Der neue Vorturner: MTV-Zugang Artur Dalaloyan ist Foto: AFP

Die Stuttgarter Turnriege startet an diesem Samstag in die neue Saison. Der erhoffte Schritt nach vorne bleibt aber aus. Wie im Vorjahr wollen die MTV-Herren Dritter werden – weil sie keinen deutschen Topmann verpflichten können.

Stuttgart - Es ist ein Jahr her, dass der Geschäftsführer Karsten Ewald von einer Übergangssaison redete. Vom Meistertitel für die Turner des MTV Stuttgart zu sprechen sei unrealistisch. Platz drei war das Ziel, alles andere war Zubrot – bald aber, nach Möglichkeit schon in der nächsten Saison, betonte Ewald, wolle der MTV Stuttgart wieder Titelkandidat sein. Dazu, das war schon vor einem Jahr klar, braucht es neben einem ausländischen Spitzenturner dringend wieder einen nationalen Spitzenathleten und damit auch ein Zugpferd, um wieder mehr Leute für die Bundesliga-Wettkämpfe in der Stuttgarter Scharrena zu begeistern.

Jetzt, ein Jahr später, steht die Saison nach der Übergangssaison an. Doch wer nun dachte, der MTV eröffne vor dem Start der Bundesliga-Runde an diesem Samstag (18 Uhr) mit dem Wettkampf bei der KTV Obere Lahn die Jagd auf die Meisterschaft, der sah sich getäuscht. Denn Karsten Ewalds Worte glichen am Donnerstagnachmittag jenen von vor einem Jahr. Er sprach erneut von einer Übergangssaison. Und wieder von Platz drei als Ziel.

Den deutschen Spitzenturnern fehlen in Stuttgart die Anreize

Mit Hilfe seiner Sponsoren, die zum Beispiel Jobangebote an die Athleten machen könnten, wollte der MTV neue deutsche Zugpferde nach Stuttgart locken – um nach dem Titelgewinn im Jahr 2014 wieder deutscher Meister werden. Mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg wollte der MTV als Kooperationspartner im Bachelor-Studiengang Sportmanagement den Praxisbereich anbieten. Doch nun gab es die Kunde des Geschäftsführers, dass aus all dem noch nichts geworden sei. Mit dem deutschen Spitzenmann Matthias Fahrig waren die Verhandlungen weit fortgeschritten, doch der blieb doch beim Siegerländer KV. Weil er nach beruflichen Veränderungen nicht auch noch sportliches Neuland betreten wollte. Aber wohl auch, weil der Anreiz nach Stuttgart zu kommen angesichts der fehlenden Jobangebote für die Zeit danach nicht besonders groß war.

In der Deutschen Turnliga gibt es das große Geld nicht zu verdienen, der Terminplan ist streng nach den Großereignissen wie Olympischen Spielen oder Welt-und Europameisterschaften ausgerichtet. Um Topturnern einen Wechsel schmackhaft zu machen, braucht es deshalb besondere Anreize wie etwa Jobangebote. So wie es beim ehemaligen MTV-Mann Marcel Nguyen der Fall war, als er 2015 zur KTV Straubenhardt wechselte, weil ihm die KTV dank potenter Sponsorenhilfe eine Jobperspektive nach der Karriere anbieten konnte. Der MTV kann das gerade nicht leisten. Weshalb der deutsche Meistertitel auch in diesem Jahr eher unrealistisch ist.

Deutsche Meistertitel ist auch in diesem Jahr unrealistisch

Dabei waren die Zuschauerzahlen beim MTV schon in der vergangenen Saison rückläufig. Ohne prominentes deutsches Zugpferd gibt es weniger Erfolg, weniger Strahlkraft und damit auch weniger Fans – auch aufgrund der Konkurrenzsituation mit anderen Sportarten in Stuttgart. Eine Lösung dieses Problems ist zurzeit nicht in Sicht. Auch, weil der MTV im Kampf um finanzielle Unterstützung potenzieller Sponsoren unter seinem Standort leidet.

In der Landeshauptstadt gibt es gefühlt zig Konkurrenten aus anderen Sportarten, die im selben Sponsorenteich fischen – bei den meisten Konkurrenten in der Turn-Bundesliga ist das anders. Denn die kommen eher aus dem ländlichen Raum und haben im Spitzensportbereich oft das Monopol. Außer dem Turnen gibt es etwa in und um Straubenhardt nicht viel – weshalb die KTV für regionale Geldgeber fast zwangsläufig am interessantesten ist.

Immerhin: Nach Alexey Rostow hat der MTV nun einen zweiten russischen Gastturner von internationalem Format hinzugewinnen können. Zumindest beim ersten Wettkampf am Samstag bei der KTV Obere Lahn wird Artur Dalaloyan (21) für die Stuttgarter turnen – er holte bei der Europameisterschaft in diesem Jahr in Cluj Gold am Sprung und Silber im Mehrkampf. Ob und wie oft Dalaloyan in dieser Saison für den MTV an den Start gehen wird, ist aber noch offen. Mit Sebastian Krimmer und Felix Pohl an der Spitze soll am Ende Platz drei herausspringen. Mehr wird wohl nicht drin sein – wieder nicht.