Backnang, 4. März 2016: Die Chefin des Lokals Asien-Perle wird ermordet aufgefunden. Die mutmaßlichen Täter stehen derzeit vor dem Landgericht Stuttgart. Foto: SDMG

Die Angeklagten haben mit einem Gutachter über die Tatnacht geredet. Beide behaupten, das Lokal in Backnang nur ausgeraubt zu haben – hinter dem Tod der Chefin stecken angeblich Unbekannte.

Stuttgart/Backnang - Die ärztliche Schweigepflicht gilt nicht für Gutachter, die von einem Gericht bestellt werden. Vielleicht war der Tübinger Psychiater deswegen davon ausgegangen, dass keiner der beiden Angeklagten ihm gegenüber etwas zu jener verhängnisvollen Nacht auf den 4. März 2016 sagen würde, in der die Besitzerin des Backnanger Lokals Asien-Perle ermordet wurde. „Da hätte ich ein Monatsgehalt verwettet“, sagte er am Donnerstag vor dem Landgericht Stuttgart.

Der Experte wurde eines besseren belehrt: Die beiden mutmaßlichen Mörder sprachen mit ihm über die Nacht – und ihre Versionen der Geschichte decken sich. Alles habe damit angefangen, dass die beiden Rumänen, die in der Region auf dem Bau gearbeitet hatten, von einem Auftraggeber übers Ohr gehauen worden seien. Der jüngere der beiden, der 42-jährige Dumitru A., habe wegen Geldmangels die Idee gehabt, in die Asien-Perle einzubrechen. Der Familienvater hatte Ende 2015 in dem China-Restaurant gearbeitet und mitbekommen, dass es dort eine Menge zu holen gebe.

Die beiden Einbrecher durchsuchen das Lokal – plötzlich hören sie die Chefin rufen

An der Chefin der Asien-Perle, der später ermordeten 53-Jährigen, ließ der Angeklagte Dumitru A. kein gutes Haar: „Niemand hat sie ertragen, alle waren ihr gegenüber feindselig gestimmt.“ Er habe damals für rund zwei Euro Stundenlohn arbeiten müssen und sei von ihr angeschrien worden, als er das angesprochen habe. In der Asien-Perle sei vieles nicht mit rechten Dingen zugegangen, dort sei viel schwarz gearbeitet worden, und die Leute – ob Angestellte oder Gäste des Lokals, blieb unklar – hätten Reste essen müssen.

In der Version, welche die Angeklagten dem Gutachter schilderten, gingen die beiden am 3. März gegen 22.30 Uhr in das Lokal. Die Tür sei offen, drinnen alles dunkel gewesen. Dann hätten sie plötzlich die Chefin des Lokals rufen gehört. Sie seien in die Toilette gestürmt, wo die Chefin gerade dabei gewesen sei, sich die Zähne zu putzen.

Die Angeklagten behaupten, die Frau nur gefesselt zu haben

Dumitru A. sagt, in diesem Moment habe er an das Klebeband denken müssen. Als er in der Asien-Perle gearbeitet hatte, will er damit Teppiche verlegt und Stühle für den Transport zusammengebunden haben. Mit diesem Klebeband hätten sie die Chefin gefesselt und geknebelt. Während A. das Büro nach Geld durchsuchte, habe C. die Chefin bewacht. Er beteuert, sie nicht angerührt zu haben. Dann jedoch hätten sie zwei fremde, männliche Stimmen gehört und seien mit 200 Euro Beute geflohen. Beide behaupten, mit dem Tod der Frau nichts zu tun zu haben. Das Klebeband spielt in dem Prozess eine wichtige Rolle. A. behauptet, er habe es sich in dem Lokal aus einer Kiste von Constantin C. besorgt. An dem Band hatten Ermittler DNA-Spuren beider Angeklagten gefunden – am Tatort tauchte jedoch auch die DNA einer unbekannten Person auf.

Constantin C.: Hochintelligent – und vorbestraft wegen eines Gewaltverbrechens

Auch zu den Hintergründen der Angeklagten gab der Sachverständige Auskunft. Beide stammen aus einem Dorf im Norden Rumäniens. Der 42-jährige, schmalgesichtige Dumitru A. ist verheiratet und zweifacher Familienvater. Er sei in Rumänien zehn Jahre lang im Gefängnis gesessen. Die Taten habe man ihm zu Unrecht angehängt. Er und seine Frau schlagen sich seit Jahren in ganz Europa mit wechselnden Jobs durch.

Den 45 Jahre alten Constantin C., einen Mann mit breiten Schultern und einem kantigen Gesicht, beschrieb der Gutachter als „ausgesprochen intelligent und eine positiv eindrückliche Persönlichkeit“. Aber auch C. ist vorbestraft: In Rumänien verbüßte er 14 von 17 Jahren einer Strafe wegen Vergewaltigung und Körperverletzung mit Todesfolge. Auch er soll seine Unschuld beteuert – und dem Gutachter gesagt haben, dass er Dumitru A. in der Haft kennengelernt habe. Als der Gutachter ihn nach drei Wünschen fragte, habe er nur zwei gehabt: Gesundheit und die Möglichkeit, die Ereignisse der Tatnacht um 15 Minuten zurückzudrehen.