reflektieren: Wie bin ich aufgewachsen? Welche Themen oder Tabus gab es in meiner Herkunftsfamilie? Es sei wichtig, hinzusehen, hinzuhören, nachzufragen und sich einzumischen, wenn man Übergriffe beobachte oder vermute. Eine Zuhörerin wies darauf hin, dass man dem Jugendamt auch anonym eine Kindeswohlgefährdung melden könne. Daraus entstand eine emotionale Diskussion über ein Thema, das alle der knapp ein Dutzend Anwesenden sehr bewegte. Die Referentin empfahl Beratungsstellen und Hilfetelefone, etwa die „Nummer gegen Kummer“ sowie das Eltern- und Kindertelefon des Kinderschutzbundes Ludwigsburg, der übrigens derzeit Ehrenamtliche für den Telefondienst sucht.

Im Workshop für Kinder mit dem Titel „Weil du wertvoll bist“ begegnete die Sexualwissenschaftlerin den achtzehn Mädchen und Jungen im Grundschulalter spielerisch und auf Augenhöhe. Ausgehend von Themen wie Körperpflege, körperlichen Veränderungen in der Pubertät und allgemeiner Aufklärung sprach sie auch über Körperstellen, an denen man nicht berührt werden möchte. Sie gab kleine Tipps – etwa, dass Eltern beim Arztbesuch mit ins Behandlungszimmer gehen sollten und dass es in Ordnung ist, „Nein“ zu sagen, auch wenn man jemanden sehr gern hat, wie zum Beispiel die Oma, deren feuchte Küsse man unangenehm findet. Man solle stets auf das eigene Bauchgefühl hören. Nebenbei informierte sie über gute und schlechte Geheimnisse, den Unterschied zwischen Petzen und Hilfe holen und darüber, dass es bei bestimmten Problemen sinnvoll sei, sich an Erwachsene zu wenden – und nicht (nur) an Gleichaltrige.

Die nächste Veranstaltung zum Thema Kinderschutz im Jugendhaus ist ein Selbstbehauptungstraining für Jungs ab elf Jahren, das am Mittwoch, den 14. Mai, von 18:00 bis 19:30 Uhr stattfindet. Anmeldung und weitere Informationen unter: jugendhaus.murr@gmx.de. Weitere Termine folgen und werden auf unserer Homepage bekanntgegeben.

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