Helmut Steckroth kümmert sich in Leinfelden-Echterdingen um mehr als 50 Obstbäume. Aus dem Wiesenobst gewinnt er sein Lieblingsgetränk, für das er jetzt ausgezeichnet wurde.
Nein, gesprochen hat Helmut Steckroth mit seinen Obstbäumen noch nicht. Der 75-Jährige streicht ihnen auch nicht liebevoll über die Rinde, aber er vergleicht sie gerne mit Menschen. Die von den immer heißer werdenden Sommern gestresst sind, sich auch ausruhen müssen und krank werden können. „Manche werden uralt, machen sterben jung“, sagt er. Den schwarzen Rindenbrand, eine Pilzkrankheit, beispielsweise bekommen gerade junge Bäume. „Das tut mir dann so leid“, sagt er. „Denn da kann man gar nichts machen.“
Der 75-Jährige kümmert sich allein in Echterdingen um 28 Obstbäume, 25 weitere nennt er in Stetten sein Eigen. Neben Zwetschgen und Mirabellen wachsen vor allem Äpfel und Birnen auf seinen Streuobstwiesen. Das Stückle in Echterdingen liegt fast in der Einflugschneise des nahen Airports. Alle paar Minuten rauschen lautstark die Flieger darüber. Helmut Steckroth stört das nicht. Er hat früher selbst am Flughafen gearbeitet, dort Passagierbusse gesteuert.
Er und seine Frau Anita wollen das Wiesenobst nicht essen oder verkaufen. Vielmehr trinkt das Ehepaar gerne Most – und zwar bis zu 300 Liter pro Jahr. Helmut Steckroth setzt deshalb auf alte Sorten wie die Österreichische Weinbirne, den Steinenbronner Sämling, den Mostapfel Jakob Lebel oder den roten Boskoop.
Faules Obst verdirbt den Most
Alle drei bis vier Wochen fährt der Mann aus Stetten gerade zu seinem Echterdinger Stückle. Dort setzt er sich dann auf seinen Aufsitzrasenmäher, um das Gras kurz zu halten. Sonst macht es im Herbst zu viel Mühe das Fallobst aufzuklauben, erklärt er. „Leicht schütteln an jedem Ast – und dann immer wieder auflesen“, so beschreibt er seine Methode, um an die reifen, schon recht weichen Früchte zu gelangen. „Sie dürfen auf keinen Fall faul sein“, weiß er. Das würde den Most verderben.
Eine Woche lang müssen die Äpfel und Birnen in Körben und Kisten ruhen, bevor sie gekeltert werden. Seine Ernte bringt er zu einer Mosterei nach Unteraichen, um sein Lieblingsgetränk noch am gleichen Tag in einem geliehenen Transportfass in seinen Keller nach Stetten zu bringen.
Jetzt im Juni muss Helmut Steckroth die wilden Triebe, die sogenannten Wasserschosse, an den Ästen seiner Obstbäume entfernen, „damit die Kraft nicht ins Holz, sondern in die Frucht geht“, erklärt er. Wichtig ist auch hier die Art und Weise. „Den Trieb kräftig nach unten reißen“, sagt er. Und zeigt auch gleich, wie das geht. Wer sich wundert, dass einige seiner Obstbäume bisher nur wenige Früchte tragen, erfährt, dass Bäume auch mal müde sind, sich einen Sommer lang ausruhen müssen, um im nächsten Jahr umso besser zu tragen. Wenn also eine Zwetschge in einem Jahr so viele Früchte hatte, dass er ihre Äste mit Stäben aus Holz stützen musste, damit sie nicht abbrechen, dann ist für den Mann aus Stetten klar, dass der Ertrag an diesem Baum im nächsten Jahr eher mau ausfallen wird.
Seine Streuobstwiesen haben schon sein Vater und zuvor sein Großvater bewirtschaftet. Schon als Kind hat er seinem Vater dabei immer wieder zugeschaut. Allerdings nicht oft genug, wie er jetzt bedauert. Denn: „Er hat die Obstbäume auch veredeln können“, sagt er. Große Experimente wagt der Stettener nicht mit seinem Most. Dennoch hat er im April bei der Mostprobe der Echterdinger Tracht den ersten Preis geholt. Seit knapp zwei Jahrzehnten macht er bei dieser Probe spaßeshalber mit, wie er sagt. Die Urkunde und den Mostkrug, die er nun gewonnen hat, haben einen Ehrenplatz in seiner Küche bekommen.