Ampeln fallen aus, Aufzüge bleiben stecken, in U-Bahnen sitzen Fahrgäste fest: Ein Stromausfall in weiten Teilen Münchens hat am Donnerstagmorgen für Chaos gesorgt.

München - Ein vorübergehender Stromausfall im halben Stadtgebiet Münchens hat am Donnerstagmorgen den Verkehr zeitweise lahmgelegt und eine Debatte über die Energieversorgung in Deutschland ausgelöst. Ausgeschaltete Ampeln verursachten Chaos im Straßenverkehr und es kam zu massiven Störungen bei U- und S-Bahn sowie Tram. Nach Angaben der Münchner Stadtwerke (SWM) waren aufgrund eines technischen Versagens rund 450.000 Kunden im südlichen Stadtgebiet zeitweise ohne Strom. Auch Handynetze fielen teilweise aus. Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) mahnte Unterstützung für die Energieversorger durch den Bund an.

Der SWM-Geschäftsführer Versorgung und Technik, Stephan Schwarz, sagte, die genaue Ursache für die technische Störung sei noch unklar. Offenbar liegt der Fehler in den Leitungen, die vom Norden Münchens nach Moosburg im Landkreis Freising führen, wie SWM-Leiter Netzbetrieb, Eduard Bauer, erläuterte. Möglicherweise gab es dort einen Kurzschluss oder ein defektes Netzteil löste den Vorfall aus. Im Norden von München ist das SWM-Netz mit dem von E.ON-Bayern verbunden. Bauer rechnet damit, dass die Ursache in etwa einer Woche detailliert ermittelt ist. Die Leitung, von der die Störung ausging, ist derzeit außer Betrieb.

Explosion als Folge

Laut Schwarz setzte sich vermutlich eine Stromspitze vom Norden her in das Netz der SWM fort. Daraufhin schaltete die Stromversorgung im Süden Münchens aus Sicherheitsgründen gegen 7.00 Uhr automatisch ab. „Es ist das halbe Münchner Netz ausgefallen“, erläuterte Schwarz. Schon wenige Minuten später wurden die Stadtbezirke nacheinander wieder zugeschaltet. Um 8.00 Uhr hatten alle Haushalte wieder Strom, bis zu einem weiteren vorübergehenden Ausfall in den Stadtteilen Bogenhausen und Aubing sowie in Moosburg im Landkreis Freising. Die technische Störung verursachte laut SWM auch eine Explosion im Umspannwerk Bogenhausen und einem Lichtbogen-Überschlag im Hauptumspannwerk Föhring. Der Schaden lässt sich noch nicht beziffern. Schwarz zufolge handelt es sich um den massivsten Stromausfall Münchens seit 1992.

Ausgefallene Ampeln und Züge

Für die Münchner, die sich am frühen Morgen zunächst vor allem über den Online-Nachrichtendienst Twitter auf dem Laufenden hielten, weil Informationen von den Stadtwerken auf sich warten ließen, waren die Folgen unter anderem auf dem Weg zur Arbeit zu spüren. So kam nach Angaben der Stadtwerke der U-Bahn und Tramverkehr zeitweise zum Erliegen. Während des Stromausfalls standen sämtliche Züge still, die ersten konnten gegen halb acht wieder mit Strom versorgt werden. Bis etwa 9.00 Uhr stabilisierte sich der U- und Tramverkehr weitgehend.

Bei der S-Bahn München kam es laut einer Sprecherin im Gesamtnetz zeitweise zu bis zu 40 Minuten Verspätung. Von etwa 7.00 Uhr an war für rund eine halbe Stunde die Beleuchtung an den Tunnelbahnhöfen ausgefallen. Nach knapp einer halben Stunde fuhren die S-Bahnen wieder, allerdings fielen Taktverstärker-Züge aus und es kam noch über Stunden zu Unregelmäßigkeiten.

Auch auf der Straße ging es wegen der ausgefallenen Ampeln nur schleppend voran. Eine Vielzahl von Polizisten regelte den Verkehr an den wichtigsten Kreuzungen. Die Feuerwehr musste nach eigenen Angaben zu etwa 50 Einsätzen im ganzen Stadtgebiet ausrücken und unter anderem Menschen aus Aufzügen befreien. Dabei erhielt die Berufsfeuerwehr starke Unterstützung von Ehrenamtlichen.

SWM: Ausfall hat nichts mit Energiewende zu tun

Der Ausfall löste auch eine politische Diskussion aus. So stellte Schwarz mehrfach klar, der Vorfall „hatte mit der Energiewende und der ganzen Diskussion um sichere Netze nichts zu tun“. Ein Bezug zur Energiewende sei „völlig verfehlt“. „Das, was heute passiert ist, hätte auch vor 20 Jahren passieren können.“

Nach Einschätzung der Bundesnetzagentur ist die Stromversorgung in Deutschland zwar sehr zuverlässig. Auch der Energietechnik-Professor Albert Claudi von der Universität Kassel sagte dapd, Deutschland gehöre im europäischen Vergleich zwar zu den zuverlässigsten Ländern. Nichtsdestotrotz befürchtet er, dass sich die Deutschen auf eine Zunahme von Stromausfällen einstellen müssen. Grund sei etwa, dass nach der Liberalisierung der Energiemärkte die Investitionen in die Netze und die Aufwendungen für die Wartung reduziert worden seien.

Zeil gab zu bedenken: „Bereits ein einstündiger deutschlandweiter Stromausfall an einem Werktag im Winter kann einen wirtschaftlichen Schaden von einer Milliarde Euro verursachen.“ Daher sei eine verlässliche Stromversorgung immer auf der Agenda. „Die Energieversorger leisten hervorragende Arbeit, müssen aber auch von Bundesseite durch die richtigen Rahmenbedingungen unterstützt werden“, verlangte er.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft warnte vor möglichen Sicherheitsproblemen. Zwar sei die Polizei für Stromausfälle strategisch und taktisch gerüstet, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Rainer Wendt zu dapd. Personell sei sie allerdings sehr schnell überfordert. Bei einem Stromausfall müsse die Polizei gemeinsam mit anderen Rettungskräften Menschen aus Fahrstühlen und U-Bahnen befreien, aber auch den Verkehr sichern.