Der Belgier spielte mit Stars wie Benny Goodman und Ella Fitzgerald. Foto: dpa

Der Mundharmonika-Virtuose ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Eines seiner bekanntesten Werke ist die Hintergrundmusik zur Kinderserie „Sesamstraße“.

Brüssel - Es gibt Musikinstrumente, bei denen auch begnadete Improvisatoren schnell an deren Grenzen stoßen. Zum Beispiel die Triangel. Dass die Mundharmonika zu träge, schlicht und charakterlos sei, um im flinken Jazz eine Rolle spielen zu können, galt daher als ausgemacht – bis in den sechziger Jahren der Belgier Toots Thielemans alle Schallmauern des Instruments durchbrach. Angefangen hatte der 1922 in Brüssel Geborene als talentierter Jazzgitarrist unter dem Einfluss Django Reinhardts, der sich nach dem Umzug in die USA in der Band von Pianist George Shearing den Respekt der Amerikaner erspielte. Auf der Mundharmonika aber war er dann nicht einer von vielen, sondern bahnbrechendes Genie.

Bahnbrechendes Genie und stilvoller Kunstpfeifer

Der lässige Swing, die harmonische Finesse, die Sensibilität der Tonfärbung, das scheinbar anstrengungslose Mitbewegen des Instruments mit dem Fluss melodischer Ideen ließ auch jene staunen, die den virtuosen Umgang des hauptsächlich klassische Musik spielenden Larry Adler mit dem vermeintlichen Wanderliederinstrument bereits kannten. Thielemans lieferte zwar Easy-Listening-Hits wie „Bluesette“, spielte aber auch ausgefuchste Platten mit Pianisten wie Oscar Peterson, Bill Evans und Joanne Brackeen ein. Swing, Bop, Post-Bop, später Weltmusik, nichts schüchterte Thielemans ein, den auch Popmusiker, Filmproduzenten und Werbemacher regelmäßig ins Studio luden. Manchmal buchten sie ihn auch als stilvollen Kunstpfeifer, noch so ein seltenes Talent von ihm. Faszinierende Meisterschüler der Mundharmonika hinterlässt Thielemanns, der am Montag im Alter von 94 Jahren gestorben ist, einige. Aber seine eigene Mischung aus Weisheit, Schalk, Wagemut und Sanftheit bleibt vorerst einmalig.