Dass sich die bestehenden Konflikte im Wald zuspitzen, war nur eine Frage der Zeit. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Bei einer Demonstration auf dem Marktplatz in Stuttgart haben sich Mountainbiker für eine Legalisierung ihres Sports und ein besseres Wegenetz ausgesprochen. Ständig als rücksichtlose Rowdies und Naturzerstörer abgestempelt zu werden, sorgt in der Szene für Enttäuschung und Frust.

Stuttgart - Während der Corona-Pandemie ist es in Stuttgarts Wäldern zusehends voller geworden. Dass sich die bestehenden Konflikte im Wald zuspitzen, war demnach nur eine Frage der Zeit. Für viele Stuttgarter war die Flucht in die Natur vor allem während des Lockdowns eine willkommene Abwechslung. Aber nicht alle bewegen sich hier auf legalen Wegen. Denn das Radfahren auf Waldwegen unter zwei Metern Breite ist in Baden-Württemberg verboten.

Gegen dieses Verbot und für den Ausbau der offizieller Mountainbike-Trails demonstrierten am Samstag ab 14.30 Uhr mehrere hundert Mountainbiker auf dem Stuttgarter Marktplatz. Zur Demonstration aufgerufen hatte der Verein Mountainbike Stuttgart, der Anfang des Jahres gegründet wurde und der nach Angaben der Vorsitzenden bereits um die 1000 Mitglieder hat. „In ganz Deutschland darf man legal auf solchen Wegen fahren nur hier nicht. Wir fordern die Stadtverwaltung auf offen und fair mit den Mountainbikern umzugehen“, so Benedikt Herré, erster Vorstand des Vereins.

Woodpecker-Trail eignet sich nicht für die Masse

Einer der Demonstranten ist der 28-jährige Tobias. Auch er ist regelmäßig auf inoffiziellen Singletrails – also auf schmalen Wegen – im Wald unterwegs. „In anderen Städten in Baden-Württemberg fahre ich auch gerne in anspruchsvollen Bikeparks, aber hier gibt es einfach kein Angebot“, so seine Begründung. Der einzige offizielle Weg den Mountainbiker in Stuttgart befahren dürfen, ist der Woodpecker-Trail, der von Degerloch zum Marienplatz führt. Zu wenig, für die Menge an Mountainbikern: „Das ist ja schon absurd, wenn man bedenkt, dass man den Trail in fünf Minuten gefahren ist. Und wenn man sich die Masse der Leute hier heute anschaut“, so ein Demonstrant.

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Bisher stoßen die Mountainbiker mit ihren Forderungen auf wenig Unterstützung. Zwar habe der Gemeinderat Ende letzten Jahres beschlossen mehr Strecken einzurichten, passiert sei aber nicht viel. Und auch in der Bevölkerung sind nicht alle gut auf die Mountainbiker zu sprechen: „Viele gehen mit Schaufeln in den Wald und zerstören die Natur“, sagt ein Passant am Samstag. Und eine Frau ergänzt: „Viele Radfahrer sind rücksichtslos. Sie bremsen zu spät oder fahren zu dicht an einem vorbei“. Dennoch ist sie auch der Meinung: „eine klare Infrastruktur könnte die Situation verbessern“.

Polizei kontrolliert im Wald

Ein offizielles Angebot würde aber noch mehr leisten, findet Michael Och vom Verein Mountainbike Stuttgart: „Mit einem offiziellen Angebot könnten auch Wildbauten verhindert werden.“ Entgegen der Vorwürfe, dass Mountainbiker die Natur zerstören, betont Och außerdem, dass Mountainbiker sehr naturverbunden seien: „Das Naturerlebnis ist eines der wichtigsten Erlebnisse beim Biken“. Und ein Demonstrant ergänzt: „Viele denken wir seien ein paar 16-jährige Rowdies. Aber wir sind eine breite Masse zwischen 15 und 60 Jahren.“ Deshalb fordern die Anwesenden von der Politik: „Nehmt uns endlich als positive Sportart wahr. Wir würden auch selbst Strecken bauen. Wir brauchen nicht mal Geld,“ so Och.

Dass die Mountainbiker genau jetzt auf die Straße gehen, hat einen einfachen Grund. In letzter Zeit würde die Polizei vermehrt im Waldgebiet kontrollieren und Bußgeldstrafen verhängen. Für diese Kontrollen zeigen die Radfahrer wenig Verständnis. Sie fordern „Angebote statt Verbote“, so Benedikt Herré.