Die Trauerstelle für die Menschen, die durch den umgekippten Müllwagen ums Leben kamen. Foto: dpa

Nach dem tragischen Müllwagen-Unfall im August 2017 mit fünf Toten steht der Fahrer vor Gericht. Sein Verteidiger warnt zum Prozessbeginn vor dem Ruf nach einer möglichst harten Strafe. Der Fahrer sei selbst traumatisiert.

Tübingen - Vor Beginn des Prozesses nach dem tragischen Müllwagen-Unfall hat der Verteidiger vor Vergeltungsgedanken gewarnt. „Der Angeklagte ist keinesfalls Krimineller, der weggeschlossen werden muss, sondern ist selbst Opfer seiner Tat“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des Rechtsanwaltes Thomas Weiskirchner. Er vertritt den 55-jährigen Lastwagenfahrer, der sich vor der Zweiten Großen Strafkammer am Landgericht Tübingen von Mittwoch an (7. März) wegen fahrlässiger Tötung verantworten muss.

Der Angeklagte fuhr mit einem Müllfahrzeug am 11. August 2017 in Nagold (Kreis Calw) nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft zu schnell in eine Kurve, wobei der Lastwagen umkippte und auf ein Auto stürzte. Bei dem Unfall starben alle fünf Autoinsassen: die 25 Jahre alte Fahrerin, ihr Freund (22), die zweijährige Tochter und der nur wenige Wochen alte Sohn sowie die Schwester der Fahrerin (17).

Die Strafkammer werde klären müssen, ob tatsächlich Fahrlässigkeit vorliege, teilte Weiskirchner mit. Der Anwalt hält nicht viel davon, den Angeklagten im Fall einer Verurteilung ins Gefängnis zu schicken. „Eine solche Strafe kann den unermesslichen Verlust und das tiefe Leid der Angehörigen niemals abbilden, sondern dient einem meiner Ansicht nach nicht mehr zeitgemäßen Vergeltungsgedanken - Auge um Auge, Zahn um Zahn“, teilte Weiskirchner mit.

Große Wut bei den Hinterbliebenen

Vier Familienangehörige der Getöteten werden im Prozess nach Angaben des Landgerichts als Nebenkläger auftreten. Nach dem Unfall habe in der Familie große Wut auf den Fahrer des Müllfahrzeugs geherrscht, sagte Seelsorger Johannes Bräuchle, der die beiden Zirkus- und Schaustellerfamilien nach dem Unfall begleitet hat. Der Prozess wird mit erheblichen Sicherheitsvorkehrungen geführt, alle Besucher werden vor dem Saal durchsucht.

Als Zeugen werden einer Gerichtssprecherin zufolge unter anderem Polizisten, Sachverständige und der Arbeitgeber des Angeklagten befragt. Der Prozess ist auf drei Verhandlungstage angesetzt - bis zum 19. März. Ob dann schon ein Urteil fällt, hängt nach Einschätzung von Weiskirchner mitunter davon ab, wie lange am Stück der Angeklagte verhandlungsfähig ist, der bei dem Unfall einen schweren Schock erlitten hat und den Angaben zufolge immer noch in ärztlicher Behandlung ist.