Die Stadt Korntal-Münchingen muss reagieren: Sonst droht die Gefahr, dass das Münchinger Freizeitbad von jetzt auf gleich über Monate schließen muss.
„Mängel“. „Marode“. Diese Wörter gebraucht Jochen Rausenberger mehrmals. Der Experte für Bäderbau erklärte den Mitgliedern der Korntal-Münchinger beschließenden Ausschüsse jüngst, wie ein Schwimmbad funktioniert. Dabei erläuterte er ihnen auch, was sie dringend am Münchinger Freizeitbad angehen müssen, um schlimmstenfalls eine sofortige Schließung über viele Monate zu verhindern. Im mehr als 50 Jahre alten Bad wurde immer wieder mal saniert. Nun ist es Zeit, die Einrichtung mit vier Becken gründlich auf Vordermann zu bringen.
Zwei Dinge gibt es laut Rausenberger, deren Erneuerung sich nicht aufschieben lässt: Die Lüftungsanlage im Kleinkindbereich ist 35 Jahre alt und „sehr marode. Wenn sie ausfällt, muss der Bereich gesperrt werden“.
Das Münchinger Freizeitbad könnte nächsten Sommer saniert werden
Kaum besser ist der Zustand der beiden Schwallwasserbehälter. Die Betontanks sind Zwischenspeicher für Wasser. Der Boden reißt ein, die Wände korrodieren. Das erschwere die Reinigung, sodass die geforderte Wasserqualität irgendwann nicht mehr sichergestellt werden könne. Und es kann passieren, dass das Becken des Behälters zumindest in Teilen auseinanderbricht, wenn noch mehr Beton abplatzt – und der Technikkeller wäre überschwemmt.
Knapp eine Million Euro muss die Kommune investieren, um diese Anlagen auf Stand bringen zu lassen. Eine geplante Sanierung im nächsten Sommer würde eine Schließung des Freizeitbads von sechs bis acht Wochen bedeuten. Anders wäre es, wenn die Anlagen plötzlich ausfallen und das Bad kurzfristig schließen muss: „Dann wären wir bei mindestens drei bis fünf Monaten Schließzeit“, sagte der technische Beigeordnete Kai Langenecker. Grund seien die langen Lieferzeiten.
Der Bürgermeister Alexander Noak (parteilos) sieht eine „große Gefahr“. Er betonte den „Handlungsdruck“ und fürchtet einen „sehr großen wirtschaftlichen Schaden“, sollte das Bad monatelang schließen müssen. Im normalen Betrieb beschert es der Stadt ein Defizit von rund 900 000 Euro im Jahr.
Vor der Sanierung ist nach der Sanierung im Münchinger Freizeitbad
Dass das Freizeitbad nun auch wieder donnerstags öffnet, finden die Besucher offenbar gut. Der Betriebsleiter Sascha Bösel schätzt die Zahl der Badegäste auf 185 000 in diesem Jahr. Voriges Jahr waren es gut 173 000. Die Stadtverwaltung will künftig wieder mehr als 200 000 Menschen ins Freizeitbad locken – wie vor Corona.
Gleichwohl, die Erneuerung von Lüftungsanlage und Schwallwasserbehälter, Priorität null genannt, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Will die Stadt das Schwimmbad erhalten und sicher weiterbetreiben, muss sie insgesamt fast neun Millionen Euro reinstecken. Das Bad fit für die Zukunft zu machen, ihm ein „modernes Gesamterscheinungsbild“ zu verpassen, würde weitere circa fünf Millionen Euro kosten.
Soll es noch attraktiver werden mit einem besseren Angebot, wären zusätzlich etwa drei Millionen Euro fällig. Macht unter dem Strich gut 17,3 Millionen Euro. Laut dem CDU-Fraktionschef Oliver Nauth waren 2018 für eine Komplettsanierung noch zehn Millionen Euro aufgerufen.
Das letzte Wort beim Münchinger Freizeitbad hat der Gemeinderat
Auch wenn sich alle Ausschussmitglieder für den Erhalt des Bads aussprechen – die Investitionssumme wiegt schwer. Andrea Küchle (FDP) sagte, sie sei „erschrocken“ über die Höhe der Kosten. Renate Haffner (SPD) betonte, das Freizeitbad dürfe nicht mit Luxus ausgestattet werden. Auch Marianne Neuffer (Freie Wähler) fordert ein „funktionales Bad“. Sie erinnerte daran, dass man Prio null schon vor der Sommerpause zugestimmt habe. Oliver Nauth kritisierte, das Freizeitbad sei vernachlässigt worden, der Luxus einer Kita Korntal-West habe Vorrang erhalten. „Heute befindet sich das Freizeitbad in einem beklagenswerten Zustand.“
Das letzte Wort hat der Gemeinderat. Geht es nach der Stadtverwaltung, beschließt er im Oktober auch, einen Planungsbeirat zu gründen: Gemeinderäte und Vertreter der Verwaltung legen mit externen Profis fest, wann welche weitere Sanierung erfolgt: Sie erarbeiten einen Masterplan. In dem steht dann auch, wann die von Bäderexperte Rausenberger als „gravierender Mangel“ bezeichnete „nicht normgerechte“ Längsdurchströmung des Wassers beseitigt wird. Sie hat zur Folge, dass das Desinfektionsmittel nicht optimal „verwirbelt“.
Bekommt das Freizeitbad einen Eis-Automaten?
Ob im Freizeitbad ein Eisautomat aufgestellt wird, ist fraglich. Lore Piette (Grüne) will lieber den Eingang schöner gestaltet haben als „noch einen Automaten“. Er wäre Nummer vier neben den Automaten mit Heiß- und Kaltgetränken sowie Snacks. Und „die naheliegende und einfachste Möglichkeit, das Gastroangebot etwas aufzuwerten, ohne große Schritte zu gehen“, meint der Leiter des Bauamts, Alexander Bagnewski. Ein Kiosk würde zu wenig Umsatz erwirtschaften, so Gastronomen, die Badegäste würden zumindest „Schwimmbadklassiker“ wie Pommes und Currywurst erwarten. Zudem muss der Gastrobetrieb auch offen sein, wenn das Bad zu ist. Aus Verwaltungssicht sollten die Räume verpachtet werden, sobald weitere Sanierungsschritte festgezurrt sind.