Blick von oben in einen Renner der Formel Renault 2.0 mit Maximilian Malinowski am Steuer. Foto: privat

Maximilian Malinowski hat das Ziel, sein Geld mit Autorennen zu verdienen. Doch der Weg zum Profi ist gespickt mit Schlaglöchern, Einbahnstraßen und Sackgassen. Ohne das nötige Geld bleibt selbst ein Toptalent auf der Strecke.

Kornwestheim - Die Kurve geht mit Vollgas – ganz bestimmt. So hat es der Renningenieur gesagt. Also hält Maximilian Malinowski das Gaspedal des Rennkarts voll gedrückt – und fliegt aus der Kurve. „Ich habe sofort gedacht: Jetzt bist du durchgefallen“, erzählt der 17 Jahre alte Kornwestheimer über die Testfahrt vor drei Jahren auf der Kartstrecke bei Lloret de Mar. Doch die gesamte Testmannschaft klatschte Applaus. Die Kurve ging auf keinen Fall voll, die Ansage war eine Prüfung: Würde der Youngster seinem Ingenieur vertrauen? Maximilian Malinowski tat es, er bestand die Prüfung. Ein anderer Teenager lupfte kurz das Gaspedal, raste ordentlich durch die Kurve – und fiel durch. „Das war ein prägender Moment für mich“, sagt der Gymnasiast.

Es war sein Einstieg in den Streckenabschnitt des Motorsports, der über den reinen Freizeitspaß hinausführt. Der junge Mann hatte das Virus intus. Aufgrund des Tests an der Costa Brava fand das Team Malinowski, das aus Vater Thomas (52) und Sohn Maxi besteht, einen Sponsor – Bonetsmüller Immobilien aus München unterstützt das Familienteam seitdem, dazu kommen weitere kleinere Partner. In der German Team Championship (GTC) trat der Schüler ab 2014 an, in der Langstreckenserie, in der sich Dreier- und Viererteams über zwölf oder 24 Stunden Duelle im bis zu 110 km/h schnellen Rennkart liefern. „Es ist der gleiche logistische Aufwand wie bei einem 24-Stunden-Rennen in Le Mans, nur dass die Spielzeuge etwas kleiner sind“, betont Vater Thomas.

Irgendwann ist die finanzielle Schmerzgrenze erreicht

2015 wurde der Kornwestheimer deutscher Langstrecken-Juniormeister, im Jahr darauf wurde er Vize. Und mit den Erfolgen im Kart wuchs der Hunger auf mehr. Auf ein Cockpit in einem Rennauto, einem Formel-Renner oder Tourenwagen. Damit war nicht nur Maxi als Pilot gefragt, sondern auch sein Vater für die Suche nach zusätzlichen Sponsoren. Den Etat für eine GTC-Saison, der um die 10 000 Euro beträgt, konnte Familie  Malinowski mit ihren Mitteln und Partnern stemmen. Doch in Nachwuchs-Formelserien oder im GT-Sport werden die Budgets üppiger. Sechsstellige Summen für eine Saison sind dort die Regel und damit für einen Einsteiger die erste hohe finanzielle Hürde, die er meistern muss – da ist er noch keinen Kilometer auf der Piste gefahren.

„Irgendwann ist man an der finanziellen Schmerzgrenze“, sagt Thomas Malinowski. Rien ne va plus. Mehr kann die Familie nicht leisten, denn Schulden aufzunehmen, um dem Sohn die Karriere zu finanzieren, ist keine Option. Andererseits will der Angestellte eines Autozulieferers seinem Filius die Chance nicht ruinieren, den Traum weiterzuverfolgen. Die Malinowskis stecken im Dilemma – und sie haben sich entschieden, ihre individuelle Route weiterzuverfolgen und nicht aufzugeben. Noch nicht. Karriere ja, aber nicht um jeden Preis.

Die Arbeitsteilung lautet: Maxi präsentiert sich im besten Licht auf der Piste, Thomas soll Firmenbosse überzeugen, dass sein Filius das Zeug zum Rennprofi besitzt und dass eine Partnerschaft ein ausgezeichnetes Geschäft sei. Weil die Teilnahme an einer gesamten Saison unbezahlbar ist, bucht der Vater lediglich Testfahrten. 2016 saß Maxi in einem Formel-Renault-2.0-Auto und raste über den Red-Bull-Ring in Spielberg. „Es war das erste Mal, dass ich in einem Rennwagen saß“, erzählt der Nachwuchs-Pilot. In diesem Jahr chauffierte er den Formel-Renault in Hockenheim über den Asphalt. Dank Zuwendungen der Sponsoren konnten die Malinowskis die Kosten für die Tests bezahlen. Maxi fuhr mit gebrauchten Reifen, für einen Satz neue (1200 Euro) reichte es nicht. „Wir hoffen, dass Maxi mit einer guten Vorstellung auf sich aufmerksam macht“, sagt Thomas. Mit Vollgas raus aus der Anonymität – das gelingt im Motorsport nur ganz selten. „Einer wie Lewis Hamilton schafft es – 10 000 andere Talente scheitern“, weiß der Filius.

Erfolg: Ein Werbeclip mit der Fahrschule

Thomas Malinowski tut sich schwerer als sein Sohn – ein Netzwerk im Motorsport ist vorhanden, aber noch ausbaufähig. Zudem bedarf es Engelszungen, potenzielle Sponsoren zu begeistern, wenn lediglich Testfahrzeiten vorliegen, aber keine Ergebnisse in einer Rennserie. „Ich muss mich in diesen Job erst hineinfinden“, gibt der 52-Jährige zu. Kleine Erfolge halten seine Motivation am Leben: Kürzlich schloss er einen Vertrag mit einer örtlichen Fahrschule – die wird den 17-Jährigen unterstützen und produziert im Gegenzug einen Kino-Werbefilm mit ihm.

Vielleicht gelingt Maxi Malinowski bald die Fahrt aus dem Dunkel der Unbekanntheit. Beim Test im Porsche 991 GT3 Cup in Hockenheim hat er Christoph Dupré überzeugt, der Teamchef will 2018 ein Junior-Team in der Serie Dunlop 60 oder GTTC an den Start schicken. Das Saisonbudget liegt bei etwa 200 000 Euro. Zwar würde Dupré einen Großteil als Jugendförderung übernehmen, doch einen kleinen fünfstelligen Betrag müssten die Malinowskis beisteuern. Anfang 2018 steht ein Treffen mit Dupré an. Bis dahin muss Thomas Malinowski die Kurve kriegen – auch dabei ist Vollgas gefordert.