Die GT-Serie ist unter Corona-Bedingungen zurück auf der Strecke. Foto: ADAC/Tim Upietz,

Allmählich sind auch die kleineren Motorsport-Serien wieder auf den Rennstrecken zurück. Vielen kleinen Teams wird die Corona-Krise zusetzen.

Stuttgart - Die Formel 1 hat ihre ersten drei Rennen absolviert, auch der Langstreckensport am Nürburgring meldet sich mit röhrenden Kisten zurück, die über die Nordschleife jagen. In den Internetforen präsentieren sich die Rennfahrer vor ihren schnittigen Autos und zeigen ihre ersten Pokale. So hat etwa der Stuttgarter Rennfahrer Laurents Hörr vor etwas mehr einer Woche im französischen Castellet das Rennen im Le-Mans-Cup gewonnen. Er saß in einem Nissan-Prototypen und wechselte sich mit seinem belgischen Partner Jean Glorieux ab.

Es geht also wieder weiter. Karl-Friedrich Ziegahn ist froh darüber. Der Präsident des Deutschen Sportfahrerkreises (DSK) hatte vor Wochen Politiker angeschrieben mit der Bitte, dem Motorsport wieder aufzunehmen ins Programm – natürlich unter Einhaltung der Hygieneregeln. „Ich habe ihnen auch gesagt, dass 500 Streckenposten, die sich um die Nordschleife verteilen, nicht zu vergleichen sind mit der Bevölkerungsdichte vor einer Eisdiele“, sagt Ziegahn zu seiner Argumentation.

Weniger Schrauber, mehr Profis

Die Rückkehr auf die Rennstrecken war wichtig – vor allem für die kleinen Teams abseits von Großveranstaltungen wie der Formel 1. „Es gibt gut geführte Rennställe, aber viele leben von der Hand in den Mund, und die stolpern dann vielleicht, auch wenn ich es ihnen natürlich niemals wünsche“, sagt der Motorsport-Funktionär aus Karlsruhe. Rennställe von Langstrecken-Veranstaltungen oder etwa in der GT-Masters-Serie sind kleine bis mittelständische Unternehmen mit fünf bis 50 Mitarbeitern. „Sie sind extrem existenzgefährdet, weil sie seit Oktober des vergangenen Jahres keine Einnahmen mehr verbuchen konnten“, sagt Ziegahn und befürchtet mögliche Insolvenzanträge. „Ich vergleiche die Situation im Motorsport mit Firmen, die Events veranstalten oder im Gastronomie- und Touristikgewerbe tätig sind – sie alle haben ihre Ausfälle gehabt und kommen jetzt erst langsam wieder zurück.“

So auch der so genannte kleine Motorsport. Der ist im Prinzip auch gar nicht mehr so klein und hat sich gewaltig entwickelt in den vergangenen 30 Jahren. „Wir haben heute weniger den begeisterten Schrauber, der mit zwei Freunden in der Garage an den Autos arbeitet“, sagt Ziegahn. Heute findet man professionell arbeitende Teams vor, die sich über die Piloten finanzieren. Die bieten sich als so genannte Pay-Driver an, zahlen beispielsweise 70 000 Euro und mieten sich damit für eine Saison in ein Cockpit ein. Ein zusätzlicher Obolus hängt von der Geschicklichkeit des Rennstalls im Hinblick auf die Sponsoren-Akquise ab. Oft bringt schon der Fahrer Werbepartner mit. Eintrittsgelder, die in der Corona-Krise ohnehin nicht eingenommen werden, spielen keine Rolle für den Rennstall. Daran verdienen Veranstalter und Rennstreckenbetreiber.

Viel Geld ist im Spiel

Diese Professionalisierung der Teams, sie kostet. Und sie ist deshalb so vorangeschritten, weil etwa Tourenwagen hochkomplexe Autos sind. Die meisten Schrauber von früher sind nicht mehr in der Lage, mit der komplizierten Motorsteuerung und ihrer Software umzugehen. „Heute ist ein extremes Knowhow gefragt, allein den Schraubenschlüssel zu schwingen reicht nicht mehr aus“, sagt Karl-Friedrich Ziegahn über den Wandel. Die Corona-Krise gefährdet nun die Existenz einiger dieser Teams.

In Deutschland gesellt sich zu dieser Krise auch das Ende des Motorsport-Booms, den Michael Schumacher vor fast 30 Jahren ausgelöst hat. Sollte Sebastian Vettel im kommenden Jahr nicht mehr in der Formel 1 mitfahren, geht das letzte verbliebene Vorbild von der Fahne. Für Karl-Friedrich Ziegahn handelt es sich da um die typischen „Wellenbewegungen“, denen Sportarten nun einmal ausgesetzt sind – nicht nur im Hinblick auf den Nachwuchs, es betrifft auch die Spendierfreudigkeit möglicher Sponsoren. So hat die Tennis-Euphorie schließlich auch nachgelassen, als Steffi Graf und Boris Becker ihre Karrieren beendeten.

Am meisten Sorgen macht sich DSK-Präsident Ziegahn allerdings um den Motorradsport und um die deutsche Rallye-Szene. „Da fehlen uns seit Jahren die nationalen Helden“, sagt er. Doch immerhin: auch dort wird inzwischen wieder gefahren.