EBM-Papst hat ein Rekordjahr hinter sich, neue Jobs geschaffen und wurde als Top-Arbeitgeber ausgezeichnet Foto: EBM-Papst

Der Ventilatorenhersteller, der sich Anfang Mai von seinem Chef Rainer Hundsdörfer getrennt hat, bleibt auf Wachstumskurs und plant in diesem Jahr Rekordinvestitionen von 192 Millionen Euro.

Stuttgart - EBM-Papst will vor allem in den USA und in Asien punkten. In China will der Ventilatorenhersteller vom milliardenschweren Konjunkturprogramm profitieren, das auf Infrastrukturprojekte zielt. Die Technologie müsse immer höheren Ansprüchen genügen, so dass die Nachfrage nach sehr leisen, effizienten Ventilatoren steige, sagte Vertriebsgeschäftsführer Thomas Borst. Das schlechte Klima löse zudem eine hohe Nachfrage nach Luftreinigungssystemen aus, die sich immer mehr Chinesen für ihre Wohnungen anschafften. Auch die Ausstattung neuer Reinräume mit EBM-Papst-Technologie soll weiteres Wachstum bringen. Viel verspricht sich das Mulfinger Familienunternehmen auch von der Übernahme des spanischen Elektronikspezialisten Ikor Anfang des Jahres. Mit dem Zukauf habe man auch Elektronikfertigung in China und Mexiko erworben, bislang war die bei EBM-Papst auf Europa beschränkt. Man sehe noch in vielen Märkten Wachstumspotenzial, sagte Finanzchef Hans Peter Fuchs bei der Jahrespressekonferenz in Stuttgart. In den nächsten zwei Jahren will EBM-Papst beim Umsatz die zwei Milliarden-Marke knacken und denkt dabei auch an weitere Zukäufe. „Wir haben die finanziellen Spielräume, die Kriegskasse ist gut gefüllt“, sagte Fuchs. Das Unternehmen habe eine gute Bonität, fast keine Schulden und eine Eigenkapitalquote von rund 55 Prozent.

Rückenwind durch schwachen Euro

Im vergangenen Geschäftsjahr 2015/2016 (Ende: 31. März) legte EBM-Papst beim Umsatz um sieben Prozent auf 1,68 Milliarden Euro zu und profitierte dabei auch vom schwachen Euro. Rund 75 Prozent entfallen aufs Auslandsgeschäft. Der Gewinn, den das Unternehmen traditionell nicht beziffert, lag in etwa auf Vorjahreshöhe. Im laufenden Geschäftsjahr soll der Umsatz um mehr als neun Prozent auf über 1,8 Milliarden Euro steigen, die Zahl der Mitarbeiter dürfte sich um fast 1000 auf 13 550 erhöhen. Der Großteil davon – nämlich 780 Beschäftigte – kommen durch die Beteiligung an Ikor dazu.

Die Investitionen sollen um gut 40 Prozent auf 192 Millionen Euro steigen. Der Großteil entfällt auf Deutschland und fließt unter anderem in ein neues Logistikzentrum, das Ende des Jahres fertig sein wird, den Bau eines neuen Verwaltungs- und Entwicklungsgebäudes in Mulfingen sowie den weiteren Ausbau der Produktion in St. Georgen, wo fast 1500 Mitarbeiter beschäftigt sind. Am Stammsitz Mulfingen arbeiten mehr als 3300 Beschäftigte. Auch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen um 3,8 Prozent auf 108 Millionen Euro steigen.

Die technologische und strategische Ausrichtung des Unternehmens, die man vor drei, vier Jahren beschlossen habe, sei auch nach dem Ausscheiden von Rainer Hundsdörfer dieselbe, sagte Borst und sprach vom engen Schulterschluss der Geschäftsleitung. „Teamgeist war schon immer einer der Erfolgsfaktoren.“ Fragen zum Chefwechsel beziehungsweise zur Chefsuche bleiben unbeantwortet. „Das ist Thema der Gesellschafter, wir sind die falsche Adresse“, sagte Borst.

Spekulationen um Hintergründe für Chefwechsel

Anfang Mai hatte EBM-Papst überraschend bekannt gegeben, dass sich das Unternehmen von Rainer Hundsdörfer, dem 58 Jahre alten Vorsitzenden der Geschäftsführung, trenne. „Intern lief dieser Prozess aber schon über mehrere Monate“, wie Gerhard Sturm sagt. Er hatte 1963 zusammen mit Heinz Ziehl das Unternehmen gegründet. Sturm gilt als derjenige, der EBM-Papst wesentlich zu seiner heutigen Größe geführt hat und den Ventilatorenhersteller als sein Lebenswerk ansieht. Offiziell hieß es, die Trennung erfolge wegen unterschiedlicher Auffassungen über die künftige Unternehmensführung. Jede Zeit brauche den richtigen Chef an der Spitze eines Unternehmens, sagte Thomas Fischer, der Vorsitzende eines im Januar gegründeten Beirats für das Unternehmen. Bei EBM-Papst sei nun ein Manager gefragt, der mehr „technologiegetrieben“ sei. Fischer ist auch Aufsichtsratsvorsitzender und Gesellschafter des Ludwigsburger Autozulieferers Mann + Hummel. Vermutungen, Sturm habe es außerdem nicht gefallen, dass Hundsdörfer mit einem Porsche auf das Betriebsgelände gefahren und außerdem beispielsweise oft bei Veranstaltungen wie der Ehrung von Jubilaren gefehlt habe, wies Sturm zurück. „Wenn ich so klein kariert wäre, gäbe es heute keine EBM-Papst“, sagte der Firmengründer. Die Trennung von Hundsdörfer sei ihm nicht leicht gefallen, aber dieser habe es leider nicht geschafft, die Menschen zu überzeugen und die Mitgeschäftsführung hinter sich zu bringen, so Sturm. Hundsdörfer selbst meinte, er sei nie mit seinem Porsche auf das Firmengelände gefahren, habe außerdem nur einmal wegen einer Dienstreise bei einer Mitarbeiterehrung gefehlt.

Experte über Rücksichtnahme familienfremder Manager

Der Stuttgarter Rechtsanwalt und Vorsitzende der Stiftung Familienunternehmen, Brun-Hagen Hennerkes, erklärte auf Anfrage zu dem Wunsch nach einem mehr technologiegetrieben Firmenchef, der Wunsch sei dadurch begründet, dass historisch gesehen insbesondere die schwäbischen Familienunternehmen ihre Gründungsimpulse weder von Finanzfachleuten noch von Vertriebsspezialisten erhalten hätten. Der angestellte Manager treffe bei solchen Unternehmen auf „Eigentümer, die ihre Produkte, deren Herstellung und Innovation bis ins Detail kennen und weiterverfolgen.“ Wer hierauf keine Rücksicht nehme, sei „auf die Dauer fehl am Platz“.