Nils Weinmann steht vor dem größten Highlight seiner Karriere: der Teilnahme beim ADAC Supercross Stuttgart, mit der sich für den Filderstädter ein Kreis schließt.
Als Nils Weinmann im Alter von zehn Jahren erstmals beim Supercross Stuttgart an den Start ging, war sein Fieber geweckt. „Dieses Adrenalin, das Gefühl, vor diesem Publikum zu fahren, das vergisst man nicht“, sagt der heute 22-Jährige. Damals pflügte er auf 50- und 65-Kubikzentimeter-Motorrädern durch den Dreck. Am kommenden Wochenende kehrt der Filderstädter auf deutlich schwererem Gefährt in die Hanns-Martin-Schleyer-Halle zurück, einer 250er-Viertakt-KTM mit circa 50 PS.. Es ist die 41. Ausgabe des Motorsportspektakels, das Jahr für Jahr tausende Zuschauer und die internationale Elite der Sportart anzieht.
Nach einer Vorbereitung unter schwierigen Voraussetzungen wird Weinmann in der neugegründeten Next-Generation-Klasse starten, die sich an Fahrer bis 25 Jahre richtet. Die Teilnahme sicherte er sich unter anderem mit dem Sieg bei der deutschen Amateur SX-Serie – der allerdings teuer erkauft war. Am letzten Renntag im August flog er als Führender der Gesamtwertung in einer Sprungkombination erst zu weit, hatte dann zu wenig Tempo für den nächsten Sprung und krachte schließlich unkontrolliert aufs Motorrad. Die Diagnose: drei gebrochene Wirbel, acht Wochen Pause vom Sport. Die Teilnahme am Saisonfinale war damit geplatzt, vom Krankenbett verfolgte Weinmann das übrige Geschehen. Mit einem ersten Platz hätte ihm sein ärgster Konkurrent den Titel noch vor der Nase wegschnappen können. Doch: „Er wurde nur Zweiter, und ich habe quasi im Krankenhaus gewonnen“, sagt Weinmann und grinst.
Bereits im Alter von drei Jahren stieg er das erste Mal auf ein Motorrad, die Leidenschaft ist aus seinem Alltag längst nicht mehr wegzudenken. „Das ist eine Lebenssache; ohne Motocross würde es gar nicht mehr gehen“, sagt Weinmann, der für das Team OneForOne Production fährt. „Es ist wie ein Entkommen aus dem Alltag. Wenn ich auf dem Bike sitze, gibt es nur noch das Motorrad und die Strecke.“ Immer an seiner Seite: Vater Michael, von dem er den Sport in die Wiege gelegt bekommen hat. „Er ist mein Mechaniker und größter Sponsor, ohne ihn wäre das alles nicht möglich“, sagt der Junior.
Vom Motorsport leben? In Deutschland schwierig
Denn der Motorsport, ob zwei- oder vierrädrig, hat es hierzulande nicht leicht. Freilich träumt auch Weinmann von einem Vertrag bei einem Werksteam, weiß aber auch: „Das ist ziemlich unwahrscheinlich, weil Motocross in Deutschland zu wenig Unterstützung hat.“ Zufriedengeben würde sich der Fließenleger-Geselle auch damit, Jahr für Jahr am Stuttgarter Supercross teilnehmen zu können.
Bereits im vergangenen Jahr beschloss Weinmann, wieder voll anzugreifen und überzeugte mit seinen jüngsten Erfolgen die Veranstalter des Events, ihn heuer ins Feld der Nachwuchsfahrer aufzunehmen. Vorbereitet hat sich der Bernhausener, der bereits dreimal den Baden-Württemberg-Cup in der 85- und 125-Kubikzentimeter-Klasse gewonnen hat, auf deutschen Supercross-Strecken. Zudem trainierte er zehn Tage in Südfrankreich.
Seine schwere Rückenverletzung ist mittlerweile ausgeheilt, ganz zu alter Stärke hat er allerdings noch nicht zurückgefunden. „Ich bin noch nicht bei 100 Prozent, mir fehlt bei manchen Sachen noch die Sicherheit“, verrät Weinmann. Bereit für das größte Highlight seiner bisherigen Karriere ist er aber allemal. Gegen 13 der besten deutschen Motocross-Sportler wird er antreten, die meisten von ihnen sind alte Bekannte. „Es sind alles gute Fahrer, das Niveau ist sehr ähnlich“, sagt Weinmann, der aber guter Dinge ist, ganz vorne mitzufahren. „Durch meine Größe bin ich relativ flink auf dem Motorrad, das gibt mir einen Leistungsvorteil. Zudem bin ich gut darin, den Schwung in den Kurven mitzunehmen“, sagt er über seine Stärken.
Die besten Teilnehmer der „Next Generation“ in diesem Jahr steigen in der darauffolgenden Supercross-Saison in die SX-2-Klasse auf, in der es gegen die internationale Konkurrenz geht – dann mit Weinmann im Starterfeld? Nachdem er einst mit dem 65-Kubik-Motorrad auf Platz vier gelandet war, will er nun, rund zehn Jahre später, jedenfalls die offene Rechnung begleichen. „Das Ziel ist es, aufs Podest zu fahren“, kündigt er an.
ADAC Supercross Stuttgart
Die Veranstaltung zählt zu den traditionsreichsten Hallen-Motocross-Events Europas und ist neben dem ADAC Supercross Dortmund (9. bis 11. Januar) die einzige ihrer Art in Deutschland. Seit 1983 verwandelt sich die Hanns-Martin-Schleyer-Halle hierfür jedes Jahr im November in eine Offroad-Arena. Auf einer rund 300 Meter langen Strecke mit Sprüngen, Wellen und Steilkurven messen sich internationale Topstars und nationale Talente in verschiedenen Kategorien. Zu den prominentesten Teilnehmern zählen Cedric Soubeyras, zweifacher Europameister aus Frankreich, und erstmals die US-amerikanische Ikone Jake Weimer. Darüber hinaus feiert am Samstag das „ADAC SX Fan Race“ seine Premiere. Dabei treten acht Teams mit je vier Personen in den Kategorien Reifen rollen, Schubkarren schieben und Hobby Crossing in einer Art Staffellauf auf der offiziellen Supercross-Strecke gegeneinander an. Für Unterhaltung sorgt neben den Rennen ein Rahmenprogramm mit Freestyle-Shows, Stunt-Einlagen und Feuerwerk. Auch dieses Jahr werden rund 10 000 Zuschauer pro Abend erwartet. Beginn ist am Freitag um 18.30 Uhr und am Samstag um 17 Uhr.