Eine Frau wird während einer Demonstration gegen Putin abgeführt. Foto: AP

Das harte Durchgreifen gegen Demonstranten zeigt die Furcht in Moskaus Machtapparat, kommentiert Russland-Korrespondentin Inna Hartwich.

Moskau - Die Szenerie ähnelt sich von Protest zu Protest. Russlands Opposition ruft zur Demonstration auf, die Stadtverwaltung, ob in Moskau oder in Jekaterinburg, genehmigt sie nicht. Die Menschen kommen dennoch auf die zentralen Plätze und werden von Polizisten in Kampfmontur weggezerrt. Die Bilder des rigorosen Vorgehens gehen um die Welt. Es sind Bilder, die vor allem die Angst zeigen, die im russischen Machtapparat wohnt.

Noch vor sechs Jahren waren Hunderttausende von Menschen in die Stadtzentren geströmt, hatten in der Kälte ausgeharrt, sich an die Hand genommen und verstanden: „Wir sind viele.“ Doch ihr Aufbegehren zerfiel. Es zerfiel, weil Russlands Mächtige nur noch den Schlagstock einzusetzen wissen, um die Menschen von der angeblichen Richtigkeit ihres Kurses zu überzeugen. Die willfährige Justiz hilft mit. Es zerfiel aber auch, weil die Opposition der Nichteinverstandenen kein konkretes Programm bieten kann außer der ominösen „Russland ohne Putin“-Losung.

Der Kreml könnte den Demonstranten ihr Recht auf Versammlung gewähren. Er könnte sich stark fühlen, hat Russlands Präsident doch vermeintlich 80 Prozent der Bevölkerung hinter sich. Doch er tut es nicht, weil diese 80 Prozent lediglich die Früchte der Furcht sind, die er mit Gewalt immer wieder aufs Neue verbreiten muss.