Die Landwirtschaft in Rumänien hat sich entwickelt. Sie bildet das rückgrat für den Betrieb der Mühle und der Bäckerei, die das Kinderheim mitversorgen.
Murr - Viel hat sich schon zum Guten gewandelt seit dem Fall des Eisernen Vorhangs. Als Mann der ersten Stunde erinnert sich der Erdmannhäuser Horst Stegmaier noch an die Bilder, die er am Anfang in Zsobok sah. „Die Gebäude waren zerfallen, Maschinen standen herum.“ Planwirtschaft pur – für den Landwirt und damaligen CDU-Gemeinderat, der gewohnt war anzupacken, eine Herausforderung. Und so schloss sich der heutige Zweite Vorsitzende des Fördervereins Kinderheim Zsobok der Rumänienhilfe an, aus der später der Hilfsverein hervorging.
Zunächst einmal organisierte Horst Stegmaier mit Kollegen einen Transport von alten landwirtschaftlichen Maschinen. „Wir sammelten alte Traktoren und Schlepper, damit die Felder bestellt werden konnten.“ Doch in der Ära Ceausescu war in den Kolchosen das Wissen um die bäuerliche Arbeit in Vergessenheit geraten. „Im Kommunismus waren die Leute gewohnt, dass ihnen gesagt wurde, was sie zu tun haben“, erinnert sich Horst Stegmaier an seine Eindrücke. Erst allmählich wuchs das Gewusst-wie, einige Ratschläge aus Deutschland wurden angenommen, eine Genossenschaft entstand. „Die Menschen dort mussten ihre Erfahrungen selbst machen“, sagt der langjährige stellvertretende Bürgermeister von Erdmannhausen.
Heute ist Stegmaier, der erst kürzlich wieder mit einem Hilfstransport in Zsobok war, zufrieden, wie sich die Versorgung rund um das Kinderheim entwickelt hat. Eine ausrangierte Feldbäckerei der Bundeswehr war der Ausgangspunkt, eine Mühle wurde gebaut, auch die Tierhaltung mit Kühen und Schweinen entstand damals. Lagerhallen sind ebenfalls errichtet worden. So kam ein Versorgungskreislauf in Gang, der auch heute noch wirkt: Getreide wird angebaut, das Mehl gemahlen und in der Bäckerei verarbeitet, damit das Kinderheim, die Dorfbewohner und die angrenzenden Ortschaften beliefert werden können. „Heute werden sogar süße Stückle gebacken“, erzählt Horst Stegmaier, der Siebenbürgen mit seinen relativ kargen Böden, die denen der Schwäbischen Alb ähneln, als „Armenhaus“ Rumäniens bezeichnet. So müsse die Mühle in Zsobok immer noch besseren Weizen dazukaufen, damit das Lohnmehl, das die Bauern für den Mahlvorgang dalassen, qualitativ ausreichend sei. Auch müssten die Bauern der Region von Zeit zu Zeit neues Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel erwerben, damit die Erträge nicht absackten. Ein weiteres bedeutendes Projekt sei die Zusammenarbeit mit einem Schäfer, der für seine Tiere Mais braucht, der in Zsobok angebaut und entkörnt wird. „Allein zwei Leute sind damit beschäftigt, den Mais abzubröckeln – die leere Spindel wird dann an das Vieh verfüttert.“ Ermöglicht habe dies auch die Dreifelderwirtschaft mit den Elementen Getreide, Mais und Klee/Luzerne.
Insgesamt arbeiteten 50 Menschen in der Landwirtschaft, der Bäckerei und der Mühle. Die Produktion von Apfelsaft habe die Schnapsbrennerei verdrängt. „Die Zeiten, in denen man aus Wassergläsern Hochprozentiges getrunken wurde, sind vorbei“, so Stegmaier. In der neuen Generation gehe es vor allem um Bildung. Ihm imponiere, wie konzentriert die jungen Menschen die Bildungsangebote wahrnehmen. „Man könnte auch sagen: Da herrscht noch Zucht und Ordnung“, sagt Stegmaier. Der Förderverein Kinderheim Zsobok werde sich in Zukunft wohl vor allem bemühen, Stipendien für Heimkinder zu finanzieren. So betrage das Schulgeld mit Vollverpflegung in Cluj 120 Euro im Monat, während das Monatsverdienst in dem ländlichen Teil Rumäniens bei lediglich 200 bis 300 Euro liege.
Trotz der prekären finanziellen Situation vieler Familien gehe es den Rumänen inzwischen viel besser als vor 25 Jahren, erklärt Horst Stegmaier. Das liege vor allem an der Förderung der Landwirtschaft durch die Europäische Union. „Diese Hilfe ist wichtig – so viel könnten wir gar nicht spenden“, rückt der Zweite Vorsitzende des Fördervereins die Maßstäbe zurecht. Die Fördermittel der EU für deutsche und rumänische Landwirtschaftsbetriebe hätten sich angenähert.
Den relativen Wohlstand sehe man auch am Fuhrpark der Agrarbetriebe. „Die können sich die Maschinen inzwischen selbst leisten – unsere alten Fahrzeuge brauchen sie nicht mehr.“ Allerdings sei im Winter die Not im Ort immer noch spürbar.