Fabian Scholz hat sich für die harte Variante entschieden: Rallye fahren mit dem Mountainbike Foto: Geiger

Fabian Scholz ist zur einen Hälfte ein Rad-Theoretiker, zur anderen aktiver Mountainbiker. Am ersten Juniwochen­ende holte sich der 30-Jährige den Titel bei den Deutschen Meisterschaften im Mountainbike Enduro.

Stuttgart - Auf den ersten Blick sieht das Büro des Radherstellers Focus im Stuttgarter Süden eher nach einer Denkwerkstatt aus als nach einer Fahrradschmiede. Meist junge Männer sitzen vor Computern auf der Suche nach neuen Trends und Entwicklungen, die das Fahren noch verbessern.

Das ist auch das Reich von Fabian Scholz, der hier halbtags als Design- und Entwicklungsingenieur arbeitet und sich mit Dämpferabstimmung und Geometrieauslegung beschäftigt und am PC Rahmen aus Alu und Carbon entwirft. Doch der Stuttgarter ist nicht nur ein Rad-Theoretiker – die andere Hälfte des Tages sitzt er selbst auf dem Mountainbike. Sein Arbeitsplatz ist nicht weit weg von der Zacke, mit der er hoch nach Degerloch fährt. Aber auch die Solitude und Leonberg zählen zu den bevorzugten Terrains, auf denen er ein umfangreiches Trainingsprogramm von rund 20 Stunden die Woche bewältigt. Und dieser Aufwand wurde jetzt auch belohnt: Am ersten Juniwochenende holte sich der 30-Jährige in Altenau im Harz den Titel bei den Deutschen Meisterschaften im Mountainbike Enduro.

Enduro ist eine relativ junge Disziplin im Mountainbike-Sport

Er ist erst der zweite Fahrer, der sich mit diesem Titel schmücken darf, denn Enduro ist eine relativ junge Disziplin im Mountainbike-Sport. „Man muss sich das Ganze als eine Mischung aus Downhill und Cross-Country vorstellen“, sagt Scholz. Die Anstiege muss man im Gegensatz zum Downhill selbst erklimmen. Bei manchen Rennen gibt es aber auch einen Lift, die man benutzen kann. Dann muss man eine vorgegebene Strecke, die sogenannten Stages abfahren, die zwischen 30 und 50 km lang sein können. Zudem gilt es zwischen 600 und 2500 Höhenmeter zu meistern. Die Stages gehen meist bergab, aber es gibt auch Gegenanstiege und dabei wird die Zeit gestoppt. Wer in der Addition der Schnellste ist, hat gewonnen.

„Deshalb ist es wichtig, dass man sich die Kräfte gut einteilt, nur ein guter Lauf reicht nicht“, sagt Fabian Scholz, der seinen Sport vom Modus her deshalb gerne auch mit Rally- fahren im Motorsport vergleicht. 175 Euro hat er für diesen Erfolg bekommen, obwohl er zu den Profis zählt. Davon wird man nicht reich. „Aber mein Arbeitgeber unterstützt unser Team, und so kann man das Ganze auch finanzieren“, sagt Fabian Scholz, der gleichzeitig noch Teamchef im Focus Trail Team mit den Kollegen Markus und Tobias Reiser ist. Im vergangenen Jahr hat er die Specialized Sram Enduro Series, eine deutsche Rennserie, gewonnen. Dort hat jeder Kurs seinen eigenen Charakter, auf den man sich einstellen muss, mal erdig, mal steinig. Den Einstieg fand er über Dual Slalom und 4X .

Schnellkraft, Sprintfähigkeit und Ausdauer: "Da arbeitet der ganze Körper"

Mehr aus Spaß ist er vor fünf Jahren in Ligurien beim Superenduro mitgefahren und belegte auf Anhieb Platz 30. Dann ließ ihn der Sport nicht mehr los. „Mich fasziniert vor allem die Komplexität, da sind Schnellkraft, Sprintfähigkeit und Ausdauer drin, da arbeitet der ganze Körper“, schwärmt Scholz.

Bei den deutschen Meisterschaften konnte er sich auch auf seine mentale Stärke verlassen. Die Trainingsbedingungen in Stuttgart sind nicht schlecht, aber die Distanzen zu kurz, um eine Wettkampfsituation zu simulieren. „Von Degerloch bin ich in 90 Sekunden unten, bei Meisterschaften sind es bis zu 15 Minuten“, sagt der Biker. Deshalb hat er sich im Trainingslager an der italienischen Riviera in Finale Ligure vorbereitet, das vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) finanziert wurde. „Sonst bekommen wir vom Verband keine Unterstützung, weil noch keine Weltmeisterschaften ausgerichtet werden“, sagt Scholz. Was sein Meistertitel international wert ist, wollte Scholz bei den ersten offiziellen UEC MTB Enduro Europan Championships im österreichischen Kirchberg testen.

Mit Fahrern aus 18 Nationen wollte er sich messen, vier Stages hätte er bewältigen müssen in den Kitzbühler Alpen. Doch es kam anders. Im Training kollidierte er mit einem Baum und prellte sich die Wirbelsäule. Inzwischen ist Fabian Scholz wieder topfit. Er belegte bei der deutschen Enduro-Serie in Samerberg Rang zwei, beim Rennen der Europaserie am Reschenpass wurde er Fünfter..